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Frauen zurück an den Herd? Rückfall in alte Rollenmuster durch Corona


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Frauen zurück an den Herd?
Wie Paare alte Rollenmuster verhindern

MeinungEine Kolumne von Ulrike Scheuermann

24.01.2021Lesedauer: 4 Min.
Corona: Arbeiten, die als traditionell weiblich galten, fallen in Krisenzeiten scheinbar selbstverständlich wieder den Frauen zu.Vergrößern des Bildes
Corona: Arbeiten, die als traditionell weiblich galten, fallen in Krisenzeiten scheinbar selbstverständlich wieder den Frauen zu. (Quelle: Georgijevic/getty-images-bilder)

Es sind die Frauen, die jetzt oft zusätzlich zu ihrer Arbeit Hausarbeit , Kinderbetreuung, Homeschooling

Seit dem ersten Lockdown leben viele wieder in der Rollenverteilung wie vor 50 Jahren: Die Frau kümmert sich um den Haushalt und die Kinder. Der Mann geht zur Arbeit oder sitzt am Bildschirm, im schlechtesten Fall ist er genervt von den Kindern. Das sind die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage der Bertelsmann Stiftung (12/2020): Die Verteilung der Aufgaben folgt vorwiegend klassischen Rollenbildern.

Arbeiten, die als traditionell weiblich galten, fallen in Krisenzeiten scheinbar selbstverständlich wieder den Frauen zu. Interessant ist dabei auch, dass Männer diese Verteilung von Kinderbetreuung und Hausarbeit als gerecht wahrnehmen, dagegen die Frauen unter der Situation leiden. Der Lockdown bewirkt also eine Dynamik, die Ungleichheiten fördert und verdeutlicht. Das sollten wir im ersten Schritt überhaupt erkennen, dann die Hintergründe verstehen, um es schließlich ändern zu können.

Rückschritt in Krisensituationen

Hintergrund für diesen Rückfall kann auf der psychischen Ebene sein, dass uns die Pandemie mit ihren gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Bedrohungen in einen sorgenvollen emotionalen Zustand führt. Darauf reagieren Menschen oft mit Regression, also mit einem Zurückgehen auf frühere Entwicklungsstufen. Wem das klar ist, der kann Verständnis füreinander entwickeln – was hilft, wenn man miteinander kooperieren will.

Ungleichverteilung kommt ans Licht

Die Aufgaben, die das Zusammenleben für ein Paar mit sich bringt, sollten schon lange gleichberechtigt verteilt sein: Kinderbetreuung, Job, Hausarbeit, die gesamte Organisation des gemeinsamen Haushalts, vielleicht zudem die Fürsorge und Pflege der Eltern.

Im Moment werden aber diese Ungleichverteilungen besonders sichtbar, die es schon vor der Pandemie gab. Das Fazit der Bertelsmann-Studie ist: Die Corona-Situation bringt ans Licht, "dass die traditionelle Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen in Deutschland bisher so gut wie gar nicht aufgebrochen war".

Was tut mir und uns gut?

Um psychisch möglichst gut durch diese Zeit zu kommen, sollte jede und jeder sich in Ruhe fragen: "Was brauche ich, um bei Kräften zu bleiben?" Für Paare und Familien heißt das: "Was können wir füreinander tun, um uns zu unterstützen? Wie bleiben oder werden wir ein Team?" Diese Fragen werden viel zu selten gestellt. Erst recht in einer Lebenssituation, die massiv anders ist als sonst.

Wenn bei diesen Überlegungen herauskommt, dass eine Frau es genießt, die Wohnung schön zu machen und endlich mal mehr Zeit mit den Kindern zu haben, dann ist das auch gut so. Wenn sie sich aber einfach ohne Absprache in der Rolle der Hausfrau wiederfindet, muss das besprochen werden, um beides zu berücksichtigen: Den Wunsch nach Ruhe des Mannes, den Wunsch nach Entlastung der Frau.

