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PR-Firma in Höckes Umfeld: Spur führt zu rechtsextremem Netzwerk


Neue PR-Firma im Höcke-Umfeld
Spur des AfD-Manövers führt nach Schnellroda


14.08.2024Lesedauer: 5 Min.
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Der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke: "Wenn's denn erfolgreich wird, kommen hoffentlich auch die Profis, die auch an ihre eigene Karriere denken, die gerne viel Geld verdienen wollen", sagt sein Vertrauter Kubtischek über seine Partei. (Quelle: IMAGO/dts Nachrichtenagentur/imago)

Die rechte Hand des Thüringer AfD-Chefs Höcke hat eine PR-Firma gegründet. Angeblich ohne Bezug zur Partei. t-online-Recherchen legen jedoch eine Verbindung zu einem berüchtigten Strippenzieher nahe.

Das neue PR-Unternehmen solle ein "konkretes Projekt" verfolgen. Der "zeitliche Zusammenhang zum Landtagswahlkampf in Thüringen" sei "rein zufällig". Und Geschäftsbeziehungen sei er noch nicht eingegangen, "folglich auch nicht zu meiner Partei".

So hat Björn Höckes rechte Hand, Torben Braga, vergangene Woche erklärt, warum er mitten im Wahlkampf mit seiner neu gegründeten Atesto UG in die Werbewirtschaft geht. t-online berichtete exklusiv. Braga gehört in Thüringen zu Höckes engsten Vertrauten. Im AfD-Landesverband ist er Vize-Vorsitzender, in der Landtagsfraktion Parlamentarischer Geschäftsführer.

Die Botschaft sollte offenbar sein: Mit der Partei hat Bragas neues PR-Unternehmen nichts zu tun – zumindest stritten AfD-Landesverband und Landtagsfraktion ab, nähere Kenntnisse von Bragas Geschäftsplänen zu haben.

Kubitscheks Netzwerk

Nun legen Recherchen von t-online allerdings nahe, dass parteiinterne Vermutungen trotz aller Dementis durchaus zutreffen könnten. Bragas wirtschaftliches Vorhaben könnte demnach wohl doch in Zusammenhang mit seiner politischen Arbeit stehen.

t-online vorliegende Dokumente zeigen eine Verbindung zu einem berüchtigten rechtsextremen Strippenzieher und ebenfalls Vertrauten von Björn Höcke: zu Götz Kubitschek und der von ihm geförderten Kampagnenplattform "Ein Prozent".

In der AfD ist das Netzwerk unter dem Namen von Kubitscheks Wohnort Schnellroda zum geflügelten Wort geworden: Wer in der AfD etwas werden will, muss sich mit "Schnellroda" gutstellen, heißt es oft. Zumindest eine offene Ablehnung gilt in der Partei als wenig karriereförderlich. Kubitscheks Einfluss auf Personal und Programm wird besonders in den Ostverbänden als erheblich eingeschätzt. Seine ideologische und persönliche Nähe zu Höcke ist seit vielen Jahren kein Geheimnis.

Die Berliner Kanzlei

Braga selbst stritt auf t-online-Anfrage etwaige Absprachen mit Kubitschek und seiner Plattform "Ein Prozent" ab. Weder mit ihnen noch mit der AfD habe seine neue Unternehmergesellschaft etwas zu tun. Und Kubitschek ließ über einen Sprecher ausrichten, "er wisse schlechterdings nicht", wovon die Rede sei. Der Vorsitzende des "Ein Prozent"-Netzwerks, Philip Stein, äußerte sich auf Anfrage der Redaktion erst gar nicht.

Aber: Aus t-online vorliegenden Handelsregisterunterlagen geht hervor, dass es doch eine Verbindung geben könnte. Binnen eines halben Jahres gründeten Kubitschek und seine Mitstreiter Erik Lehnert und Philip Stein jeweils ebenfalls Unternehmergesellschaften (UG) – beim selben Berliner Notar, den auch Braga Mitte Juni für seine Unternehmensgründung aufsuchte und der bereits weitere Unternehmen von Stein und "Ein Prozent" formell begleitete.

Erstaunliche Paralllelen

Der Thüringer AfD-Vizevorsitzende Braga sagte t-online dazu nur: "Mir ist weder bekannt, welche Unternehmen Herr Stein, Herr Lehnert oder Herr Kubitschek gegründet haben, noch ist mir bekannt, wann, wo, bei wem und zu welchem Zweck sie dies getan haben." Und weiter: "Es ist mir, offen gesagt, auch gänzlich gleich. Denn ein Zusammenhang zu mir persönlich oder zur Atesto UG besteht nicht und ist bzw. war zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt."

Die Parallelen bleiben dennoch bemerkenswert, da die vier engen politischen Weggefährten zwar alle aus unterschiedlichen Bundesländern stammen – aus Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen und Brandenburg –, aber dennoch jeweils auf die Expertise derselben Berliner Kanzlei vertrauen.

Die jüngste der wirtschaftlichen Unternehmungen lässt jedenfalls kaum mehr an Zufall in der Wahl des Notars glauben. Bragas alter Bekannter Philip Stein ließ sie über die Kanzlei vor wenigen Tagen ins Handelsregister eintragen.

