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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Die Pläne des Donald Trump Was will er mit Grönland und Kanada?
Grönland, Panama und Kanada: Donald Trump will Grönland kaufen, Kanada annektieren und den Panamakanal kontrollieren – sind das nur verrückte Ideen oder wohlkalkulierte Machtspiele?
In Wahrheit ist die Idee Donald Trumps gar nicht so neu. Grönland, die weltweit größte Insel, gelegen in der Arktis, wollte er schon während seiner ersten Präsidentschaft kaufen.
Als seine Pläne damals ruchbar wurden, twitterte er im August 2019 schnell eine Fotomontage. Die zeigte seinen goldfarbenen Trump Tower in Las Vegas, der mitten aus einer Siedlung der Ureinwohner Grönlands, der Inuit, herausragte. Trump kommentierte sein Bild mit den Worten: "Ich verspreche, das Grönland nicht anzutun!"
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Schon damals reichten die weltweiten Reaktionen angesichts von Trumps Plan von Kopfschütteln bis zu wütenden Kommentaren. Die dänische Regierung, die Grönland als autonomes Territorium bis heute verwaltet, wies die Idee umgehend zurück. Die damalige dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen bezeichnete sie als "eine absurde Diskussion". Trump reagierte darauf wiederum mit der Absage eines geplanten Staatsbesuchs in Dänemark, was die Spannungen weiter verschärfte.
Trumps Rhetorik wird immer aggressiver
All das vorweggeschickt, könnte die Welt Donald Trumps erneute Forderungen auch getrost ignorieren. Doch kurz vor seiner zweiten Präsidentschaft verschärft der Milliardär nun seinen Ton. In einer Pressekonferenz drohte er Dänemark nicht nur mit Strafzöllen, sollte Kopenhagen keine "Lösung" finden. Der Präsident wollte auf Nachfrage nicht einmal militärische Optionen für seine Trauminsel ausschließen. Sein eigener Sohn, Donald Trump Junior, flog derweil nach Grönland, um die Forderung öffentlichkeitswirksam zu unterstreichen.
Hinzu kommt, dass Trump vor seiner zweiten Präsidentschaft neben Grönland nun auch noch weitere Gebiete auf der Welt plötzlich zur Diskussion stellt, Kanada und den Panamakanal. Seiner Vorstellung nach will er sie alle unter die Kontrolle Amerikas bringen. Kanada, so Trumps Wunsch, könnte künftig der 51. US-Bundesstaat sein. Der US-Präsident in spe behauptet: Viele Kanadier würden sich das ebenso wünschen. Außerdem will er den Panamakanal wieder unter amerikanische Kontrolle bringen. Zu hoch und undankbar seien die Gebühren, die Panama von den USA für die Durchfahrt von Schiffen verlange. Soweit die Schlagzeilen.
Man mag all das als absurd oder als pure Lust an der Provokation abtun. Aber hinter Trumps Vorschlägen stecken offenbar auch tiefere strategische Überlegungen, die geopolitische Berechnungen und psychologische Manipulationen beinhalten. Was Trump außenpolitisch vorschwebt, ist eine Art übergreifende Vision von globaler US-Dominanz. Er verbindet sie geschickt mit seiner Art der Verhandlungstaktik und einer Rhetorik von amerikanischer Gebietserweiterung, mit der er bei seiner Basis zu Hause punkten kann.
Der Grönland-Vorschlag: Geopolitik und strategische Ressourcen
Der bekannteste von Trumps territorialen Vorschlägen geht zurück auf eine Idee aus dem Jahr 2019. Grönland von Dänemark zu kaufen, erscheint aus Trumps Sicht ein geschickter Deal zu sein, weil die grönländische Führung ohnehin nach Autonomie von Dänemark strebt. Dabei scheint es für Trump unerheblich zu sein, dass die Grönländer nach echter Autonomie streben und nicht nach der nächsten Dominanz durch die USA.
Für die USA hat Grönland tatsächlich einen enormen strategischen Wert, insbesondere im Hinblick auf die Arktisregion. Mit den Auswirkungen des Klimawandels, die das Schmelzen des arktischen Eises vorantreiben, eröffnen sich nicht nur neue Schifffahrtsrouten. Auch Ressourcen wie Öl, Gas und Seltene Erden werden zunehmend zugänglich. Das US-Militär hat die Bedeutung der Region für Verteidigungs- und Machtprojektionszwecke längst erkannt. Stützpunkte wie die Thule-Luftwaffenbasis werden in Grönlands Nordwesten bereits betrieben.
