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Robert Habeck auf Wärmepumpen-Tour: Er schaut doch in den Heizungskeller


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Vizekanzler auf Tour
Jetzt schaut er doch mal in den Heizungskeller


14.08.2024Lesedauer: 6 Min.
Bundeswirtschaftsminister Habeck besucht Innung SHK HamburgVergrößern des Bildes
Robert Habeck: Eine Tour für die Ehrenrettung der Wärmepumpe – und für sich selbst. (Quelle: Daniel Bockwoldt/dpa/dpa-bilder)

Robert Habeck macht eine Werbetour für die Wärmepumpe. Es ist ein Versuch der Vergangenheitsbewältigung, um die Zukunft zu retten. Auch seine eigene.

Jetzt will er den Leuten also doch mal in den Keller schauen. Es ist Dienstag, 9 Uhr, Robert Habeck kommt vorbei. Er fährt mit seiner gepanzerten Limousine an einem Zweifamilienhaus in Laatzen vor, südlich von Hannover. Gepflegte Vorgärten, weiß geklinkerte Häuser, die Siedlung ist eine kleine Grünen-Hochburg.

Und jetzt steht auf einmal der grüne Vizekanzler vor der Tür, mit riesigem Tross. "Ein bisschen absurd", sagt Habeck, als er Roswitha Mende die Hand gibt, mitten in einem Rudel Journalisten. Die beiden müssen lachen. Kann man wohl sagen.

Frau Mende, 76 Jahre alt, besitzt seit Mai ein Gerät, um das in den vergangenen Monaten ein Kulturkampf entbrannt ist: die Wärmepumpe. An diesem Morgen aber weiß man nicht, wer glücklicher ist: Roswitha Mende über ihre neue Wärmepumpe oder Robert Habeck über die glückliche Frau Mende. "Halleluja" steht auf dem Notenblatt, das im Wohnzimmer auf ihrem Flügel liegt. Wie passend.

Robert Habeck ist in dieser Woche auf Werbetour. Knapp drei Tage nimmt er sich Zeit für eine "Kampagne" für die Wärmepumpe, wie er es selbst nennt. Als Antwort auf die monatelange Kampagne gegen sie, so sieht es Habeck. Gute Laune ist also genau das, was er braucht.

Aber man kann seine Reise auch noch anders lesen, etwas weniger sonnig. Als eine Art Konfrontationstherapie. Denn tatsächlich ist das Problem Wärmepumpe zu groß geworden, um es weiter zu verdrängen. Auch für den Vizekanzler selbst. Also muss er noch mal rein in den Heizungskeller.

"Es muss ja irgendwie vorwärtsgehen"

Problem Wärmepumpe? In Laatzen bei Frau Mende ist davon nichts zu spüren. Kein Wunder, dass Robert Habeck hergekommen ist. Nachdem er sich ihr Gerät angeschaut hat, stehen beide gemeinsam auf der Terrasse, er schaut ihr dabei zu, wie sie auf dem Tablet-Computer ihrer Solaranlage beim Stromproduzieren zuschaut.

Sie freue sich immer, sagt Frau Mende, wenn sie ihren Kindern zeigen könne, wie viel CO2 sie einspare. Seit 45 Jahren wohnt sie schon in ihrem Haus, einen Teil davon hat sie vermietet. Und nun hat sie mit 76 Jahren noch einmal 22.000 Euro für eine Solaranlage mit Batterie und am Ende 17.400 Euro für eine Wärmepumpe mit einigen Heizkörpern ausgegeben.

Eigentlich wäre die Wärmepumpe viel teurer gewesen. Doch Roswitha Mende hat als Rentnerin mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen unter 40.000 Euro üppige 70 Prozent Zuschuss bekommen. Ohne die Förderung hätte es nicht funktioniert, sagt sie selbst. Jetzt könne sie ihren Kindern irgendwann ein Haus vererben, das auf Stand sei.

"Es muss ja irgendwie vorwärtsgehen", sagt Frau Mende. "Ich glaube, das schreiben wir uns alle auf unsere Wahlplakate", sagt Habeck. Dann lachen die beiden wieder.

Roswitha Mende ist für Robert Habeck das perfekte Beispiel für die Botschaft, die er unter die Leute bringen will: Eine Wärmepumpe steigere den Wert von Gebäuden. Wer mit ihr heize, der spare Geld im Vergleich zu fossilen Heizungen, deren Brennstoff künftig teurer wird. Und die Förderung für die Investition sei großzügig. Besser werde sie nicht mehr. Die Union habe sogar angekündigt, alles wieder zurückzudrehen. Also lieber jetzt kaufen.

Schwarze Kleidung, weiße Kreuze

Lieber jetzt kaufen. Das würde nicht nur Robert Habeck gefallen, sondern auch den Menschen, die am Montag in Holzminden auf den Vizekanzler warten. Sie haben kein Lächeln im Gesicht wie Frau Mende, sondern schwarze Kleidung an und weiße Kreuze in der Hand. "D A N K E" steht auf ihnen geschrieben, allerdings aus bitterem Sarkasmus: Danke für nichts.

Es sind Beschäftigte von Stiebel Eltron, die hier protestieren. Der deutsche Heizungshersteller mit 100 Jahren Geschichte hat sich besonders stark der Wärmepumpe verschrieben. Jetzt steckt er in der Krise, weil dieses Jahr so wenige Wärmepumpen verkauft worden sind. 90.000 waren es nur im ersten Halbjahr, ein Bruchteil der 500.000, die Robert Habeck pro Jahr erreichen will.