Zwei Bundesbrüder im Werbemarkt

Fakt ist: Braga und Stein kennen sich seit Jahren aus der rechten Marburger Burschenschaft Germania. Braga wurde danach Funktionär in Höckes Thüringer AfD und stieg zu seiner rechten Hand auf. Stein wurde für Höckes Vertrauten Kubitschek zum Strippenzieher hinter dem Kampagnennetzwerk "Ein Prozent". Noch vor wenigen Tagen gab Braga ihm ein Interview, in dem er festhielt, die AfD sei gut beraten, "verstärkt auf die Zusammenarbeit mit Akteuren aus dem vor- und außerparlamentarischen Raum zu setzen".

Und genau dafür scheinen die neuen Unternehmen der beiden Weggefährten wie gemacht. Ebenso wie Bragas Atesto UG – es soll sich um auf Software basierende Lösungen für Werbemaßnahmen und politische Beratung handeln – hat auch Stein ein PR-Unternehmen mit Hilfe der Berliner Kanzlei gegründet. Mit der Consul Politik- und Medienberatung UG will der rechte Verleger künftig Werbematerialien herstellen, Internetseiten und Profile in sozialen Medien betreiben und genau wie Braga Beratung zu politischer Strategie anbieten.

Drohende Verbotsverfahren

Ein Vorhaben, das schon deshalb ungewöhnlich erscheint, weil Stein seit Langem für das "Ein Prozent"-Kampagnennetzwerk als Geschäftsführer der Archetyp GmbH vorsteht, die einen fast identischen Geschäftszweck verfolgt. Es ist aber insofern konsequent, als die Berliner Kanzlei sowohl für diese GmbH als auch für Steins Oikos Verlag in den vergangenen Jahren bereits notarielle Dienstleistungen übernommen hat.

Sie hat besonders deswegen im ersten Halbjahr 2024 mit den Rechten zu tun gehabt, weil die Netzwerker offenbar einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz und letztendlich einem Verbot vorbauen.

Denn mittlerweile bestehen für das Bundesamt für Verfassungsschutz keine Zweifel mehr, dass sowohl Kubitscheks Institut für Staatspolitik und sein Antaois-Verlag in Schnellroda als auch das verwandte Netzwerk "Ein Prozent" gegen die Bundesrepublik arbeiten. Sie werden als "gesichert rechtsextrem" beobachtet, ebenso wie die AfD-Landesverbände in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt.

Die große Strukturreform

Welche Folgen das haben kann, erlebte neulich der Publizist, der "Ein Prozent" von Beginn an gemeinsam mit Kubitschek förderte: Jürgen Elsässer. Sein "Compact"-Magazin wurde nach jahrelanger Beobachtung durch die Behörden samt Verlag verboten. Ein Schicksal, das Kubitschek und Stein vermutlich ungern teilen würden.

Deswegen ist in diesem Jahr eine große Strukturreform eingeleitet worden: Das "Institut für Staatspolitik" in Schnellroda, über das Kubitschek eine Vielzahl rechtsextremer und rechter Akteure vernetzte, wurde als Verein aufgelöst. Stattdessen führt er die Veranstaltungen nun mit der "Menschenpark Veranstaltungs UG" fort, die Ende Januar in der erwähnten Berliner Kanzlei gegründet wurde und schon im September wieder Studientage anbietet.

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Kubitschek: Nun ist "Systemgeld" zu verteilen

Die dem Verein bislang zugehörige Zeitschrift "Sezession" wurde zeitgleich vom bisherigen Vereinsvorstand Erik Lehnert übernommen, der auch die Geschäftsstelle der AfD-Fraktion im Brandenburger Landtag leitet. Er hat die Zeitschrift in die "Metapolitik Verlags UG" überführt – gegründet am selben Tag in derselben Berliner Kanzlei, die Braga angeblich ohne eine Verbindung zu diesen Vorgängen auch für sein Unternehmen auswählte.

Wie eng allerdings die Zusammenarbeit der Rechtsextremen ist, war Mitte Juli auf Kubitscheks Sommerfest in Schnellroda zu beobachten. Björn Höcke sowie die AfD-Vorsitzenden aus Sachsen und Brandenburg, Jörg Urban und Christoph Berndt, waren zu Gast und feierten dort auf dem Podium den inoffiziellen Wahlkampfauftakt. Bragas Bundesbruder Stein und der Chef-Identitäre Martin Sellner waren ebenfalls anwesend.

Und Kubitschek selbst ließ in seiner Rede den Presseempfang der AfD-Bundestagsfraktion Revue passieren, an dem er laut eigener Aussage wenige Tage zuvor in Berlin teilgenommen hatte. Seine dort gewonnenen Erkenntnisse beschrieb er so: Die AfD habe nun als "Teil des Systems" auch "Systemgeld" an Influencer, Alternativmedien und PR-Mitarbeiter zu verteilen.

Konkret sagte Kubitschek: "Wir haben immer gesagt: Wenn's denn erfolgreich wird, kommen hoffentlich auch die Profis, die auch an ihre eigene Karriere denken, die gerne viel Geld verdienen wollen, aber ihr ganzes Wissen dann eben meinethalben der richtigen Sache zur Verfügung stellen."

Beobachter könnten geneigt sein zu ergänzen: Werbe- und Beratungsfirmen im Parteiumfeld würden unter dieser Voraussetzung sicher nicht schaden. Ob Bragas Unternehmen tatsächlich nur eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt, bleibt abzuwarten.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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