Viel spricht dafür, dass Trumps Vorschlag, Grönland zu kaufen, von dem Wunsch getrieben ist, diesen geopolitisch wichtigen Standort zu kontrollieren und sicherzustellen. Ziel: Die USA sollen im Rennen um die Arktis vorn bleiben. Durch den Besitz Grönlands könnten die USA ihre militärische Präsenz in der Region festigen und den beiden globalen Mächten, insbesondere China und Russland, Paroli bieten. Russland hat die Arktis längst militarisiert, und China verfolgt sein Interesse im Rahmen seiner "Polar Silk Road"-Initiative.
Was aber bringt Trumps Forderung, wenn der Kauf doch schon 2019 und jetzt erneut sowohl von Grönland als auch Dänemark abgelehnt wurde? Trump könnte seine Verhandlungstaktik nutzen, um Druck auf Dänemark auszuüben. Möglicherweise, um günstigere Bedingungen in Bereichen wie Handel oder für die weitere militärische Zusammenarbeit zu erpressen. Dass Trump bereits jetzt Strafzölle androht und Militäroptionen gegen einen Nato-Partner nicht ausschließen will, spricht jedenfalls dafür.
Die Annexion Kanadas: eine kontroverse Idee
Bei der Vorstellung, sich Kanada als 51. US-Bundesstaat einzuverleiben, handelt es sich um den vielleicht kühnsten von Trumps territorialen Vorschlägen. Doch auch hier scheint sein bekanntes transaktionales Verständnis von Außenpolitik durch. Ähnlich wie bei Grönland ist es eine Kombination aus wirtschaftlichen, militärischen und ideologischen Faktoren.
Trump beklagt sich regelmäßig über das negative Handelsdefizit mit dem nördlichen Nachbarn, der zugleich auf die Sicherung des US-Militärs gegen russische und chinesische Bedrohungen angewiesen sei. In Trumps Pressekonferenz in dieser Woche wurde das deutlich mit Äußerungen wie: "Wir brauchen ihre Milch nicht. Wir haben genug eigene Milch" oder damit, dass Kanada gerne auf das US-Militär bauen könne, aber dafür eben viel mehr bezahlen müsse.
Auch beim Kanada-Vorschlag geht es Trump letztendlich darum, die geopolitische und wirtschaftliche Präsenz der USA zu erweitern, insbesondere in den Bereichen Verteidigung, Handel und Energie. Kanada nimmt im Norden als Arktis-Anrainer eine strategisch wichtige Position ein und verfügt ebenfalls über riesige natürliche Ressourcen wie Öl, Mineralien und Süßwasser.
Trump schätzt die Aussicht, mehr direkte Kontrolle über diese Ressourcen zu erlangen, oder zumindest mittelbar in Form von besseren Deals von ihnen zu profitieren. Einfach ausgedrückt: Ein so reiches Land wie Kanada darf nicht so billig wegkommen.
Eine stärkere Integration Kanadas in die USA könnte für beide Seiten tatsächlich zu einer effizienteren wirtschaftlichen Beziehung führen. Ähnlich wie die Europäische Union könnte so eine vereinheitlichte Handelszone ohne größere Barrieren für den freien Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalfluss entstehen. Selbst das Mobilfunknetz der beiden Staaten ist bislang nicht harmonisiert.
Eine tatsächliche Annexion Kanadas ist jedoch in jeder Hinsicht illusorisch. Sie würde nicht nur auf erheblichen Widerstand sowohl der kanadischen Seite als auch der internationalen Gemeinschaft stoßen. Die Vorstellung, die Souveränität zu verlieren und in eine größere politische Einheit aufgenommen zu werden, insbesondere eine, mit der Kanada eine komplexe und häufig konfliktbeladene Beziehung pflegt, ist nahezu unvorstellbar. Gerade die Kanadier schätzen ihren eigenständigen politischen und kulturellen Status. Hinzu kommt, dass Kanada zum britischen Commonwealth gehört. Staatsoberhaupt ist damit König Charles III.
Der Panamakanal: Kontrolle über die Infrastruktur
Trumps Interesse am Panamakanal ist ein weiteres Beispiel für seinen Fokus auf die Kontrolle über strategische Engpässe, die den Fluss von Waren, Ressourcen und militärischer Macht ermöglichen. Der Panamakanal, der den Atlantik mit dem Pazifik verbindet, ist eine der wichtigsten Wasserstraßen der Welt und zentral für den globalen Handel.