Die 5-Minuten-Gemeinsam-Zeit

Immer wieder erlebe ich, dass nicht miteinander geredet wird. Aber für diese Gespräche und Verabredungen müssen wir uns im Moment noch mehr Zeit nehmen als sonst. Wir reden zwar ständig – über Corona, das Impfen und Ausgangsbeschränkungen. Aber wer spricht über die Beziehung und wie sie sich verändert? Über die eigenen Gefühle, Sorgen, Hoffnungen? Über das, was man sich anders wünscht im Zusammenleben, und über das, was sich verbessern lässt?

In meinem Kolumnenbeitrag "Mit diesem Trick verbessern Sie Ihre Beziehung" habe ich über die 5-Minuten-Zweisamkeit geschrieben. Dieses Ritual für Paare funktioniert genauso gut für Familien – übrigens auch, wenn man allein ist. Nehmen Sie sich täglich mindestens fünf Minuten – gerne auch länger – mit ihrer Partnerin oder Ihrem Partner, oder als gesamte Familie.

Wichtig ist, dass es ein spezielles, vom restlichen Alltag abgegrenztes Treffen ist. Man kann sich dafür mit einem Kaffee oder Wasser um den Couchtisch setzen, oder wie wäre es mit einem täglichen Spaziergang? Hier sollten Sie beachten:

  • Absoluter Fokus auf die Anwesenden (kein Handy, TV oder andere Ablenkungen)
  • Vermitteln: "DU bist – IHR seid – jetzt zu hundert Prozent wichtig."
  • Augenkontakt oder auch andere Formen von Kontakt, kleine Berührungen, an die Hand nehmen beim Spazierengehen
  • Fragen UND konzentriert und still zuhören

Die wichtigen Fragen stellen

Der Fokus in diesen Gesprächen liegt auf:

  • Empathie und Verständnis: Wie geht es dir? Wie geht es mir?
  • Hilfe: Wie können wir uns gegenseitig helfen?
  • Ungleichgewicht: Was ist mir, was ist dir zu viel? Wo fühle ich, wo fühlst du dich überfordert? Wie können wir für mehr Gleichgewicht sorgen?
  • Tagesstruktur schaffen: Wann gibt es Zeit für Essen, Arbeiten, Rausgehen, Zusammensein, Alleinsein, Spielen?
  • Lernen: Was können wir aus der Situation lernen? Auch für später?

Die wichtigen Absprachen treffen

Im nächsten Schritt geht es darum, bei einem Ungleichgewicht, unter dem eine oder mehrere Personen leiden, die Aufgaben ganz konkret neu abzusprechen. Das mag banal klingen, aber das Ungleichgewicht besteht eben nach wie vor.

Man kann zum Beispiel die Aufgaben sehr konkret festlegen: "Ich räume lieber die Spülmaschine aus, du hängst lieber Wäsche auf. Ich lese unserer Kleinen gerne am Abend vor und lerne mit ihr Mathe, du gehst mit ihr die Hausaufgaben durch und hilfst ihr bei Deutsch. Ich kaufe am Samstag ein, du am Mittwoch. Du gehst nachmittags mit den Kindern raus, ich am Vormittag. Wer geht einkaufen? Beim Kochen wechseln wir uns ab?"

So können Sie mit viel Reden, Austausch, vielleicht auch Auseinandersetzung, die Weichen anders stellen. Es ist eine gute Zeit, um sich selbst, den Partner, die Partnerin und die Kinder neu kennen zulernen, mit dem, was sie sich wünschen, und womit sie unzufrieden sind. Oftmals werden Sie jetzt sich als Paar und Familie neu finden und strukturieren müssen. Für jetzt, aber auch für die Zeit nach der Pandemie.

Ulrike Scheuermann ist Diplom-Psychologin und Bestsellerautorin. Seit 25 Jahren hilft sie Menschen dabei, ihr Leben mit modernsten Methoden der Psychologie innerlich frei und ohne Blockaden besser und gesünder zu gestalten. Ihre Self-Care- und Coaching-Programme finden in ihrer Akademie in Berlin und online statt.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
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