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Putins Verbündete vor Sieg in Georgien – Showdown in Tiflis


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MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 19.12.2024 - 07:06 UhrLesedauer: 6 Min.
Barrikade von Demonstranten in Tiflis.Vergrößern des Bildes
Barrikade von Demonstranten in Tiflis. (Quelle: Zurab Tsertsvadze/AP/dpa)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

heute wird Präsident Putin ein Ritual der Macht zelebrieren: seine Jahrespressekonferenz. Journalisten stellen dem Potentaten handverlesene Fragen. Anrufer aus dem Volk bitten den Herrscher um seine Huld, damit ein Wort von ihm Erlösung von den Alltagssorgen bringe. Geschlagene vier Stunden dauerte die TV-Audienz beim letzten Mal. Vielleicht werden ihm von zu Hause aus zwei Wahl-Moskauer zuschauen, die ihre Sorgen nicht per Telefon vortragen müssen: der Ex-Präsident der Ukraine, Wiktor Janukowytsch, der sich 2014 vor den Revolutionären in Kiew nach Russland rettete, und Baschar al-Assad, Neumitglied im Klub der Exilanten, der es kürzlich mit seinem Abflug aus Syrien ähnlich eilig hatte.

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Wenn Putin sich nicht gerade vor der Presse feiern lässt, wird er sich in diesen Tagen fragen, ob der Wiktor und der Baschar nicht bald Gesellschaft bekommen. Denn es brodelt gewaltig in einer früheren Sowjetrepublik – eine, die Putin so sehr am Herzen liegt, dass er schon einmal seine Panzer auf sie losgelassen hat: In Georgien kommen die Karten auf den Tisch. Der Kreml hat lange darauf gehofft, dort ein willfähriges Regime an der Macht zu sehen, das die demokratischen Institutionen aushöhlt und sie sich schließlich unterwirft. Jetzt stehen Putins Verbündete kurz vor dem Ziel – oder sie verlieren alles.

Die Regierungspartei Georgischer Traum ist gegen große Teile der Zivilgesellschaft zum Showdown angetreten. Die Hauptstadt Tiflis kommt seitdem nicht mehr zur Ruhe. Nach der Parlamentswahl im November waren Menschenmassen auf der Straße, feiern wollten sie aber nicht: Wahlfälschung brachte den Georgischen Traum über die Ziellinie und die Menschen auf die Barrikaden. Als Nächstes legte die Regierung die Bemühungen um einen Beitritt zur EU auf Eis und ging brutal gegen die folgenden Massenproteste vor. Demonstranten wurden niedergeknüppelt, Aktivisten zusammengeschlagen, doch die Leute kamen wieder. Nirgendwo in der EU legen Bürger sich so für das europäische Projekt ins Zeug wie in Georgien.

Die Protestierenden treibt nicht nur die Angst um ihre Zukunft als Teil Europas an, sondern auch das Entsetzen darüber, was aus ihrem Land geworden ist. Denn der Georgische Traum zieht die Daumenschrauben an. Was Premierminister Kobachidse dabei auffährt, kommt einem bekannt vor: zum Beispiel ein Gesetz, das unbequeme Nichtregierungsorganisationen, die auf Gelder der EU angewiesen sind, als "Agenten ausländischer Einflussnahme" abstempelt und an die Kette legt. Die Blaupause dafür kommt aus Moskau, wo mit derselben Masche oppositionelle Stimmen mundtot gemacht worden sind.

Es sind nicht nur Bürger und Regierung, die in Georgien gegeneinander antreten, sondern auch internationale Netzwerke. Deren Namen klingen vertraut und beunruhigend zugleich. EU-Sanktionen gegen Regierungsvertreter, die Übergriffe auf Oppositionelle verantworten, sind von Ungarn und der Slowakei per Veto verhindert worden. Deren Premiers Viktor Orbán und Robert Fico, beide Populisten und Putin-Verbündete, erledigen den Job in Brüssel. Freunde hat der Georgische Traum aber auch in China, der Türkei und dem Iran. Zu Russland hingegen hat Georgien die diplomatischen Beziehungen 2008 abgebrochen, nachdem Putin seine Panzer losgeschickt und einer georgischen Region die angebliche "Unabhängigkeit" beschert hatte – so wie später dem Donbass. Nun ist sie Moskaus Satellit.

