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Milliardär und Tesla-Boss Elon Musk: Der Demagoge untergräbt Demokratie


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Tagesanbruch
Der Demagoge schlägt zu

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 15.08.2024Lesedauer: 6 Min.
Elon Musk: Der Tesla-Boss führt Böses im Schilde.Vergrößern des Bildes
Elon Musk: Der Tesla-Boss führt Böses im Schilde. (Quelle: Gonzalo Fuentes/REUTERS)
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Ein Bürgerkrieg ist nicht zu vermeiden: Mit so einem Satz startet man gleich ganz anders in den Tag als sonst. Auf alle Fälle ist man sofort wach. Zugleich wirft er Fragen auf. Zum Beispiel die, ob der Autor dieser markigen Zeilen noch alle Tassen im Schrank hat. Ich bin mir da auch nicht so sicher. Zum Glück stammt der Satz, der den Bürgerkrieg herbeiredet, nicht von mir.

Bevor ich Ihnen verrate, wer den Quatsch verzapft hat, lohnt es sich, darüber nachzudenken, aus welcher Ecke solche Sprüche normalerweise kommen. Gerne beschworen wird der bevorstehende gesellschaftliche Showdown von denen, die sich den Umsturz ganz doll wünschen – und in diesen Zeiten findet man die revolutionären Knallköpfe vor allem ganz weit rechts. Also dort, wo man von der Unterdrückung der Meinungsfreiheit schwadroniert, sobald man nicht ungestört jede Hetze und jedes Lügenmärchen in die Welt hinausposaunen kann. Wo man "die Medien" für eine Propagandamaschine hält und die Demokratie für eine Diktatur, weil die Mehrheit anderer Meinung ist als man selbst. Wo "das Volk" sich irgendwann erheben werde und lauter so Schmarrn.

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Falls vor Ihrem geistigen Auge nun ein Schlägertyp erscheint, der tagsüber die Reichskriegsflagge schwenkt und abends sein Elend im Suff ertränkt, muss ich das Klischee allerdings beiseitewischen. Denn man kann unfassbar reich, megaerfolgreich, berühmt und einflussreich sein, zum abendlichen Saufen vor lauter Arbeit keine Minute Zeit haben, auf Augenhöhe mit Regierungschefs kommunizieren und mit Milliardensummen jonglieren, während man in den wenigen verbliebenen Momenten dieselben Märchen von Umsturz und Unterdrückung verbreitet wie die Typen mit den Nazi-Fähnchen.

Elon Musk, der reichste Mensch der Welt, ist ein Typ, der sich wie besessen auf seine gewaltigen Projekte stürzt. Den Markt für Elektroautos revolutionieren, bevor die anderen auch nur in den Startlöchern stehen: Los geht's! Menschen und Material erstmals mit wiederverwendbaren Raketen in den Weltraum befördern: Läuft! Bei Künstlicher Intelligenz mitmischen, na klar! Computerchips in menschliche Gehirne pflanzen, warum nicht? Tausende Kleinstsatelliten um die Erde flitzen lassen, easy! Geht nicht gibt's nicht beim Elon.

Die Obsession von Mister Musk beschränkt sich allerdings nicht nur aufs Geschäft. Seit der Mega-Multi-Milliardär ein bisschen tiefer ins Portemonnaie gegriffen und sich Twitter gekauft hat, betätigt er sich zunehmend politisch. Als Herr über ein soziales Netzwerk von solch enormer Reichweite braucht er dafür in keine Partei einzutreten. Seine Vorgaben im digitalen Universum entfalten ihre Wirkung auch so in der echten Welt.

