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Migration: Sorgt Trump weltweit für mehr Flüchtlinge?


Trump stoppt Hilfsprogramme
Diese Entscheidung könnte für ihn zum Bumerang werden


Aktualisiert am 09.03.2025 - 07:46 UhrLesedauer: 5 Min.
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Donald Trump spricht im Oval Office: Der US-Präsident will USAID zerschlagen. (Quelle: Evan Vucci/ap)
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Donald Trump will die Entwicklungshilfebehörde USAID zerschlagen. Doch der Stopp der Hilfen könnte seinen Migrationsplänen schaden – und weltweit Krisen auslösen.

Obwohl er gern Gegenteiliges behauptet, läuft für Donald Trump in diesen Tagen längst nicht alles rund. Langjährige und zentrale Verbündete der Vereinigten Staaten wenden sich vom US-Präsidenten ab, weil er die Ukraine offenbar fallen lässt und für eine Annäherung an Russland Europas Sicherheit aufs Spiel setzt. Mexiko erringt einen Sieg in den Gesprächen über die von Trump angedrohten Strafzölle. Und vor dem von konservativen Richtern dominierten Supreme Court muss die US-Administration eine empfindliche Niederlage einstecken.

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Im Streit über Entwicklungshilfen in Milliardenhöhe hat das Oberste US-Gericht Trumps Regierung angewiesen, die von ihr eingefrorenen Gelder auszuzahlen. Der Supreme Court wies am Mittwoch einen Eilantrag der Regierung gegen die Entscheidung einer untergeordneten Instanz ab. Ein Bundesrichter hatte Mitte Februar verfügt, dass die ausgesetzten Zahlungen fortgesetzt werden müssen. Das Oberste Gericht bestätigte diese Entscheidung nun, verlangte vom unteren Gericht jedoch Klarstellungen.

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Der Hintergrund: Trumps Regierung hatte die Entwicklungshilfebehörde USAID weitgehend zerschlagen und die Reste dem Außenministerium angegliedert. 1.600 Stellen sollen gestrichen werden. Trump bezeichnete die Entwicklungshilfebehörde als "Haufen radikaler Verrückter", sein Berater Elon Musk sprach von USAID als "krimineller Organisation", die "durch den Häcksler gedreht" werden müsse. Insgesamt sollen rund zwei Milliarden US-Dollar an Zahlungsverpflichtungen eingefroren worden sein. Die Entscheidung könnte dem US-Präsidenten schon bald auf die Füße fallen.

Folgen von USAID-Stopp betreffen mehrere Kontinente

Denn USAID unterhielt bislang Gesundheits- und Nothilfeprogramme in rund 120 Ländern in aller Welt. Die Vereinigten Staaten sind weltweit das größte Geberland im Bereich der Entwicklungshilfe. Das jährliche Budget von USAID beträgt umgerechnet etwa 39,5 Milliarden Euro. Die Gesundheit und Versorgung mit Lebensmitteln von Millionen von Menschen vor allem in Afrika, Asien und Lateinamerika hängen von den Zahlungen aus den USA ab. Bleiben die Hilfsgelder aus, droht eine weltweite Flüchtlingsbewegung – auch in Richtung USA.

2023 überwies USAID laut Regierungsangaben umgerechnet knapp 370 Millionen Euro nach Kolumbien. Damit unterstützte Washington Kolumbianer in Krisengebieten, in denen die Regierung noch immer militärisch gegen Guerillas, Drogenbanden und Paramilitärs vorgeht. Erst im Januar trieben heftige Gefechte in der Grenzregion zu Venezuela Zehntausende Zivilisten in die Flucht.

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Quelle: t-online

Aus dem Nachbarland sind wegen der prekären wirtschaftlichen Lage und Menschenrechtsverstößen rund zwei Millionen Menschen nach Kolumbien geflohen. Die US-Millionen kamen auch bei diesen Geflüchteten an, unterstützten diese und stellten letztlich ebenso sicher, dass sich weniger Menschen weiter Richtung Norden und in die USA durchschlagen. Auch in Peru und Brasilien sind Programme zur Unterstützung der geflüchteten Venezolaner vom USAID-Stopp betroffen.

Trumps Migrationspläne bekommen Risse

Bis vergangenen Mai haben laut Daten des UN-Flüchtlingskommissariats UNHCR rund 7,8 Millionen Venezolaner ihr Land verlassen. 85 Prozent von ihnen ließen sich demnach in Lateinamerika und der Karibik nieder. Seitdem dürften noch mehr Menschen Venezuela den Rücken gekehrt haben, denn nach den Scheinwahlen um die Präsidentschaft ist das Regime von Nicolás Maduro in Venezuela hart gegen die Opposition vorgegangen. Bleibt die Hilfe in den angrenzenden Ländern aus, weil nötige Gelder fehlen, könnten die Venezolaner weiterziehen. Die USA liegen trotz der restriktiven Migrationspolitik unter Trump als Ziel für Geflüchtete nahe.

