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Trumps Zollwende: Der Präsident hat sich verzockt


Trumps plötzliche Zoll-Wende
Der Präsident hat sich verzockt

  • Bastian Brauns
MeinungVon Bastian Brauns

Aktualisiert am 09.04.2025Lesedauer: 4 Min.
US-Präsident Donald Trump spricht vor dem Weißen Haus: Zölle rauf, Zölle runter.Vergrößern des Bildes
US-Präsident Donald Trump spricht vor dem Weißen Haus: Zölle rauf, Zölle runter. (Quelle: Nathan Howard)
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Donald Trump wollte sich mit der Weltwirtschaft anlegen und ist krachend gescheitert. Nach Tagen des Finanzchaos muss der US-Präsident aufgeben. Was nun als Machtdemonstration verkauft wird, ist in Wahrheit Größenwahn.

Bastian Brauns berichtet aus Washington

Donald Trump glaubte, er könne die Welt und die Gesetze der Wirtschaft mit einem drohenden Handelskrieg in die Knie zwingen. Stattdessen aber brachte er die globale und auch die amerikanische Wirtschaft so sehr ins Wanken, dass er jetzt zurückrudern musste. Gerade noch rechtzeitig, bevor alles zusammenbricht.

Die heutige Ankündigung des US-Präsidenten, plötzlich doch eine 90-tägige Zollpause für die meisten Länder (mit Ausnahme Chinas) auszurufen, wird vom Weißen Haus und Trumps Finanzminister Scott Bessent erwartbar als Zeichen der Stärke verkauft. In Wahrheit aber ist es ein dramatischer Rückzug nach Tagen des finanziellen Chaos und einer Geldvernichtung nie dagewesenen Ausmaßes – ausgelöst durch den US-Präsidenten selbst.

Trump hat sich verzockt. Und verloren, auch wenn er und seine Unterstützer das natürlich weit von sich weisen und die Geschichte vom großen Dealmaker weiterspinnen. Dabei muss man sich nur einmal anschauen, was in den vergangenen Tagen geschehen ist:

Die Börsen der Welt stürzten ab. Globale Indizes rauschten nach unten. Investoren flohen in sichere Geldanlagen, weg aus Amerika. Eine brisante Entwicklung könnte Trump schließlich zum Einlenken gebracht haben: Die langfristigen Zinsen stiegen trotz fallender Aktienkurse. Das war ein ernstes, böses Zeichen für eine große Gefahr. Gemäß den ganz banalen Risiko-Vermeidungs-Regeln schienen die internationalen Finanzmärkte die USA zunehmend wie einen instabilen Schwellenmarkt zu behandeln – politisch unberechenbar, finanzpolitisch verantwortungslos, wirtschaftlich riskant.

Diese Entwicklung war historisch. Und kein Coronavirus, kein Krieg und keine sonstigen Verwerfungen waren dafür verantwortlich. Dieses riskante Beben war vollkommen selbst verursacht von Donald Trump. Die Auswirkungen wären dramatisch gewesen. Die USA sind stark verschuldet, laufen auf ein weiterhin wachsendes Haushaltsdefizit zu und sind auf ausländische Käufer ihrer Staatsanleihen angewiesen.

Der Präsident pokert mit der Weltwirtschaft

Wie sehr Trump diese ernsten Folgen seiner Politik offensichtlich als reines Spiel begreift, in welchem er zugleich als Schiedsrichter glaubt, auftreten zu können, macht er selbst aktuell wieder deutlich. Nur vier Stunden vor seiner heutigen Ankündigung postete er auf Truth Social: "JETZT IST DER PERFEKTE ZEITPUNKT ZUM KAUFEN!!! DJT"

Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Der Präsident der Vereinigten Staaten, verantwortlich für die aktuelle Marktkrise, ruft zum Kauf von Aktien auf – und vier Stunden später kündigt er eine politische Entscheidung an, die die Märkte wieder nach oben schießen lässt. Das ist keine Wirtschaftspolitik. Das riecht nach staatlich gefördertem Insiderhandel.

