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Lanz und Precht | Kritik an Gen Z: Sind sie wirklich so verweichlicht?


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Tagesanbruch
Lanz-Attacke – das ist dran

  • Florian Wichert
MeinungVon Florian Wichert

Aktualisiert am 07.08.2023Lesedauer: 6 Min.
Richard David Precht (l.) und Markus Lanz beim OMR Festival 2023 in den Messehallen in Hamburg.Vergrößern des Bildes
Richard David Precht (l.) und Markus Lanz beim OMR-Festival in den Messehallen in Hamburg. (Quelle: IMAGO/gbrci/imago-images-bilder)

Guten Morgen liebe Leserin, lieber Leser,

mit dieser jungen Frau kann wohl niemand mithalten. Sie nicht. Ich auch nicht. Niemand.

Marie-Thérèse Kaiser ist 26 Jahre jung und kann auf eine – halten Sie Ihren Kaffee gut fest – 21-jährige Berufstätigkeit zurückblicken.

Glauben Sie nicht? Behauptet sie aber.

Kaiser ist Politikerin. Genauer: eine rechte Hardlinerin bei der AfD. Sie ist bereits wegen Volksverhetzung verurteilt worden und hat sich am Wochenende erfolglos für einen Platz auf der Liste der AfD für die Europawahl beworben. Ihre radikalen Aussagen sorgten dabei jedoch weniger für Wirbel. Es waren vielmehr ihre verblüffenden Angaben zu ihrer angeblichen Berufstätigkeit. Trotz kritischer Nachfragen blieb sie beim Europaparteitag in Magdeburg nämlich bei ihrer Darstellung und erklärte, bereits mit vier Jahren mit dem Modeln begonnen zu haben.

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Natürlich mag Kaiser selbst davon überzeugt sein, als Kind bereits so hart gearbeitet zu haben wie andere mit 30 Jahren. Als Außenstehender muss man da – Verzeihung, Frau Kaiser – schmunzeln. Statt mit Vorurteilen gegenüber ihrer Generation aufzuräumen, befeuert sie diese nur noch. Ihre politische Haltung mal ausgenommen, passt ihr vermeintlich frühkindlicher Arbeitsethos ins Bild einer Generation, die das schon als Leistung verbucht.

Ihre Generation? Das ist die Generation Z, die wie Kaiser zwischen 1995 und 2010 geboren wurde und verschiedene zweifelhafte Spitznamen hat. So wird sie spöttisch "Generation Feierabend", "Generation Schneeflocke", "Generation Krankenschein" oder auch "Generation Pause" genannt.

"Feierabend", weil dieser laut Vorurteil bei dieser Generation besonders pünktlich erfolgen muss. "Schneeflocke", weil sie sich laut Vorurteil beim leichtesten Druck dünn macht, also schmilzt. "Krankenschein", weil sie sich laut Vorurteil nach einem kritischen Gespräch im Job erst mal für eine Woche krankschreiben lässt. "Pause", weil laut einer offiziellen Statistik mehr als eine halbe Million junger Menschen gar nichts tun. NEETs werden diese genannt. Not in Education, Employment or Training. Zu Deutsch: nicht in Ausbildung, Beschäftigung oder Schulung. Trotz diverser offener Ausbildungsplätze.

Die Generation Z – oder wie auch immer man sie nennen möchte – rückt diese Woche auch abgesehen vom AfD-Parteitag mal wieder in den Fokus. Weil die deutsche Wirtschaft im Vergleich zu allen anderen Industrienationen weiter schrumpft. Weil sie eigentlich Leistungsbereitschaft, Impulse und Innovationen einer neuen Generation braucht. Natürlich neben schnellen Maßnahmen der Bundesregierung gegen Wettbewerbsnachteile wie die hohen Steuern für Unternehmen, die umfassenden Sozialabgaben oder die teuren Energiepreise.

Ist diese Generation wirklich so schlimm und verweichlicht? Stimmen die Vorurteile, dass sie sich für Aktivismus statt Innovationen hergibt, lieber Yoga macht statt Geld zu verdienen, Verantwortung und Arbeit im Allgemeinen scheut, Hafermilch statt Kuhmilch trinkt und ihre Einsatzbereitschaft schleunigst noch weiter herunterfährt, wenn ihre Arbeit kritisiert wird? Ist das eine Generation beleidigter Leberwürste, die Deutschlands Zukunft aufs Spiel setzt? Die Deutschland langfristig entspannt in den Abgrund stürzt, wie Kritiker fürchten?

Wer sich intensiver mit der Generation Z und ihren Beweggründen auseinandersetzt, stellt fest: Nicht alle 13- bis 28-Jährigen sind gleich – und doch haben viele von ihnen tatsächlich eine etwas andere Einstellung zur Arbeit als frühere Generationen. Das Motto laut meiner Kollegin Nora Schiemann: Erfolg ja, aber nicht um jeden Preis.

Das Wohlstandsversprechen gelte heute nicht mehr. Wohneigentum sei nicht mehr realistisch ohne reiche Eltern. Insbesondere in der Stadt, erst recht in der Großstadt. Das Rentenalter verschiebe sich nach hinten. Und überhaupt: Wozu einem Wohlstand hinterherlaufen, wenn die Klimakrise auf absehbare Zeit in einer Katastrophe endet? Das Klima spielt ohnehin eine große Rolle im Generationenkonflikt. Haben nicht die Eltern und Großeltern den Klimawandel verpennt oder gar verschuldet? Sowieso: An denen habe die Generation Z gesehen, wozu die Plackerei führen kann: Burnout, Krankheit, Streit.

