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Bundestagswahl: Olaf Scholz als Kanzler wäre dann Geschichte


Tagesanbruch
Olaf Scholz wäre dann wohl Geschichte

MeinungVon Heike Vowinkel

Aktualisiert am 13.01.2025 - 08:02 UhrLesedauer: 7 Min.
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Kanzler Olaf Scholz beim Parteitag in Berlin: Augen zu und kämpfen, ist das Motto. (Quelle: Axel Schmidt/reuters)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

ab heute werden die Wahlbenachrichtigungen verschickt. Wissen Sie schon, welcher Partei Sie am 23. Februar Ihre Stimme geben werden? Gar nicht so einfach zu entscheiden, finde ich. Im Grunde stellt sich die Frage: Besser programmatisch oder taktisch wählen? Also, für die Partei stimmen, die einem inhaltlich am meisten zusagt – unabhängig davon, ob sie auch eine Chance hat mitzuregieren? Oder lieber die Regierung mitbestimmen?

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Es ist die Qual der Wahl. Denn paradoxerweise hat sich die Parteienlandschaft zwar vergrößert, so viele Parteien wie noch nie könnten in den Bundestag einziehen. Doch eine Regierung zu bilden, wird dadurch nicht leichter. Im Gegenteil. Wer diese mitbestimmen will, müsste sich zwischen Schwarz, Rot oder Grün entscheiden. Das legen zumindest seit Wochen die Umfragen nahe. Alle anderen Koalitionen werden sehr wahrscheinlich keine Mehrheit haben.

Die AfD wird demnach zwar vermutlich zweitstärkste Kraft. In Umfragen liegt sie stabil zwischen 20 und 22 Prozent. Doch eine Regierungsoption hat sie nicht. Keine andere Partei will mit ihr zusammenarbeiten. CDU-Chef Friedrich Merz betonte gerade erst, dass er lieber zurücktreten würde, als mit der AfD zu koalieren. Mich beruhigt das. Denn die AfD hat am Wochenende auf ihrem Parteitag einmal mehr gezeigt, welchen Weg sie einschlägt: den der maximalen Radikalisierung. Spitzenkandidatin Alice Weidel ließ bei ihrer Rede die Maske fallen, wie meine Kollegin Annika Leister in ihrer Analyse vom Parteitag schreibt.

Auch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat keine Chance auf eine Regierungsbeteiligung. Anders als in Ostdeutschland ist es in ganz Deutschland weit von einem zweistelligen Ergebnis entfernt, verlor in den vergangenen Wochen an Zustimmung und liegt derzeit zwischen 5 und 6 Prozent. Das dürfte unter anderem damit zu tun haben, dass die gesamtdeutsche Bevölkerung die Gefahr, die von Russland ausgeht, realistischer einschätzt als die Partei und deshalb deren russlandfreundlichen Kurs skeptisch sieht. Aber auch die Entzauberung ihrer Namensgeberin dürfte eine Rolle gespielt haben. Parteiintern wird ihr zentralistischer, autoritärer Führungsstil kritisiert, der im Hamburger Landesverband zur offenen Revolte und Chaos geführt hat. Beim Parteitag in Bonn war das offiziell dennoch kein Thema, schreibt mein Kollege Carsten Janz.

Die FDP wiederum kämpft ums Überleben. Zwischen 4 und 5 Prozent liegt sie seit Wochen in den Umfragen. Aber selbst, wenn sie es knapp in den Bundestag schaffen sollte, würde es für eine schwarz-gelbe Koalition niemals reichen, für die die Liberalen nicht müde werden zu werben. (Lesen Sie dazu auch das Interview mit FDP-Generalsekretär Marco Buschmann.) Sollte die FDP überhaupt eine Chance auf eine Regierungsbeteiligung haben, dann höchstens in einer Dreierkoalition. Was das bedeutet, nun ja … – muss ich wohl nicht weiter ausführen.

Bleiben also Union, SPD und Grüne.