Trump spielt nicht nur mit dem Geld der Anleger – er spielt mit der Stabilität der Weltwirtschaft. Sein Motto: Nur wer an seine vermeintlichen Orakel-Kräfte glaubt, kann mit seinen erratischen Entscheidungen und den Kursbewegungen, die sie auslösen, Geld verdienen. Das ist kein Kapitalismus mehr. Das ist Ausnutzung politischer Macht zur persönlichen Bereicherung. Das alles gepaart mit Größenwahn.

Doch Trumps Team und das Weiße Haus verbreiten seine Version: "Die Welt hat um Verhandlungen gebettelt", deshalb die Pause. Nicht wegen des Börsencrashs. Nicht wegen der sich auflösenden Marktstabilität. Nicht wegen panischer Anrufe bei US-Finanzbehörden. Nein – laut Trump war es seine reine Machtdemonstration.

Dabei ist genau das Gegenteil der Fall. Heute wurde eines klar: Trump kann kurzfristig vielleicht die Märkte kontrollieren. Doch am Ende kontrollieren sie ihn. Als das Kapital begann, aus den USA zu fliehen, zuckte Trump zum ersten Mal.

Das muss die EU jetzt tun

Darum war es gut, abzuwarten. Die EU hat nicht sofort und auch nicht massiv zurückgeschlagen, als Trump seine globalen Zölle verkündete. Kein Vergeltungsschlag, keine Eskalation. Nun war Trump gezwungen, zurückzurudern – zumindest teilweise. Der US-Präsident bekam eine Lektion erteilt, ob er daraus gelernt hat, ist anzuzweifeln. Darum aber müssen die Europäer weiterlernen. Denn Trump bleibt ein Risiko.

Die USA bleiben aktuell ein Unsicherheitsfaktor für die Weltwirtschaft und für das Vertrauen zwischen Staaten. Die EU sollte darum die kommenden 90 Tage für zwei Dinge nutzen:

Erstens Verhandeln. Vielleicht gibt es nun doch Raum für ein transatlantisches Abkommen. Eine späte Version des nie verwirklichten TTIP wäre dabei die wohl größte Überraschung, aber – unabhängig von Trump – im beiderseitigen Interesse.

Zweitens Diversifizieren: Die EU darf sich nicht erneut abhängig machen. Handel mit den USA ja, aber gleichzeitig stärkere Partnerschaften mit anderen Weltregionen aufbauen. Zu groß ist das Risiko, wenn ein einzelner Mann wie Donald Trump mit einer egozentrischen und erratischen Agenda an der Macht ist.

Das eigentliche Ziel wird erkennbar

Wie sehr der US-Präsident ein Risiko bleibt, ist bei seiner Ankündigung zu erkennen. Von Trumps Zollpause ausgenommen ist nämlich der erklärte Erzfeind China. Der Präsident kündigte an, dass er chinesische Importe künftig sogar mit einem Zoll von 125 Prozent belegen will. Trumps Begründung ist "Mangel an Respekt" vonseiten Chinas, das seinerseits mit hohen Gegenzöllen für die USA drohte.

Zwischen den zwei Wirtschaftsgiganten USA und China droht ein nie dagewesener Handelskrieg. Die Auswirkungen werden weltweit zu spüren sein. Lieferketten können einreißen, Investitionen bleiben wegen der Unsicherheit gefährdet, das globale Wachstum könnte sich stark verlangsamen. Und ob die USA diesen Handelskrieg gewinnen können, ist mehr als fraglich.

Man darf jetzt diese temporäre Ruhe aus Washington nicht mit neu gewonnener Stabilität verwechseln. Auch auf den nächsten Einschlag muss man sich weiterhin vorbereiten. Heute legt Trump eine Pause ein. Aber was geschieht morgen? Die Wirtschafts- und Finanzpolitik des US-Präsidenten bleibt ein gemeingefährliches Experiment.

Verwendete Quellen
  • Eigene Überlegungen
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