Der offizielle Draht nach Moskau wird aber gar nicht gebraucht. Hinter den Kulissen lässt es sich ungestörter dealen. Die graue Eminenz des Georgischen Traums, der Milliardär Bidsina Iwanischwili, hat für seine politischen Manöver eine Kriegskasse zur Verfügung, die in Georgien ihresgleichen sucht. Zu Reichtum gekommen ist er in den wilden, mafiösen, korrupten Neunzigerjahren in Russland. Dort ist er bestens vernetzt. Seine Residenz aus Glas und Stahl, die hoch über Tiflis thront, sieht aus wie das Hauptquartier eines James-Bond-Bösewichts, ätzen Kritiker. Oder wie ein Flughafenterminal. Einen Heliport gibt es dort jedenfalls. Ein Haifischbecken auch. Die Fäden der Macht in Georgien laufen hier zusammen.

Der zurückgezogene Oligarch begab sich 2012 ins Rampenlicht. Er stampfte den Georgischen Traum aus dem Boden, ließ sich vorübergehend zum Premierminister wählen und delegierte den Job, das Land zu lenken, ein Jahr später an seine Entourage. Unter seiner diskreten Leitung setzte sich zunächst Georgiens West-Kurs fort. Mittlerweile allerdings zieht es Iwanischwili wieder in Richtung Moskau, und die Nation soll mit. Nur ist Russland in der Bevölkerung nicht wohlgelitten, weil man eine Invasion und den Verlust ganzer Landesteile nicht so leicht vergisst. Putins Truppen rückten in der Krise 2008 bis auf 40 Kilometer an Tiflis heran. Der Weg zurück in den russischen Orbit, den der Oligarch und sein Gefolge eingeschlagen haben, ist deshalb eine heikle Angelegenheit. Brennende Barrikaden, eine Maidan-Revolution wie in der Ukraine und hastig abgereiste Russlandfreunde möchte man in Iwanischwilis Glaspalast unbedingt vermeiden. Und im Kreml auch.

An die Spitze gesetzt hat sich nun eine Seniorin: Die 72-jährige Dame ist Präsidentin Georgiens, ursprünglich von Iwanischwilis Gnaden. Doch längst ist aus ihr eine scharfe Kritikerin der autoritären Bestrebungen des Georgischen Traums geworden. Ihre Amtszeit ist fast zu Ende: Am 29. Dezember soll sie ihrem Nachfolger weichen, einem linientreuen Hardliner, den das Parlament trotz Boykott der Opposition bereits gekürt hat. Doch Salome Surabischwili verweist auf den Betrug bei der Parlamentswahl und will nicht abtreten. Jetzt tickt die Uhr, und die Anspannung steigt: Georgien steuert auf eine Entscheidung zu. Putins Großmachtambitionen könnten einen harten Dämpfer bekommen. Oder neues Futter.

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Ohrenschmaus


Urteil in Avignon

Seit Anfang September läuft der Mammutprozess zu einem monströsen Verbrechen: Über beinahe zehn Jahre hinweg wurde Gisèle Pélicot von ihrem damaligen Ehemann Dominique Pélicot im südfranzösischen Ort Mazan immer wieder mit Schlafmitteln betäubt und Dutzenden Männern zur Vergewaltigung angeboten. Die heute 71-Jährige geht davon aus, etwa 200 Mal missbraucht worden zu sein. Nicht alle Täter konnten ermittelt werden, doch 50 Beschuldigte mussten sich neben dem Hauptangeklagten in Avignon vor Gericht verantworten.

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Letzte Ampelgesetze

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Möchten Sie an Weihnachten Kartoffelsalat mit Würstchen verspeisen? Dann sollten Sie diese Auswertung meines Kollegen Florian Schmidt kennen.


Zum Schluss

Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Tag. Morgen kommt der Tagesanbruch von Johannes Bebermeier, am Samstag lesen Sie wieder von mir.

Herzliche Grüße

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

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Mit Material von dpa.

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