Humanitäre Hilfe Bundesregierung stoppt Afghanistan-Flüge

Die Regierung von Kanzler Scholz setzt die Flüge mit Afghanen nach Deutschland aus. An die Aufnahmegarantie sieht sie auch die neue Regierung gebunden.
Die scheidende rot-grüne Bundesregierung will keine weiteren Afghanen mehr per Flugzeug nach Deutschland ausfliegen. In den kommenden zwei Wochen seien keine Flüge mit besonders gefährdeten Afghanen geplant, bestätigte am Mittwoch ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Wie es danach weitergehe, werde eine neue Bundesregierung entscheiden.
Deren Amtsantritt ist für Anfang Mai vorgesehen. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD heißt es: "Wir werden freiwillige Bundesaufnahmeprogramme so weit wie möglich beenden (zum Beispiel Afghanistan) und keine neuen Programme auflegen."
Deutschland sieht sich nach dem überstürzten Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan vor vier Jahren vor allem verpflichtet, ehemalige Ortskräfte deutscher Stellen oder von Hilfsorganisationen Schutz zu gewähren. Diese gelten als besonders gefährdet.
Union will Aufnahme von Afghanen stoppen
Laut Auswärtigem Amt warten rund 2.600 Menschen in Islamabad in Pakistan, die eine Zusage für eine Aufnahme durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) besitzen. 350 davon sind Ortskräfte. Trotz der Zusage müssen diese ein Visumsverfahren und eine Sicherheitsüberprüfung durchlaufen. Daran sind Verfassungsschutz, Bundespolizei und Bundeskriminalamt beteiligt.
An den Aufnahmeflügen gibt es vor allem aus der Union Kritik, sie macht dabei insbesondere Sicherheitsbedenken geltend. CDU und CSU wollen die Programme ungeachtet der Aufnahmezusagen für weitere 2.600 Afghanen stoppen. Insgesamt sind über das Aufnahmeprogramm rund 36.000 afghanische Flüchtlinge nach Deutschland eingereist, darunter gut 20.000 im Rahmen des Ortskräfteverfahrens.
Aus Sicht des Auswärtigen Amts seien "bereits erteilte Aufnahmezusagen im Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan rechtlich verbindlich", sagte der Sprecher weiter. Auch das Bundesinnenministerium betonte die Gültigkeit der Aufnahmezusagen: "Das sind Verwaltungsakte, und die gelten zunächst", sagte eine Sprecherin.
Keine Direktflüge mehr aus Afghanistan
Das Außenamt wies am Mittwoch darauf hin, dass die Afghaninnen und Afghanen mit Aufnahmezusage fest mit ihrer Übersiedlung nach Deutschland rechneten. Es müsse beachtet werden, "dass die betroffenen Personen, die sich in Pakistan aufhalten, oft nach ihrer Aufnahmezusage ihre Zelte vollständig in Afghanistan abgebrochen haben und Hab und Gut verkauft haben". Viele der Betroffenen hätten in Afghanistan eine "Verfolgungshistorie, weshalb sie ja in die Aufnahmeprogramme aufgenommen worden sind", sagte er weiter. "Diese Personen genießen aus unserer Sicht Vertrauensschutz."
Nach Angaben der EU-Asylagentur Easo wurden in der EU im Vorjahr rund 1,01 Millionen Asylanträge registriert, ein Rückgang von elf Prozent im Vergleich zu 2023. Die Hauptherkunftsländer waren im Vorjahr demnach:
- Syrien: 151.000 Geflüchtete (minus 17 Prozent im Vergleich zu 2023)
- Afghanistan: 87.000 Asylanträge (minus 24 Prozent)
- Türkei: 56.000 Asylbewerber (minus 45 Prozent)
Flüge direkt aus Afghanistan sind nach der Machtübernahme der Taliban 2021 seit Längerem nicht mehr möglich. Allerdings sind über eine Million Menschen ins Nachbarland Pakistan geflohen. Auch der Iran ist ein beliebtes Zufluchtsland.
Pakistan und der Iran hatten angekündigt, afghanische Flüchtlinge in ihrem Land zurück in ihr Heimatland zu schicken. Das Taliban-Regime geht von rund einer Million Rückkehrern aus.
- Nachrichtenagenturen AFP, Reuters
- www.euaa.europa.eu: "EU+ asylum applications decrease by 11% in 2024, and some changing trends established"