Wer wegen Hass und Hetze zuvor von der Plattform verbannt worden war, durfte wieder zurück. Mitarbeiter, die eigentlich Inhalte moderieren und bei Bedarf entfernen sollen, wurden rausgeworfen. Nach Ansicht von Herrn Musk bleibt am besten alles abrufbar, was gepostet wird. Er bezeichnet sich als Anhänger des "absoluten Rechts auf freie Meinungsäußerung". Die gilt auch für die Verlautbarungen berufsmäßiger Hetzer, deren Geschäftsmodell die Verbreitung von Verschwörungsmythen und Aufrufe zur Gewalt einschließt. Antisemitismus, Desinformation, Drohungen, Online-Mobbing auf der Plattform, die jetzt X heißt, sind demzufolge nur Worte, und Worte sind okay.

Dass der Bürgerkrieg kommt, sind auch bloß Worte. Der fantasiebegabte Elon hat sie anlässlich der jüngsten Krawalle in Großbritannien von sich gegeben, wo rechte Hooligans sich mit der Polizei Straßenschlachten geliefert haben – schlimm genug, aber vom Bürgerkrieg weit entfernt. Der oberste Twitterer heizte die Ausschreitungen an, betätigte sich als Verstärker der schlimmsten Lügen und übelsten Gestalten, die tief im rechtsradikalen Spektrum verwurzelt sind. Wie sich herausstellt, ist der Weg vom superreichen Überflieger zu den Schlägertypen, die das rechtsextreme Klischee bedienen, nicht weit.

Der finanzstarke Demagoge lehnt sich gerne weit aus dem Fenster, und das immer ganz nach rechts. In den USA unterstützt Musk den Ex-Präsidenten, Beinahe-Putschisten und Serienlügner Trump. Vorgestern haben der Donald und der Elon stundenlang per Livestream miteinander parliert, das sollte wohl Wahlkampf sein, war aber vor allem endlos und inhaltlich nicht weiter bemerkenswert. Der amerikanische Late-Night-Talker Stephen Colbert hat das Gelaber wunderbar persifliert. Auch Deutschland hat seinen Platz auf der Landkarte des vermeintlichen Genies: Bei Tweets in Richtung Germany bekundete Musk Nähe zur AfD und tauschte sich mit dem Faschisten Björn Höcke aus.

Doch nun genug davon. Ich möchte Sie jetzt an einer wundersamen Verwandlung teilnehmen lassen. Schließen Sie bitte mal die Augen, nur für einen kleinen Moment. Sobald Sie sie wieder öffnen, befinden Sie sich in einer anderen, freundlicheren Welt: Die Vögel zwitschern, Kinder lachen. Der Elon ist kein Hetzer mehr und lässt das Zündeln sein. Bundes- und Landespolitiker rollen den roten Teppich für ihn aus, so sehr freuen sie sich auf ihn. Alles schimmert in zartem Rosarot. Das kommt von der Brille, die die Politiker tragen.

In dieser Parallelwelt wird Herr Musk hofiert, weil er stinkreich und irgendwie die Zukunft ist und in Brandenburg Werkshallen hingestellt, pardon, eine "Gigafactory" gebaut hat. Gewiss, Arbeitsplätze sind gut und Investitionen willkommen, doch vielleicht hätte sich jemand Gedanken machen sollen, was für einen Brandstifter man sich da ins Haus holt. Aber Fehlanzeige. Business geht vor.

In Brüssel hingegen hat man die rosarote Brille abgelegt. Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton hat Musk schriftlich wissen lassen, dass er dessen Plattform und übrigens auch seine persönlichen Tweets besser im Zaum hält, statt Hass, Desinformation und Gewaltaufrufen zu Reichweite zu verhelfen. Denn Verstöße können selbst für jemanden, der in der Liga der Superreichen spielt, richtig teuer werden. Musk hat zur offiziellen Verwarnung aus Europa mittlerweile Stellung genommen: Er postete ein Bildchen mit ein paar Worten, die korrekt mit "Fick dich ins Knie" übersetzt sind. So weit die Sache mit den Regeln und Verstößen.

