Steuertransparenzgesetz Ebay, Etsy, Vinted – welche Verkäufer Post vom Finanzamt kriegen
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ebay, Etsy, Vinted, Momox – wer auf Online-Plattformen wie diesen verkauft, muss 2024 mit Post vom Finanzamt rechnen. Wie Sie Steuerfallen umgehen.
Das Gesetz gilt bereits seit über einem Jahr, doch in manchen Fällen kommt es erst jetzt zum Tragen: Online-Marktplätze wie Ebay, Kleinanzeigen oder Etsy sind seit 2023 verpflichtet, ihre Verkäufer und deren Aktivitäten den Steuerbehörden zu melden. Da die Meldung jedoch immer für das Kalenderjahr erfolgt, können sich die Plattformen damit bis zum 1. April 2024 Zeit lassen.
Doch was bedeutet das Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG) für Privatverkäufer? Ist damit jeder plötzlich steuerpflichtig? Wer jetzt aufpassen sollte und wer nichts zu befürchten hat.
Welche Verkäufer werden dem Finanzamt gemeldet?
Übermittelt werden müssen laut Plattformen-Steuertransparenzgesetz die Daten von Verkäufern, die pro Jahr und Plattform mehr als 30 Verkäufe vorgenommen oder mehr als 2.000 Euro Umsatz erwirtschaftet haben. Das gilt für alle digitalen Plattformen, bei denen Waren vermittelt werden können. Aber auch das Anbieten von Dienstleistungen über Plattformen wie Airbnb, 9flats oder Wimdu wird gemeldet.
"Das betrifft beispielsweise die Vermietung von Ferienwohnungen und Wohnmobilen, aber auch Transportdienstleistungen, Handwerkerleistungen, Putzservice, Unterricht und vieles mehr", sagt Maike Backhaus, Steuerexpertin bei "steuertipps.de".
Auch wer gelegentlich Sachen aus dem Keller oder dem Kleiderschrank verkauft, kann schnell über die Grenze von 30 Verkäufen kommen. Steuerrechtlich hat man deswegen trotzdem nicht zwingend etwas zu befürchten.
Hintergrund
Das Plattformen-Steuertransparenzgesetz setzt die EU-Richtlinie "DAC 7" in deutsches Recht um, die dazu führen soll, dass sich die Finanzbehörden in den Mitgliedstaaten besser austauschen. Es führt dabei keine neue Steuer ein, sondern soll sicherstellen, dass die bestehenden Steuergesetze beachtet werden und die gewerblichen Anbieter ihren steuerlichen Pflichten nachkommen. Denn einige Verkäufer und Dienstleister geben sich zwar als private Anbieter aus, sind aber nach den gesetzlichen Vorschriften gewerblich tätig.
Welche Verkäufe sind unproblematisch?
"Wenn es sich um gebrauchte Artikel des täglichen Lebens handelt, darf so viel veräußert werden, wie man will", sagt Tobias Gerauer von der Lohnsteuerhilfe Bayern. Denn es ist davon auszugehen, dass diese Gegenstände ohne Gewinnerzielungsabsicht veräußert werden – sprich unter dem Neupreis, den der Verkäufer einst dafür gezahlt hat.
Bei welchen Verkäufen muss ich aufpassen?
Anders sieht es bei Luxusgegenständen aus. Schmuck, Münzen, Antiquitäten und Kunst fielen zum Beispiel nicht unter normale Alltagsgegenstände, so die Lohnsteuerhilfe Bayern. Bei diesen Dingen gilt eine gesetzliche Spekulationsfrist von einem Jahr. Liegen zwischen An- und Verkauf also weniger als zwölf Monate, muss der Gewinn versteuert werden – es sei denn, er beträgt weniger als 600 Euro pro Jahr (Freigrenze). Nach Ablauf der Spekulationsfrist sind die Gewinne steuerfrei.
Hinweise auf ein Gewerbe geben übrigens auch Verkäufe mehrerer gleichartiger Gegenstände. Wer etwa fünfmal denselben Roman verkauft, wird Schwierigkeiten haben nachzuweisen, dass die Stücke aus dem Bestand des eigenen Bücherregals kommen. Wer für Freunde oder Verwandte etwas in deren Namen verkauft, sollte auch vorsichtig sein, rät die Lohnsteuerhilfe Bayern. Gleiches gilt für Verkäufer, die regelmäßig Neuware veräußern. Lesen Sie hier, welche Strafen Ihnen drohen, wenn Sie Steuern hinterziehen.
Wie wird der Verkaufsgewinn berechnet?
Das Finanzamt kennt immer nur den Erlös, doch versteuert werden muss der Gewinn – sofern er oberhalb der Freigrenze von 600 Euro liegt. Um ihn zu ermitteln, müssen Sie den Zeitwert des verkauften Gegenstands kennen. Dabei handelt es sich um den Neuwert abzüglich der Wertminderung wegen Alters und Abnutzung.
"Wir gehen davon aus, dass sich die Finanzverwaltung daran orientiert und die amtlichen AfA-Tabellen zu Hilfe nimmt", heißt es bei den Steuerexperten von "steuertipps.de". Was das bedeutet, erklären sie anhand eines Beispiels:
Angenommen wird, dass ein E-Bike, das neu 3.500 Euro gekostet hat, zwei Jahre später verkauft wird. Laut AfA-Tabelle werden E-Bikes über sieben Jahre abgeschrieben. Das heißt, nach zwei Jahren hat es zweimal ein Siebtel seines Werts verloren, der Zeitwert liegt also bei 2.500 Euro. Kauft Ihnen nun jemand das E-Bike für 2.800 Euro ab, hätten Sie 300 Euro Gewinn gemacht.
Was sollten Verkäufer jetzt tun?
Wer mit seinen Aktivitäten im steuerlich irrelevanten Bereich bleibt, braucht sich in der Regel keine Sorgen zu machen. Die Gewinne müssen Sie dann nicht extra in Ihrer Einkommensteuererklärung für 2023 angeben. Anders sieht es bei all jenen Verkäufern aus, die nach geltendem Recht gewerblich unterwegs sind.
Sie sind verpflichtet, bis zum 2. September 2024 ihre Steuern zu erklären. Geschieht das nicht und liegt dem Finanzamt aber die Meldung von Kleinanzeigen, Etsy und Co. vor, landet im Herbst 2024 Post in Ihrem Briefkasten.
Gelegenheitsverkäufer, die auf Nummer sicher gehen wollen, sollten ein Verkaufstagebuch führen, um einen ungerechtfertigten Verdacht des Finanzamts entkräften zu können. Führen Sie dort Ihre verkauften Artikel, Markenname, Neu- und Verkaufspreis auf.
Anmerkung der Redaktion
In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, die Plattformen müssten die Daten bis zum 31. Januar 2024 an die Steuerbehörden melden. Diese Frist hat sich auf den 1. April 2024 verlängert. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.
- Eigene Recherche
- Gespräch mit Maike Backhaus von "steuertipps.de"
- steuertipps.de: "Online-Handel: Plattformen müssen private Händler ans Finanzamt melden"
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa-tmn