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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Frag t-online Lohnt sich eine Geldanlage mit 71 noch?

Jeden Tag beantwortet ein Experte aus der t-online-Ratgeberredaktion eine Leserfrage rund ums Geld. Heute: Lohnt sich eine Geldanlage mit 71 noch?
Ein 71-jähriger t-online-Leser möchte wissen: Lohnt es sich noch, monatlich 50 Euro anzulegen? Ein Brite würde trocken sagen: "Everything is possible – alles ist möglich". Aber nicht alles, was möglich ist, ist auch sinnvoll. Doch Moment, einfach abhaken sollten Sie das Thema nicht.
Auch mit 71 kann es eine clevere Entscheidung sein, Geld zu investieren – wenn Sie wissen, was Sie damit erreichen wollen. Ob es sich lohnt, hängt von Ihrem Zeithorizont, Ihrer Risikobereitschaft und der geplanten Verwendung Ihres Ersparten ab.
Wie viel Zeit haben Sie?
Das durchschnittliche Lebensalter in Deutschland – also die sogenannte Lebenserwartung bei Geburt – liegt aktuell laut den Daten des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2024 bei 83,2 Jahren für Frauen und 78,3 Jahren für Männer. Klingt ernüchternd? Ja, aber es gibt eine gute Nachricht: Viele Menschen werden älter, einige sogar weit über 100 Jahre. In Deutschland gibt es aktuell rund 26.000 Hundertjährige, und Supercentenarians – also Menschen über 110 Jahre – sind zwar selten, aber eben nicht unmöglich.
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- Investieren mit 55 Jahren: Ist das riskant?
Warum ist das wichtig? Weil Ihre verbleibende Lebenszeit beeinflusst, wie lange Ihr Geld für Sie arbeiten kann. Wenn Sie realistischerweise nur noch mit fünf Jahren planen können, sollten Sie Risiken meiden. Haben Sie dagegen – zumindest aller Voraussicht nach – noch 20 oder 30 Jahre vor sich, könnte sich eine Aktienstrategie noch lohnen.
Was wollen Sie mit Ihrem Geld erreichen?
Bevor Sie überhaupt einen Cent investieren, sollten Sie sich eine einfache, aber entscheidende Frage stellen: Warum mache ich das? Denn ohne klares Ziel ist jede Geldanlage wie eine Fahrt ohne Navi – Sie kommen irgendwo an, aber wahrscheinlich nicht dort, wo Sie hinwollen.
Mögliche Antworten könnten sein:
- Ich will mir ein zusätzliches Polster aufbauen und möglichst viel aus meinen 50 Euro herausholen. Dann brauchen Sie eine langfristige Strategie, die Wachstum ermöglicht – am besten mit einer breiten Streuung und dem berühmten Zinseszinseffekt. Erfahren Sie hier, wie der Zinseszinseffekt funktioniert.
- Ich brauche das Geld in absehbarer Zeit und will kein Risiko eingehen. Sicherheit geht also vor. In diesem Fall sollten Sie auf risikoarme Anlagen setzen, die Ihnen jederzeit Zugang zum Geld ermöglichen.
- Ich möchte, dass meine Kinder oder Enkel von meiner Geldanlage profitieren. Dann denken Sie über Investitionen nach, die langfristig solide Erträge liefern, etwa durch starke Dividendentitel oder breit gestreute Fonds.
Sie sehen: Ein Ziel für die Geldanlage zu definieren, ist nicht nur im höheren, sondern in jedem Alter entscheidend. Denn daran orientiert sich das Risiko, das einzugehen Sie bereit sein sollten.
Risiken entstehen dann, wenn Sie etwa Ihr Geld an der Börse in Aktien, Fonds oder ETFs investieren und eine möglichst hohe Rendite erzielen wollen. Doch durch ungünstige Faktoren könnten die Wertpapiere zu dem Zeitpunkt, an dem Sie sie verkaufen wollen oder müssen, weniger wert sein als erhofft – ausgelöst beispielsweise durch eine Rezession oder einen Börsencrash.
Strategie A: ETF-Sparplan für langfristigen Vermögensaufbau
Wenn Sie optimistisch in die Zukunft blicken und davon ausgehen, dass Sie noch 15 oder mehr Jahre Zeit haben, ist ein ETF-Sparplan eine sinnvolle Option. Nehmen wir ein Beispiel: Sie investieren monatlich 50 Euro in einen ETF auf den MSCI World Index, der weltweit in mehr als 1.500 Unternehmen investiert ist.
Was bringt das? Angenommen, die durchschnittliche Rendite liegt langfristig bei 7 Prozent pro Jahr, dann hätten Sie nach 20 Jahren etwa 25.500 Euro angespart. Ihr Einsatz: 12.000 Euro. Der Rest kommt durch den Zinseszinseffekt dazu – und das ganz ohne großen Aufwand.
Und ja, die Börse schwankt. Doch wer einen langen Atem hat, kann Krisen aussitzen und von den Aufschwüngen profitieren. Erfahren Sie hier, wie viel Rendite ein ETF-Sparplan bringt.
