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RTL-Moderatorin Mareile Höppner interviewt ihren Stalker: War das richtig?


RTL-Moderatorin zieht Stalker vor die Kamera
Hier hätten alle Alarmglocken läuten müssen

  • Catherina Liesenberg
  • Christin Brauer
Pro & KontraVon Catharina Liesenberg, Christin Brauer

14.08.2024Lesedauer: 1 Min.
Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

imago images 0306644899Vergrößern des Bildes
Um sich gegen ihren Stalker zu wehren, hat RTL-Moderatorin Mareile Höppner einen ungewöhnlichen Weg gewählt. (Quelle: IMAGO/Horst Galuschka /imago-images-bilder)

Moderatorin Mareile Höppner hat einen Stalker interviewt. Ihren eigenen. Vor laufenden RTL-Kameras. Die ungewöhnliche TV-Aktion wirft Fragen auf.

23.156: So viele Stalking-Fälle erfasst die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) für 2023. Die wirkliche Zahl der Stalking-Schicksale liegt viel, viel höher. In jedem einzelnen Verfahren können unzählige einzelne Übergriffe auf einen Menschen stecken. Sogar Angriffe. Den Opfern wird nachgestellt, sie werden belästigt, bedroht, mit abscheulichen sexuellen Anliegen und Bildern bombardiert, in ihrem unmittelbaren Sicherheitsgefühl oder ihrer Privat- und Intimsphäre zutiefst verletzt. Von der Dunkelziffer nicht angezeigter Fälle gar nicht zu reden: Sie geht laut dem Opferverband Weißer Ring in die Hunderttausende.
Was nicht zur Anzeige kommt, wird nicht aufgeklärt und nicht unterbunden. Was angezeigt wird, geht mitunter jahrelang so weiter, weil Ermittlung, Verfolgung und Aufklärung langwierig und schwierig für Polizei und Gerichte sind.

Mareile Höppner weiß, was das bedeutet. Seit Jahren bedrängt sie ein exhibitionistischer Stalker, schickt ihr immer wieder Fotos seines Geschlechtsteils. Jetzt hat sie ihn vor laufenden Fernsehkameras interviewt, nach den Beweggründen für seine widerlichen Annäherungen befragt und somit sowohl ihrem Leid als auch dem Täter eine Stimme verschafft. War das richtig, diesem Menschen eine solche Bühne zu bereiten?

Pro
Catherina Liesenberg
Catharina LiesenbergTraffic Managerin Aktuelles

Das war gutes Fernsehen

Mareile Höppner hat ihr persönliches Stalking-Schicksal zum Anlass genommen, um auf dieses große Problem für viele Frauen (und einige Männer) hinzuweisen. Mit der Plattform und den Mitteln ihrer TV-Sendung und ihrer Reichweite als Prominente. Den Täter hierbei zu Wort kommen zu lassen, seine Unverfrorenheit und sein Desinteresse am Leid seines Opfers vor die Kamera zu holen, war ein eindrücklicher Moment. Ein Ausschnitt aus einer bedrückenden Wirklichkeit – und damit gutes Fernsehen. Es war gut und sinnvoll, richtig und wichtig.

Wenn sie nur einem Täter damit deutlich machen konnte, was er mit seinem scheußlichen Verhalten anrichtet, dann hat sich diese "Extra"-Ausgabe auf RTL schon mehr gelohnt, als wenn man dort einen weiteren Verbrauchertest ausgestrahlt hätte. Wenn nur ein Opfer durch diese Aktion den Mut fassen kann, das eigene Martyrium zur Anzeige zu bringen und so dazu beizutragen, dass vielleicht einem Täter das schmutzige Handwerk gelegt wird, dann war das gut investierte Sendezeit. Umso bedauerlicher, dass RTL den Beitrag nicht mehr in seiner Mediathek führt.

Stalking ist ein Delikt, das im Verborgenen stattfindet, dessen Ausmaße oft im Dunkeln bleiben und das selten angemessen bestraft wird. Den Scheinwerfer auf all das Leid der Drangsalierten zu legen und die Rücksichtslosigkeit der Täter ins Licht zu rücken, rechtfertigt vieles: Ja, die Gefahr von Nachahmer-Taten besteht vielleicht. Ja, dem Täter wurde eine Bühne geboten, die er nie und nimmer verdient hat. Aber der Nutzen überwiegt. Stalking ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken, Aufmerksamkeit für die Hilflosigkeit vieler Opfer und ihren Leidensdruck zu schaffen, das ist wertvoll. Es war die richtige Entscheidung.

Kontra
Christin Brauer
Christin BrauerHead of Audiovisuelles

Damit ist sie einem Narzissten aufgesessen

Das, was Mareile Höppner und viele andere Frauen durchgemacht haben und weiterhin ertragen müssen, kann man sich nur ganz schwer vorstellen. Bei der RTL-Moderatorin zeugt es von einer ungeheuren mentalen Kraft, dass sie den Weg an die Öffentlichkeit gewählt hat. Es ist wichtig, offen damit umzugehen. Höppner hat einen Stalker. Dafür kann sie nichts, und dennoch muss sie darunter leiden. Sagen, was ist.

Aber muss sie ihren Stalker der Öffentlichkeit auch zeigen? Mit ihm im TV sprechen? Ihm eine Bühne vor einem Millionenpublikum geben? Nein, das hätte sie nicht machen dürfen. Der Mann ist kriminell, aber er ist ganz offensichtlich auch psychisch krank. Es mutet wie eine Verzweiflungstat an, bei der ihr Sender hätte einschreiten sollen.

Spätestens bei der Forderung, dass er nur nackt mit ihr sprechen wolle, hätten alle Alarmglocken läuten müssen. Ja, das Bewusstsein für Gefahren digitaler Gewalt zu schärfen, ist wichtig. Aber nicht um jeden Preis. Nun ist man einem Narzissten aufgesessen, den solche Aktionen nur noch mehr bestärken. Je größer das Publikum, desto größer die Erregung. Sehr wahrscheinlich war das für ihn keine Bestrafung. Das war eine Belohnung.

Daher ist es auch der richtige Schritt, dass RTL das Interview einen Tag später wieder aus der Mediathek gelöscht hat. Doch Höppner und der Sender hätten sich der Konsequenzen, die sie mit diesem Stalker-Auftritt auslösen können, schon vorher bewusst sein müssen.

Keine Frage: Der Mann muss für seine Taten schnell zur Rechenschaft gezogen werden. Aber mit diesem TV-Auftritt wird das eigentliche Ziel, anderen Opfern Mut zuzusprechen, völlig konterkariert. Vielmehr könnte er Nachahmungen fördern. Und deshalb hat Höppner vielen anderen Frauen und auch sich selbst damit einen Bärendienst erwiesen.

 
 
 
 
 
 
 

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