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Im Umgang mit dem Egomanen stellt man sich also besser auf eine Auseinandersetzung mit harten Bandagen sein. Der Elon ist kein unkonventionelles Genie, das man ins Boot holt – sondern ein Brandstifter mit der weltgrößten Kriegskasse, dem weltgrößten Ego und einem riesigen Megafon. Höchste Zeit, dass die deutsche Politik aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht. Und endlich darauf reagiert, dass der Angriff auf unsere Werte nicht nur von Putin und Xi im Osten kommt. Schönen Gruß nach Grünheide.


Zahl des Tages


Letzte Chance für Nahost?

Weitet sich der Nahostkonflikt zum Flächenbrand aus – oder gibt es doch noch Hoffnung auf einen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas samt Geisel- und Gefangenenaustausch? Diese Frage, die seit der Tötung des hochrangigen Hisbollah-Kommandeurs Fuad Schukr und des Hamas-Chefs Ismail Hanija von iranischen Vergeltungsdrohungen gegen Israel überlagert wird, könnte ab heute beantwortet werden: Die Vermittler USA, Ägypten und Katar haben die Kriegsparteien zu "finalen Verhandlungen" in Katars Hauptstadt Doha eingeladen.

Zwar haben die Hamas-Terroristen unter ihrem neuen Anführer Jihia al-Sinwar angekündigt, dem Treffen fernzubleiben. Auch Israels Premierminister Benjamin Netanjahu tat sich im Vorfeld nicht durch Kompromissbereitschaft hervor. Umstrittene Punkte sind, ob ein Waffenstillstand gleichbedeutend mit einem Kriegsende wäre, und nach welchen Kriterien auch palästinensische Gefangene zur Freilassung ausgewählt werden sollen. Doch allen Hindernissen zum Trotz: Zumindest die arabischen und westlichen Verhandler scheinen sich einig zu sein, dass in der verfahrenen Situation endlich ein Durchbruch gelingen muss.


Gericht stoppt Faeser

Untätigkeit lässt sich Nancy Faeser nicht vorwerfen. Selbst in der parlamentarischen Sommerpause ist die Innenministerin auf Achse, heute besucht sie im Rahmen ihrer "Sicherheitstour" eine Anlaufstelle der Bundespolizei zum Schutz von Frauen vor Gewalt. Ob ihre Aktionen immer gut durchdacht und wirkungsvoll sind, lässt sich allerdings hinterfragen – sei es ihr Vorstoß zu kürzeren Messern oder zur polizeilichen Gesichtserkennung.

Im Fall ihres Verbots der rechtsextremen Zeitschrift "Compact" musste die SPD-Ministerin nun eine juristische Niederlage einstecken: Das Bundesverwaltungsgericht hat es im Eilverfahren vorläufig außer Vollzug gesetzt und Zweifel an seiner Verhältnismäßigkeit angemeldet. Eine endgültige Entscheidung wird erst im Hauptsacheverfahren fallen. Und das kann dauern. Bis dahin darf das Magazin weiter erscheinen – und die Macher feixen.


Ohrenschmaus

Geheimtipp gefällig? Dieser junge Mann aus Dresden ist drauf und dran, die Popmusik zu revolutionieren. Kurz vor Erscheinen seines neuen Albums bringt er am Samstag seine Heimatstadt zum Wummern.


Lesetipps

Die RTL-Moderatorin Mareile Höppner hat ihren eigenen Stalker interviewt – vor laufenden Kameras. Die ungewöhnliche Aktion wirft Fragen auf, schreiben meine Kolleginnen Catharina Liesenberg und Christin Brauer.


Welche dubiosen Verbindungen hat Thüringens AfD-Chef Björn Höckes aufgebaut? Unser Rechercheur Jonas Mueller-Töwe ist einer verdächtigen Spur nachgegangen.



Eigentlich wollte Xi Jinping bei den Olympischen Spielen eine Charmeoffensive starten. Stattdessen stand China wegen Dopingvorwürfen am Pranger. Jetzt wehrt sich der Diktator, berichtet mein Kollege Patrick Diekmann.


Zum Schluss

Sommerstürme fördern die Kreativität.

Ich wünsche Ihnen einen sturmsicheren Tag.

Herzliche Grüße und bis morgen

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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