Mitgliedschaft ausgesetzt EVP suspendiert Fidesz-Partei von Viktor Orban
Jahrelang haderte die Europäische Volkspartei mit ihrem eigenwilligen Mitglied Viktor Orban. Jetzt leitet sie Strafmaßnahmen gegen den ungarischen Rechtsnationalen ein – und kommt ihm doch entgegen.
Die Mitgliedschaft der rechtsnationalen ungarischen Fidesz-Partei in der Europäischen Volkspartei wird ausgesetzt. Eine Experten-Kommission unter der Führung des ehemaligen EU-Ratschefs Herman Van Rompuy soll nun entscheiden, wann und ob die Mitgliedsrechte der Partei des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban wieder in Kraft gesetzt werden, wie EVP-Chef Josepf Daul mitteilte. 190 von 194 Delegierte stimmten bei einem EVP-Vorstandstreffen für einen entsprechenden Vorschlag, 3 dagegen. Orban sagte, er begrüße die Entscheidung, da die EVP so die Einheit bewahre.
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Zuvor hatte Orban erwirkt, dass der Vorschlag der EVP-Spitze – über den letztlich abgestimmt wurde – nochmal in seinem Sinne geändert wurde. In der neuen Variante hieß es, das EVP-Präsidium und Fidesz hätten sich gemeinsam darauf verständigt, dass Fidesz seine Mitgliedschaft bis zum Ende des Berichts ruhen lasse. Zuvor hatte es in dem Vorschlag noch geheißen, Fidesz würde ohne eigene Mitsprache suspendiert, aber freiwillig auf seine Stimmrechte verzichten und nicht an Parteiveranstaltungen teilnehmen.
"Der Vorschlag ist eine Brücke"
Während der Sitzung appellierte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer an Orban, auf den anfänglichen Vorschlag der EVP-Spitze einzugehen. "Der Vorschlag ist eine Brücke, um verloren gegangenes Vertrauen wieder aufzubauen", sagte Kramp-Karrenbauer nach Informationen aus Teilnehmerkreisen. "Dieses Einfrieren der Mitgliedschaft gibt Fidesz die Chance, die nach wie vor bestehenden Zweifel, ob die Partei das Verständnis für die gemeinsamen Werte der EVP teilt und auf dieser Grundlage eine zukünftige vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich ist, vollkommen auszuräumen", sagte sie nachz dem Beschluss.
Orban hatte nach Informationen aus Teilnehmerkreisen erklärt, er könne den Vorschlag der EVP-Spitze so, wie er auf dem Tisch liege, nicht akzeptieren. Vizeparteichef Gergely Gulyas hatte vor der Entscheidung für den Fall einer Suspendierung angekündigt: "In einem solchen Fall tritt die Partei unverzüglich aus der EVP aus." Doch hatte er eingeschränkt, würde die EVP die Frage des Ausschlusses von "drei Weisen" prüfen lassen, dann würde die ungarische Partei ihre Mitgliedschaft für die Dauer dieser Prüfung freiwillig ruhend stellen. Durch die Änderungen am Text hat er dieses Ziel erreicht. Auch das Gremium des Weisenrats unter Leitung Van Rompuys ist Teil des Vorschlags. Es soll beurteilen, ob Fidesz langfristig die Kriterien zur Mitgliedschaft in der EVP erfüllt.
Fraktionschef Manfred Weber sagte, der Ausschluss sei weiter eine Option. Das "ist nicht vom Tisch, das ist auf dem Tisch", sagte der CSU-Vizechef. Erste praktische Konsequenz der Suspendierung sei, dass Orban bereits am Donnerstag nicht mehr am EVP-Spitzentreffen vor dem EU-Gipfel teilnehmen dürfe. Fidesz habe auch keine Mitsprache mehr über die politische Richtung der EVP und könne keine Kandidaten mehr für politische Ämter in der Partei aufstellen.
Kritiker werfen Orban vor, in Ungarn seit Jahren Demokratie und Rechtsstaat auszuhöhlen, kritische Medien zum Schweigen zu bringen und die Opposition durch Repressalien wie willkürliche Geldstrafen zu schwächen. Orban geriet zudem zuletzt mit seiner Anti-Brüssel-Kampagne in die Kritik.
Dauerstreit über Werte und EU-Skepsis
Die Entscheidung war zwei Monate vor der Europawahl für die EVP heikel. Einerseits könnten die Fidesz-Stimmen nach der Wahl fehlen, wenn sich CSU-Vizechef Manfred Weber für die EVP um das Amt des EU-Kommissionspräsidenten bewerben will; dies gilt insbesondere, wenn sich Orban mit rechtspopulistischen Parteien wie der italienischen Lega oder der polnischen PiS zusammentut. Andererseits könnte der Dauerstreit über Werte und EU-Skepsis der Partei bei der Wahl schaden.
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Konkret ging es in der innerparteilichen Debatte zuletzt um Orbans Plakatkampagne gegen EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, Orbans Betitelung von Parteikollegen als "nützliche Idioten" und die Arbeitsbedingungen der Central European University in Budapest. Diese war im Dezember unter Druck der ungarischen Regierung nach 26 Jahren von Budapest nach Wien umgezogen.
- Nachrichtenagenturen dpa