Die Union ist seit Monaten konstant die stärkste Kraft. Zwar gibt es den Parteistrategen zu denken, dass die Umfragewerte nicht steigen, sondern bei 30 Prozent verharren. Da können sie noch so viel Einigkeit und Zuversicht demonstrieren wie am Wochenende bei ihrer Bundesvorstandsklausur in Hamburg, über die meine Kollegin Sara Sievert hier berichtet. Intern mag man sich zwar fragen, welchen Anteil daran der wenig beliebte Kanzlerkandidat hat oder das Programm, das voll auf Wirtschaft und Migration setzt, viel für Unternehmen und Besserverdiener verspricht, ohne zu erklären, wie das finanziert werden soll und soziale Fragen weitgehend ausklammert. Aber Konsequenzen wird das für den Wahlkampf nicht mehr haben. Kandidat und Programm stehen. Nun geht es darum, die Wählerinnen und Wähler von beidem zu überzeugen. Denn je mehr Stimmen die Union holt, umso stärker wird sie ihre Politikversprechen in einer Koalition durchsetzen können. Leicht wird das nicht.

Viel deutet daher aktuell auf eine Neuauflage der "Großen Koalition" hin. GroKo ante portas also. Von groß kann zwar keine Rede sein, die SPD dümpelt zwischen 14 und 17 Prozent. Doch selbst, wenn die Sozialdemokraten es noch über die 20 Prozent schaffen sollten, müsste für eine Regierung unter ihrer Führung wohl ein Wunder geschehen. Trotzdem klammern sich die Genossen an diese Hoffnung, allen voran Olaf Scholz. Augen zu und kämpfen, so das Motto. Am Ende glauben aber selbst Parteiurgesteine wie Peer Steinbrück nicht mehr an ein neues Scholz-Wunder. Zu anders ist die Ausgangslage bei dieser Wahl, zu schwer lastet die SPD-geführte Ampel auf Scholz' Glaubwürdigkeit.

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"Sie kennen mich", sagte Angela Merkel einst im TV-Duell mit eben jenem Steinbrück und gewann. Kaum vorstellbar, dass ein solcher Spruch Olaf Scholz zum Sieg verhelfen könnte. Dennoch setzt die SPD mit voller Kraft auf die Erfahrung ihres Kanzlerkandidaten, um sich von Friedrich Merz abzugrenzen, wie mein Kollege Daniel Mützel hier über den SPD-Parteitag schreibt. Hauptgegner ist die Union auch im Programm, ihre sozialen Versprechen zielen auf die "ganz normalen Leute". Ob das diese überzeugt, wird sich zeigen.

2025 ist nicht 2021. Nicht nur für Olaf Scholz hat sich die Ausgangslage drastisch verändert. Auch eine GroKo wäre dieses Mal eine andere. Denn die Merz-Union ist konservativer als die Merkel-Union, Koalitionsgespräche zwischen SPD und Union würden ungleich schwerer. Nur eins wäre sicher: Olaf Scholz wäre dann wohl Geschichte.

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Die einzige wirklich neue Konstellation wäre eine schwarz-grüne Koalition. Aber auch die Grünen haben die verunglückte Ampel im Wahlkampfgepäck und liegen derzeit bei etwa 15 Prozent. Die Zeiten, in denen sie an die 20 Prozent reichten, sind ohnehin lange vorbei. Und CSU-Chef Markus Söder wird eine solche Koalition verhindern wollen – zumindest noch im Wahlkampf. Dennoch ist Friedrich Merz klug beraten, diese Option schon aus taktischen Gründen nicht ganz auszuschließen. Es verhandelt sich besser, wenn es eine Alternative gibt.

Alles deutet also auf eine unionsgeführte Regierung. Wer taktisch wählen will, muss sich daher nun fragen: Will ich eine möglichst starke Union? Will ich ein starkes sozialdemokratisches Korrektiv? Oder ein grün-ökologisches?

Für alle anderen noch ein Tipp: Am 6. Februar geht der Wahl-O-Mat an den Start. Vielleicht hilft er ja bei der Qual der Bundestagswahl.


Ohrenschmaus

Apropos, schwierige Wahl: Dabei muss ich an diesen Song von The Clash aus dem Jahr 1981 denken. Den werde ihn jetzt für den Rest des Tages wohl nicht mehr los.


In den heiligen Flüssen baden

Europa neigt zu einem selbstzentrierten Blick. Vergessen werden da gern andere Regionen und Religionen der Welt. In einer, im Norden Indiens, beginnt heute das Maha Kumbh Mela, das weltweit größte religiöse Fest: Bis zu 400 Millionen Besucher werden in den kommenden sechs Wochen in Prayagraj im nordindischen Bundesstaat Uttar Pradesh erwartet. Alle zwölf Jahre findet dieses Pilgerfest der Hindus statt. Höhepunkt ist der Neumondtag am 29. Januar. Dann werden die meisten Gläubigen anreisen, um an der Stelle zu baden, an der sich die heiligen Flüsse Ganges, Yumuna und Saraswati treffen; letzterer existiert allerdings nur in der hinduistischen Mythologie.


