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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Hygiene Die Klobrille ist nicht die schlimmste Keimschleuder
Klopapier auf dem Boden, ein beißender Geruch in der Luft und mittendrin eine Toilette: Dass Frauen sich vor öffentlichen Toiletten ekeln und vermeiden, sich auf die Klobrille zu setzen, wundert nicht. Doch so schlimm wie gedacht, sind Klobrillen gar nicht, sagt ein Hygiene-Experte und verrät, wo die Keime lauern.
Hände waschen auf öffentlichen Toiletten am wichtigsten
Die Gefahr, dass man sich mit Geschlechtskrankheiten, Pilzen, Filzläusen oder anderen Infektion ansteckt, wenn man sich auf eine Klobrille setzt, ist gleich Null – "sofern die Hautbarriere intakt ist", erklärt Dr. Ernst Tabori, ärztlicher Direktor des Deutschen Beratungszentrums für Hygiene. Da nicht die Intimregion selbst, sondern nur bestimmte Hautbereiche an Oberschenkeln und Gesäß mit der Klobrille in Berührung kommen, bestehe keine Gefahr.
Besser kein Klopapier auf die Klobrille
Viele Frauen fühlen sich sicherer, wenn sie auf die Klobrille Klopapier legen und sich dann darauf setzen. Psychologisch gesehen, ist dies eine ganz natürliche Handlung, um eine Schutzbarriere zwischen eigener Haut und Keimen zu errichten. Doch dies hat seine Tücken: "Klopapier auf die Brille zu legen, ist nicht notwendig, da gesunde Haut die Keime abwehren kann. Wer Papier auslegt, hat ein größeres Risiko, mit den Händen in Berührung mit der Klobrille zu kommen - und das ist bedeutsamer", erklärt Tabori. Die Hände sind der Hauptübertragungsfaktor für die Mehrzahl an Infektionen. Das Gerücht, dass Keime vom Oberschenkel in die Intimregion wandern können, stimmt übrigens nicht.
Händewaschen ist das A und O
Nicht die Klobrille ist die Keimschleuder, viel schlimmer sind Klospülung und Türklinke: "Wenn Sie auf einer öffentlichen Toilette eine Türklinke anfassen und sich anschließend ein Brötchen kaufen, bekommen Sie die Fäkalkeime der Toilette via Hand direkt in den Mund. Unsere Schleimhäute von Mund, Nase und Augen, aber auch kleine Wunden sind ideale Eintrittspforten in unseren Körper. Erreger von Magen-Darm-Infektionen kommen meist über den Mund und die Nahrung," so der Facharzt für Hygiene.
Diese Kette kann man nur mit Wasser und Seife unterbrechen und Bakterien und Viren, beispielsweise Noroviren oder Rotaviren, einfach wegspülen. Wasser alleine reiche aber nicht aus, um die Keime zu lösen.
Antibakterielle Handgele sind gute Nothelfer
Ist kein Wasser zur Hand, eignen sich antibakterielle Handdesinfektionsmittel zur Keimtötung. "Die meisten Gele enthalten Alkohol. Dieser hilft gut gegen Bakterien, Hefepilze und eine Reihe von Viren ", weiß Tabori. Auf jedem Produkt steht, welche Keimgruppe es abtötet.
Küche ist Keimschleuder Nummer eins
Wesentlich kritischer als die Klobrille ist unsere eigene Küche. Besonders im Kühlschrank lauern eine Menge Keime. "Untersuchungen haben gezeigt, dass besonders an der Rückwand, dort wo das Tauwasser abfließt, viele Keime sind. Auch in kleinen Nischen vermehren sie sich rasant", erklärt der Experte und empfiehlt, den Kühlschrank regelmäßig zu reinigen. Bis zu elf Millionen Keime seien pro Quadratzentimeter zu finden.
Spülschwämme sind Keimparadise
Die meisten Keime sind nicht gefährlich für unsere Gesundheit. Viele brauchen wir sogar: "Auf uns wohnen zehn Mal mehr Bakterien als wir Körperzellen haben. Wir bestehen also mehr aus Bakterien als aus uns selbst", sagt Tabori. Doch einige wenige Keime können uns krank machen. Besonders in der Küche muss daher auf Hygiene geachtet werden. So besteht bei rohen Eiern ein erhöhtes Salmonellen-Risiko und Hackfleisch verkeimt sehr rasch.
Vor Spülschwämmen warnt Tabori besonders. Bis zu vier Millionen Keime lauern dort allein in einem Milliliter Auswringwasser. Dagegen sei die Toilette geradezu dünn besiedelt. Dort würden die Keime durch das regelmäßige Spülen zum größten Teil abgetragen. Im Schwamm finden sie dagegen ideale Wachstumsbedingungen sowie Nahrung und können sich ungehindert vermehren. Schwämme sollten regelmäßig ausgetauscht werden. Das gilt auch für Geschirrhandtücher.
Antibakterielle Tücher für Handys nicht notwendig
Meldungen über gefährliche Keime auf Handys und in Frauenhandtaschen weist Tabori zurück: "Auf dem eigenen Telefon sind in der Regel auch nur die eigenen Keime, da muss man sich keine Sorgen machen. Zur Reinigung reicht es völlig aus, wenn man mit einem feuchten Tuch oder Brillenputztuch darüber wischt. Und solange keine Essensreste in der Tasche schimmeln, geht von ihr ebenfalls kein Risiko für unsere Gesundheit aus."
Hygiene-Experten beantworten Fragen
Wer zum Thema Hygiene weitere Fragen hat, dem empfiehlt Tabori den Fachkongress des Deutschen Beratungszentrums für Hygiene: "Im Rahmen der Veranstaltung für Hygiene-Experten vom 16. bis 18. Oktober in Freiburg haben auch Verbraucher die Möglichkeit, eigene Fragen beantworten zu lassen. Der Eintritt ist frei.“ (Mehr Informationen unter www.hygienekongress.de)
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.