Ausgerechnet Trumps Pläne, Millionen von Menschen aus den USA abzuschieben, bekommen nun Risse. Trump verließ sich dabei auf Nationen, die zunächst willig ihre Hilfe anboten. Die USA schoben Hunderte Migranten aus Asien, Afrika und dem Nahen Osten, die nicht einfach in ihre Heimatländer zurückgeführt werden konnten, kurzerhand nach Panama und Costa Rica ab, wo die Behörden sie in Massenunterkünften einsperrten.

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Nach Klagen von Menschenrechtsanwälten lässt Panama nun mehr als 100 von ihnen frei. Asylanträge will das Land einem Bericht der "New York Times" zufolge aber nicht akzeptieren. Die Migranten müssen sich also notgedrungen ein anderes Zielland suchen. Ähnliche Probleme gibt es in Asien, wo USAID etwa in Kambodscha, Laos und Vietnam Programme zur Räumung von Landminen finanzierte. Allein in Kambodscha starben in den vergangenen 30 Jahren 65.000 Menschen durch Sprengsätze, die aus bewaffneten Konflikten aus den 1960er- bis 1990er-Jahren stammen.

"Dies wird zweifellos zu vermeidbaren Todesfällen führen"

Die Kürzungen von US-Hilfen betrifft weltweit zudem Gesundheitsprogramme, besonders in Afrika. So setzte USAID beispielsweise in Südafrika Programme zur Bekämpfung von HIV und AIDS um, das Land ist auch dadurch zu einer führenden Nation bei der Erforschung der Viruserkrankung geworden. Dieser Kampf könnte nun einen schweren Rückschlag erleiden. Die Geschäftsführerin der südafrikanischen Desmond Tutu HIV Foundation, Linda-Gail Bekker, warnte bereits vor 500.000 Toten in zehn Jahren.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht vor allem wegen ausbleibender Finanzierung für Tuberkulose-Programme weltweit Millionen von Menschenleben in Gefahr: "Ohne sofortiges Handeln ist der schwer erarbeitete Fortschritt im Kampf gegen Tuberkulose in Gefahr", erklärte die Leiterin des WHO-Tuberkulose-Programms, Tereza Kasaeva, am Mittwoch. Allein im vergangenen Jahr seien mit dem Programm rund 3,65 Millionen Todesfälle durch Tuberkulose verhindert worden.

Auch aus den USA selbst kommen mahnende Stimmen: Ein hochrangiger USAID-Beamter warnte vor weltweiten Todesfällen nach dem Stopp der Hilfsgelder. Zu den von der Trump-Regierung blockierten Programmen gehörten auch Bemühungen, einen tödlichen Ebola-Ausbruch in Uganda einzudämmen, erklärte der Beamte Nicholas Enrich, in einem siebenseitigen Dokument, das Reuters vorliegt.

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"Dies wird zweifellos zu vermeidbaren Todesfällen, Destabilisierung und massiven Bedrohungen der nationalen Sicherheit führen", schrieb Enrich in dem Memo, das auf den 28. Februar datiert ist. Es wurde per E-Mail an die Mitarbeiter der USAID-Abteilung für globale Gesundheit geschickt.

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Quelle: t-online

China könnte einspringen

Prekäre Verhältnisse für Migranten, schlechte Gesundheitsversorgung in bedürftigen Ländern, hinzu kommen die Folgen des Klimawandels weltweit – mit dem Stopp der Hilfszahlungen kurbelt Donald Trump diese Entwicklungen noch weiter an. Darin sind sich Experten einig. Die Migrationsexpertin Judith Kohlenberger sagte der "Bild"-Zeitung: "All das trägt nicht dazu bei, dass stabile Verhältnisse geschaffen werden, damit Menschen in ihrem Heimatland bleiben können."

Auf eine weitere mögliche Folge, die Trump nicht schmecken dürfte, weist die ehemalige Weltbank-Vizepräsidentin Frannie Léautier im Interview mit dem "Spiegel" hin: Länder, die nun kein oder deutlich weniger Geld aus den USA erhielten, müssten sich nach neuen Geldgebern umschauen. China hat sich schon bereit erklärt, einspringen zu wollen – und könnte sich so weltweit noch mehr Einfluss verschaffen. Viele afrikanische Länder hätten ohnehin schon den Blick nach China gerichtet – "mit Erfolg", wie Léautier sagt. Denn China sei mittlerweile etwa der größte Investor in Infrastruktur auf dem Kontinent.

Ob China eine weltweite Flüchtlingsbewegung verhindern kann und will, ist unklar. Kurzfristig lassen sich US-Hilfen nicht überall einfach so ersetzen, dafür war das Land zuletzt zu sehr engagiert und in internationale Programme involviert. Auch wenn der US-amerikanische Supreme Court der Trump-Regierung nun einen Dämpfer verpasst hat: Die Folgen der Zerschlagung von USAID sind längst nicht vollständig absehbar.

Verwendete Quellen

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