Was steht sonst noch an?

Europas Sicherheit: Nur noch eine Woche bis zur zweiten Präsidentschaft von Donald Trump in den USA. Wie sehr sie die Außenpolitik der USA verändern wird, hat der designierte Präsident bereits mit seinen Forderungen in Richtung Grönland, Kanada und Panama, aber auch der Nato demonstriert. Höchste Zeit also, dass sich Europa überlegt, wie es die eigene Sicherheit und Verteidigung sicherstellt. Schon im November nach Trumps Wahl hatten sich die fünf größten europäischen Länder in Warschau getroffen: Polen, Frankreich, Italien, Deutschland und Großbritannien. Verteidigungsminister Boris Pistorius reist nach Warschau, wo er mit den vier Amtskollegen dieser Länder die Gespräche fortsetzt.


Gefahr gebannt: Der manövrierunfähige Öltanker "Eventin" liegt nun vor Sassnitz auf Rügen. Zwei Schlepper halten das Schiff in einer gesicherten Position. Die Gefahr einer Öl-Havarie ist damit erst einmal gebannt. Die Reederei, deren Sitz in Saudi-Arabien sein soll, will zwei Hochsee-Schlepper schicken, die das Schiff an einen Ort seiner Wahl bringen sollen. Diese sollen heute ankommen. Die Umweltorganisation Greenpeace rechnet die 2006 gebaute "Eventin" zur sogenannten russischen Schattenflotte, mit der Russland die Öl-Sanktionen umgeht.


Unwort des Jahres: Im vergangenen Jahr war es das Wort "Remigration". Welches eine Jury von Sprachwissenschaftlern in diesem Jahr zum "Unwort des Jahres" wählen wird, erfahren wir in wenigen Stunden. Tausende Vorschläge waren am Institut für Germanistische Sprachwissenschaft an der Uni Marburg eingegangen, darunter "Sondervermögen", "Menschenmaterial" und "kriegstüchtig".


Zootier des Jahres: Cem Özdemir stellt es in der Wilhelma in Stuttgart vor. Der Bundeslandwirtschaftsminister ist Schirmherr der Kampagne, die jedes Jahr in einem anderen Zoo eine Tierart auswählt, die nicht so sehr im Fokus der Öffentlichkeit steht, um sie vor der Ausrottung zu bewahren.


Das historische Bild

Die DDR hinkte dem Westen hinterher, mit dem Lipsi wollte sie zumindest auf dem Tanzparkett eine gute Figur machen. Mehr lesen Sie hier.


Lesetipps

Gefahr in der Ostsee: Zerstörte Datenkabel, gesprengte Pipelines, eine Schattenflotte maroder Öltanker: Russland tritt in der Ostsee immer aggressiver auf und bedroht vor allem die baltischen Länder. Politikexperte Julius von Freytag-Loringhoven rät Deutschland und der Nato zu entschlossenem Widerstand im Interview mit meinem Kollegen Martin Küper.

Rauswurf der eigenen Brut: Die AfD trennt sich von ihrer rechtsextremen Jugendorganisation. Das aber muss nicht das Ende der "Jungen Alternative" sein. Gut möglich, dass sie fortbesteht – gefüttert vom Vermögen der AfD, schreibt Reporterin Annika Leister.

Gefährliches Gift: Der Untergang des Römischen Reichs gibt bis heute Rätsel auf. Wie konnte ein so riesiges Imperium verfallen? Eine Studie, über die Panorama-Chefin Ellen Ivits berichtet, bietet nun einen neuen Ansatz auf der Suche nach der Antwort.

Was Sie alles wissen: Wie heißt die Hauptstadt von Nordmazedonien und was ist eine "Halbgarage"? Und kennen Sie den Lieblingsfilm von Donald Trump? Testen Sie sich im kniffligen Allgemeinwissen-Quiz.


Zum Schluss


Ich wünsche Ihnen einen schwungvollen Start in die Woche. Morgen schreibt Ihnen wieder Florian Harms.

Herzliche Grüße

Ihre Heike Vowinkel
Textchefin t-online
X: @HVowinkel

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Mit Material von dpa.

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