Formel mit Rechenfehler Experte widerspricht Trump: "Er versteht mich sehr falsch"
Donald Trump begründet seine Strafzölle mit einer bizarren Formel. Prompt erhält er Widerspruch von einem renommierten US-Wirtschaftsforscher.
Donald Trumps Strafzölle erschüttern die Börsen. Der US-Präsident beruft sich bei seinem Vorgehen auf eine wissenschaftliche Studie. Doch nun widerspricht einer der Autoren: Brent Neiman.
Er lehrt Ökonomie an der Universität Chicago. Auf seiner Homepage weist Neiman Makroökonomie als sein Spezialgebiet aus. 2021 veröffentlichte der Wirtschaftswissenschaftler gemeinsam mit drei Kollegen eine Studie zu den Zöllen aus Trumps erster Amtszeit: "Tariff Pass-Through at the Border and at the Store: Evidence from US Trade Policy" – frei übersetzt: Zoll-Aufschlag an der Grenze und im Laden: Erkenntnisse aus der US-Handelspolitik.
Trumps Zollformel hat einen Rechenfehler
Das Papier ist seit Trumps Ankündigung der Strafzölle weithin bekannt. Doch bei seiner Auslegung ist wohl etwas schiefgelaufen. Neiman jedenfalls sagt über die Interpretation des US-Präsidenten: "Er versteht mich falsch. Sehr falsch."
Schon zuvor wiesen Experten darauf hin, dass die der Berechnung der Zölle zugrundeliegende Formel fehlerhaft ist. Mehr dazu lesen Sie hier.
In einem Beitrag für die "New York Times" weist Neiman Trump und seinem Team nun mehrere Fehler nach. t-online gibt einen Überblick:
- Trumps länderspezifische Defizite: Deutschland exportiert mehr Waren in die USA als es aus den USA bezieht. Ökonomen bezeichnen diesen Überschuss als Handelsdefizit. Trump berechnet daraus spezifische Strafzölle mit einzelnen Ländern. Sein Ziel: Das Ungleichgewicht über höhere Zolltarife auszugleichen. Neiman sieht darin den "größten Fehler" in Trumps Überlegungen, denn Handelsüberschüsse könnten aus unterschiedlichen Gründen entstehen. "US-Bürger werden immer mehr Geld für Kleidung ausgeben, die in Sri Lanka hergestellt wurde, als die Bevölkerung in Sri Lanka für Medikamente aus den USA ausgibt", notiert Neiman. Sein Fazit: Die bloßen Defizit-Zahlen würden noch nichts aussagen über unfairen Handel. Zölle allein würden am Ungleichgewicht zwischen den USA und Sri Lanka wenig ändern. Neiman zitiert Wirtschafts-Nobelpreisträger Robert Solow (1924–2023), der erklärte: "Ich habe eine chronische Negativbilanz mit meinem Friseur, der absolut nichts von mir abkauft."
- Trumps Strafzoll-Logik: Trump glaube, mit seinen Tarifen die Ungleichgewichte im Handel der USA mit mehreren Ländern ausgleichen zu können. Das sei ein wenig weltfremd, findet Neiman. Strafzölle auf Autos aus Japan würden zwar die Einfuhr von Wagen aus Asien verringern, doch dafür würde dann die US-Nachfrage für Autos aus Mexiko steigen. Für die USA sei auf diese Weise wenig zu gewinnen.
- Trumps Zoll-Formel: Trump und sein Team hätten mit wissenschaftlichen Studien und Zahlen hantiert und daraus die Zoll-Formel errechnet. Dabei beruft sich das Weiße Haus auf Neimans Studie. Doch zieht Trumps Team die falsche Stelle heran. Das Weiße Haus beruft sich nicht auf die Berechnungen zu den Auswirkungen von Zöllen auf die Preisentwicklung insgesamt, sondern lediglich auf eine Teil-Berechnung zu den Preisauswirkungen auf wenige Einzelhandelsgeschäfte. Dadurch geraten die Zölle ungefähr viermal höher, als wenn die Berechnung auf realistischen Werten beruhen würde. Das Vorgehen bei der Erstellung der Formel erschließt sich Neiman nicht. "Ist sie verwandt mit unserer Studie? Ich weiß es nicht", klagt der Forscher.
Brent Neiman hat die Zoll-Studie mit drei Kollegen verfasst: Alberto Cavallo, Gita Gopinath und Jenny Tang. Nach dem durch Trumps Zölle ausgelösten Chaos an den Weltbörsen und den zu befürchtenden Einbußen im Welthandel lehnt Neiman jegliche Verantwortung für Trumps Politik der Strafzölle ab.
Sein Fazit: "Ich würde es sehr begrüßen, wenn diese Politik und Methodik gänzlich abgeschafft würden. Andernfalls sollte die Regierung die Verantwortungsrate wenigstens durch vier (beteiligte Forscher) teilen."
- www.nytimes.com: "The Trump White House Cited My Research to Justify Tariffs. It Got It All Wrong."