Strategie B: Sichere Geldanlagen für kurzfristige Zeiträume
Sie wollen das Geld in zwei bis fünf Jahren nutzen? Dann sollten Sie lieber die Finger von riskanten Anlagen lassen. Setzen Sie auf sichere Alternativen wie:
- Tagesgeld und Festgeld: Diese beiden Anlageformen sind ideal, wenn Sie Ihr Geld sicher und jederzeit verfügbar anlegen möchten. Tagesgeldkonten bieten Ihnen flexible Verfügbarkeit, aber die Zinsen sind oft niedrig – und nach anfänglichen Lockangeboten vieler Banken, die oft nur für Neukunden gelten, fallen sie meist drastisch. Festgeldkonten hingegen garantieren einen festen Zinssatz für eine bestimmte Laufzeit, beispielsweise sechs Monate oder fünf Jahre. Hier erhalten Sie oft etwas höhere Zinsen als beim Tagesgeld, müssen Ihr Kapital aber für die Laufzeit binden. Erfahren Sie hier mehr darüber, welche der beiden beliebten Geldanlagen sich wirklich für Sie lohnt.
- Geldmarktfonds: Diese Fonds investieren in kurzfristige, sichere Anlagen wie Staatsanleihen oder Unternehmensanleihen mit hoher Bonität. Ihr Vorteil gegenüber Festgeld? Sie bieten oft eine etwas bessere Rendite und sind dennoch relativ sicher. Zudem können Sie jederzeit über Ihr Geld verfügen, ohne eine feste Laufzeit einhalten zu müssen. Am besten und in Kombination mit einem Sparplan eignen sich Geldmarkt-ETFs. Vorteil gegenüber Geldmarktfonds: Sie sind börsengehandelt und damit flexibel wie Aktien handelbar, während Geldmarktfonds meist nur über Banken oder Fondsgesellschaften gekauft oder verkauft werden können. Lesen Sie hier mehr darüber, wie sicher Geldmarktfonds sind und was diese bei Ihrer Bank kosten.
Die erwartbare Rendite bei Geldmarktfonds orientiert sich an der sogenannten "Euro Short-Term Rate" (ESTR) – sie lag Ende März 2025 bei rund 2,4 Prozent. Viele Geldmarktfonds, insbesondere ETFs, orientieren sich an diesem Referenzzins. Die tatsächliche Rendite kann leicht darunter liegen, weil noch Gebühren abgezogen werden. Klar, hier werden Sie nicht reich. Aber Sie schlafen ruhig und wissen, dass Ihr Geld nicht durch Börsenturbulenzen schwindet.
Strategie C: Kapital für die nächste Generation
Ihr Ziel ist es, Vermögen zu hinterlassen? Dann können Sie längerfristig denken. Hier einige Möglichkeiten:
- Blue-Chip-Aktien: Das sind große, etablierte Unternehmen mit solider Marktstellung und stabilen Gewinnen. Diese Unternehmen – etwa Nestlé, Disney, Visa, Microsoft oder Unilever – haben sich über Jahrzehnte hinweg bewährt, zahlen oft regelmäßige Dividenden und sind weniger anfällig für wirtschaftliche Turbulenzen als kleinere Firmen. Erfahren Sie hier mehr über Blue Chips, defensive Aktien und Aktien für die Ewigkeit.
- Aktienfonds oder ETFs: Wer nicht einzelne Aktien kaufen und sich selbst um die Auswahl kümmern möchte, kann in Fonds oder ETFs investieren, die eine breite Streuung bieten. Diese Fonds enthalten oft Hunderte oder Tausende von Unternehmen und reduzieren dadurch das Risiko, sollte eines dieser Firmen in die Pleite rutschen. Über viele Jahre hinweg können sie durch Wachstum und Dividenden ansehnliche Renditen erzielen. Erfahren Sie hier mehr darüber, welcher ETF zu empfehlen ist.
- Langfristige Staatsanleihen: Es gibt Anleihen mit Laufzeiten von über 90 Jahren. Beispielsweise gibt das Bundesland Nordrhein-Westfalen eine Anleihe mit einer Restlaufzeit von fast 97 Jahren und einer Rendite von 3,69 Prozent heraus. Solche Anleihen eignen sich für Investoren mit langem Atem, da sie zwar stabile Erträge liefern, aber erst nach Jahrzehnten auslaufen. Wer sein Geld für die nächste Generation anlegen möchte, kann damit eine Art finanzielles Erbe aufbauen. Wer sich nicht für eine einzelne Anleihe entscheiden kann, für den gibt es auch Anleihen-ETFs, die gleichzeitig in Tausende von Anleihen investieren. Lesen Sie hier mehr über Anleihen-ETFs für risikoscheue Anleger.
Wenn Sie gezielt für Ihre Kinder oder Enkel investieren, können Sie zudem steuerliche Vorteile nutzen. Vermögensübertragungen durch Schenkungen oder frühzeitige Nachlassregelungen helfen, Erbschaftssteuern zu minimieren – ein Punkt, für den sich eine Beratung beim Steuerberater lohnen könnte.
Fazit: Spätes Investieren kann clever sein
Die Frage ist nicht, ob es sich lohnt zu investieren, sondern wie. Mit 71 können Sie immer noch ein beachtliches Vermögen aufbauen, wenn Sie Zeit haben und den Zinseszinseffekt nutzen. Ist Ihr Zeithorizont kürzer, sollten Sie auf Sicherheit setzen. Und wenn es um Ihr Erbe geht, bieten sich Aktien oder Anleihen an. Das Wichtigste: Einfach loslegen! Denn eines ist sicher: Ein ungenutzter 50-Euro-Schein auf dem Konto bringt garantiert keine Rendite.
- Eigene Recherche