Die USA hatten bis 1999 die Kontrolle über den Panamakanal, als dieser gemäß einem Vertrag von 1977 (unter US-Präsident Jimmy Carter) an Panama übergeben wurde. Die USA haben den Kanal lange Zeit als ein essenzielles Gut betrachtet. Denn die Amerikaner erwarben Anfang des 20. Jahrhunderts die Rechte zum Bau und zum Betrieb des Panamakanals. Der Hay-Herrán-Vertrag, der 1903 mit Kolumbien ausgehandelt wurde, sicherte den USA damals die Rechte an dem Land rund um den geplanten Kanal zu.
Die erneute Kontrolle über diese wichtige Infrastruktureinrichtung würde den USA einen enormen Vorteil in Bezug auf militärische Mobilität und die Fähigkeit verleihen, wirtschaftlichen Einfluss auf die globalen Handelsrouten auszuüben. Trump beklagt sich seit mehreren Wochen darüber, dass Panama den USA zu hohe Gebühren für die Durchfahrt seiner Marineschiffe abknöpfe.
Sein Vorschlag, die Kontrolle über den Panamakanal zurückzuerlangen, spiegelt Trumps Bestrebungen wider, den globalen US-Einfluss im Sinne seiner breiteren Vision von "America First" auszubauen. Indem die USA versuchen, Schlüssel-Infrastrukturen – ob in der Arktis oder im Süden – global zu dominieren, will der Präsident womöglich die eigene wirtschaftliche und militärische Überlegenheit sichern.
Auch beim Panamakanal ist eine Rückkehr zur US-Kontrolle höchst unwahrscheinlich und stößt schon jetzt auf erheblichen Widerstand der dortigen Regierung. Kein Wunder, denn es wäre ein schwerwiegender Eingriff in die Souveränität des Staates. Trumps Drohung muss darum als Versuch gewertet werden, in der Region Stärke zu demonstrieren, um globale Gegner wie China anzusprechen und Druck auf Panama aufzubauen.
Peking plant im Rahmen seiner "Belt and Road"-Initiative ein riesiges Projekt, um den US-Einfluss in Lateinamerika über den Staat Kolumbien einzudämmen. China will dort seinerseits die Pazifik- und Atlantikküste verbinden.
Trumps Vision: Nationalismus und globale Macht
Vielfach wurde Trumps "America First"-Politik in den vergangenen Jahren als vermeintlicher Isolationismus fehlgedeutet. In Wahrheit steckt hinter seinem Rückzug aus internationalen Bündnissen oder Verpflichtungen der Versuch, die USA nicht im Rahmen des Multilateralismus als Supermacht zu führen, sondern als imperiale Supermacht.
Seine aktuell geäußerten territorialen Ambitionen müssen darum in diesem weiteren Kontext seiner nationalistischen "America-First"-Außenpolitik verstanden werden. Schon während seiner ersten Präsidentschaft hatte Trump immer wieder betont, die USA könnten ihre Dominanz auf der globalen Bühne nur behaupten, wenn die Kosten für traditionelle Verbündete steigen und internationale Abkommen aufgekündigt würden.
Seine Rhetorik konzentriert sich seit jeher darauf, verlorenen Einfluss zurückzugewinnen und sicherzustellen, damit die USA auf diese Weise eine starke Position in den internationalen Beziehungen behalten. Vorschläge wie der Kauf von Grönland, die Annexion Kanadas und die Kontrolle des Panamakanals passen darum zu seinem Ansatz eines wiedererstarkenden Amerika, das fortan seine geopolitischen Interessen über absurd anmutende und egoistische Schritte durchsetzen soll.
Als Rechtfertigung wird Trump dazu im Zweifel immer folgenden Satz anführen, den er in Bezug auf Grönland bei seiner Pressekonferenz an diesem Dienstag in Mar-a-Lago sagte: "Wir brauchen Grönland aus Gründen der nationalen Sicherheit." Dieser Satz lässt nicht ohne Grund bei den Alliierten die Alarmglocken schrillen. Denn Trump ist als US-Präsident auch der Oberbefehlshaber der amerikanischen Streitkräfte. Als Commander-in-Chief könnte Trump zwar ohne Zustimmung des Kongresses keinen Krieg erklären.
Aber US-Präsidenten haben schon oft in der Geschichte ohne vorherige Zustimmung des Kongresses militärische Maßnahmen ergriffen und dabei immer argumentiert, dass dies zum Schutz der nationalen Sicherheit oder der US-Interessen notwendig sei. So erklärt sich auch, weshalb Trump auf Nachfrage militärische Optionen bei Grönland nicht ausschließen wollte. "Darauf werde ich mich nicht festlegen. Es kann sein, dass man etwas wird unternehmen müssen", sagte Trump. Was das sein könnte, ließ er offen.
- Eigene Recherchen, Beobachtungen und Überlegungen