"Wir brauchen verlässliche Politik", sagt eine Frau. Und dass Habeck zu Holzminden stehe. Zur Wärmepumpe sowieso. Als er zu Wort kommt, antwortet Habeck, genau das wolle er mit der Reise ja erreichen. Aufklärung leisten. Werben. "Die Wärmepumpe ist gegen jede Wirklichkeit schlechtgeredet worden", sagt er.

Für die Leute und ihre Wirklichkeit hier bedeutet das: Angst. Seit acht Monaten seien sie in Kurzarbeit, erzählen sie. Es gehe an die Substanz. Und jetzt sollen auch noch Jobs wegfallen. Zwar keine 1.000 von den 5.000 Beschäftigten, wie zunächst berichtet worden war, versichern die Chefs später. Aber wohl trotzdem schmerzhaft viele.

"Dass Sie in Kurzarbeit sind und Schlimmeres droht, das treibt mich wirklich um", sagt Habeck. Es sei eben auch so, "dass Sie hier im Unternehmen die Konsequenz der politischen Einigung tragen". Auch wenn das zynisch klinge. Und da ist wohl etwas dran, an beidem.

Der ursprüngliche Plan sei ja gewesen, erklärt Habeck, ab 2024 regulär keine fossilen Heizungen mehr einzubauen. Das sei "aus den bekannten Gründen" gescheitert. Jetzt aber seien im ersten Halbjahr noch 280.000 Gas- und Ölheizungen verkauft worden. "Wenn zwei Drittel davon Wärmepumpen gewesen wären, dann würden Sie hier nicht stehen."

Habecks Hoffnungen

Stiebel Eltron als Opfer der Entschärfung des Heizungsgesetzes, als Opfer der Abkehr von den strengeren Vorschriften, die Robert Habeck ursprünglich wollte. Es ist nach all dem Ärger eine bemerkenswerte Erklärung von ihm dafür, dass die Deutschen gerade so wenige Wärmepumpen kaufen. Auch wenn Habeck noch weitere Erklärungen nennt: die schwache Wirtschaft zum Beispiel, auch die miese Baukonjunktur im Speziellen und natürlich die "Falschinformationen über die Wärmepumpe".

Nur, was tun? Die Aufklärung will er mit seiner Reise persönlich leisten, sagt Habeck. Bei der Wirtschaft könne helfen, dass die Menschen bald wieder mehr von ihrem Geld ausgeben. Dass wieder mehr neue Häuser mit Wärmepumpe gebaut werden, dazu könnten weitere Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank führen.

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Das alles sind aber vor allem: Hoffnungen. Habecks Hoffnungen.

So richtig überzeugt sind sie hier in Holzminden deshalb nicht. Sie haben weitere Sorgen. Die hohen Strompreise etwa, was Habeck mit Blick auf Wärmepumpentarife und künftig steigende Gas- und Ölpreise nicht wirklich gelten lässt. Und die Kürzung der Fördersummen für die Energieberatung, wo Habeck zumindest eingesteht, dass es dadurch "wieder eine Art Verunsicherung" gegeben habe.

Keine großen Versprechen, kein Schuldeingeständnis

Die großen Versprechen aber, die macht Robert Habeck an diesem Tag nicht. Alles nicht so einfach in dieser Koalition, gerade wenn's ums Geld geht, das ist seine Botschaft.

Und Habeck tut noch etwas nicht. Nicht in Holzminden bei Stiebel Eltron. Nicht in Laatzen bei Roswitha Mende. Nicht in Hannover, wo er anschließend ein Mehrfamilienhaus mit Wärmepumpe besucht. Nicht in Bremen in einem kleinen Reihenhaus. Und auch nicht in Norderstedt bei den Stadtwerken und ihrer Großwärmepumpe.

Robert Habeck erwähnt mit keinem Wort, dass es auch eigene Fehler waren, die zu dem ganzen Schlamassel geführt haben. Einem Entwurf für das Heizungsgesetz, der selbst aus Sicht vieler Grüner zu streng war, zu kleinteilig. Das frühe Durchsickern des Gesetzes, dem die Grünen tagelang ziemlich sprachlos zusahen. Die viel zu späte Klarheit darüber, wie sie die Leute beim Wärmepumpenkauf unterstützen wollen. Und schließlich das lange Festhalten am ursprünglichen Plan, die späte Einsicht also, dass es so nicht geht.

Habeck hat all diese Fehler schon mal eingestanden, das stimmt. Er glaubt vielleicht auch, schon genug dafür gebüßt zu haben. Und es inzwischen besser zu machen. Immerhin hat die Wärmepumpe nicht nur seine persönlichen Beliebtheitswerte in den Keller bugsiert, sondern auch die Werte seiner Grünen. Die Wärmepumpenkrise ist auch eine Grünen-Krise. Eine Habeck-Krise.

Als Robert Habeck am Dienstagmittag in Hannover im Vorgarten des Mehrfamilienhauses vor einer Kamera steht und die Vorzüge der Wärmepumpe für die 18 Mieter preist, wird er gefragt, ob der schwache Absatz nicht auch mit dem Ärger um den durchgestochenen Entwurf zu tun habe. Das sei jetzt nicht seine Frage, antwortet Habeck knapp. Er wolle nach vorne schauen.

So ist Vergangenheitsbewältigung natürlich angenehm. Doch ob sie gelingt? Für eine gute Zukunft der Wärmepumpe? Und für Robert Habecks Zukunft?

Verwendete Quellen
  • Begleitung der Wärmepumpenreise von Robert Habeck am 12. und 13. August 2024
  • Eigene Recherchen
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