Haben die Zler recht? Sind die Aussichten tatsächlich so düster? Da ist doch durchaus etwas dran, oder was meinen Sie? Zumal Arbeitsmarkt und Fachkräftemangel es hergeben, Ansprüche zu stellen und auf seine mentale Gesundheit zu achten. Ist es womöglich das, was man von dieser Generation lernen sollte? Mehr auf sich zu achten? Darüber nachzudenken, was einen wirklich glücklich macht? Wie man eine gute Balance findet?

Auf jeden Fall.

Und trotzdem ist es auch ein Henne-Ei-Problem.

Hätte die Generation denn nicht gerade heute besonders große Aufstiegschancen, würde sie erst mal mit Leistung vorangehen? Würde es sich nicht heute ganz besonders auszahlen, mehr Verantwortung zu übernehmen, womöglich in einer Führungsposition? Hätte man im Job nicht riesige Möglichkeiten, die Arbeitswelt mitzugestalten und zu beweisen, was diese Generation drauf hat?

Der Umgang mit der Generation Z ist nicht immer einfach.

Ist es möglich, Innovationen zu schaffen, ein Unternehmen wirklich voranzubringen, etwas Herausragendes zu leisten, wenn ich als Berufseinsteiger vier Tage die Woche im Homeoffice arbeite, Punkt 16.30 Uhr den Stift fallen lasse und nach einem halben Jahr Betriebszugehörigkeit ein Sabbatical einlege? Und sind es nicht gerade die härtesten und unangenehmsten Chefs und Ausbilder, die einen wirklich besser machen? Darüber kann man zumindest streiten.

Auf jeden Fall lohnt es, sich auch generationenübergreifend in andere hineinzuversetzen. Und gemeinsam daran zu arbeiten, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Mit Maßnahmen der Bundesregierung. Mit der Erfahrung und den Tugenden der älteren, aber auch mit der Achtsamkeit der jüngeren Generationen. Am besten jetzt.


Das Aus für die "Höcke-Show"

Zum ersten Mal seit März und einem schier unaufhörlichen Aufwärtstrend hat die AfD Stimmen eingebüßt. Aus einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Insa im Auftrag von "Bild" geht hervor, dass "nur" noch 21 Prozent der wahlberechtigten Deutschen die AfD wählen würden, wenn jetzt Bundestagswahl wäre. Also ein Prozentpunkt weniger als in der Vorwoche.

Passend dazu befürchteten Parteibeobachter und Delegierte den großen Knall beim Parteitag der AfD am Wochenende in Magdeburg. So wie 2022, als der thüringische Landeschef Björn Höcke den Bundesparteitag in Riesa mit einem Antrag voll verschwörungstheoretischem Vokabular platzen ließ.

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Die Sorgen des FC Bayern

Zwei Wochen noch, dann ist endlich wieder richtiger Fußball. Richtiger Fußball? Wenn Sie sich jetzt fragen, was der Schreiber dieser Zeilen gegen Frauenfußball und die derzeit laufende Weltmeisterschaft hat, kann ich Ihnen versichern: nichts. Nur gegen die deutsche Nationalmannschaft hat er aktuell etwas – und zwar die der Männer und der Frauen. Gegen die Überheblichkeit, die Erfolglosigkeit und die fehlende Konsequenz beim Deutschen Fußballbund. Und weil die deutschen Frauen ohnehin ausgeschieden sind, ist es doch umso erfreulicher, dass die Bundesliga in den Startlöchern steht.

Leider gibt es auch hier einen Haken: Wer sich auf neue internationale Topstars gefreut hat, wird enttäuscht sein. Zumindest Stand jetzt. Denn selbst der FC Bayern hat noch keinen Spieler verpflichtet, für den die Zuschauer ins Stadion strömen. Der Kapitän der englischen Nationalmannschaft soll eigentlich kommen, ist aber so kurz vor dem Start immer noch nicht da.

Mein Kollege Robert Hiersemann und ich diskutieren deshalb im "Zweikampf der Woche", ob sich die Fans des FC Bayern langsam Sorgen um ihren Klub machen müssen. Ich sage: ja. Denn der fehlende Stürmer ist längst nicht das einzige Problem. Es geht auch um Kapitän Manuel Neuer und weitere Spieler.


Termine des Tages

Im ersten Bundesland sind die Sommerferien zu Ende. In Nordrhein-Westfalen beginnt heute nach sechseinhalb Wochen der Unterricht – für rund 2,5 Millionen Schülerinnen und Schüler. Zum ersten Mal seit vier Schuljahren gibt es keine Corona-Auflagen.

Impfstoffhersteller Biontech stellt um 12 Uhr seine Zahlen für das zweite Quartal vor. Klingt langweilig, könnte aber rund um die Entwicklung von individualisierten Krebstherapien auf mRNA-Basis spannend werden. Wenn es dort etwas Neues gibt zumindest.

Die kleine Eisbärin im Tierpark Hagenbeck bekommt endlich einen Namen. Welchen, das bleibt bis heute um 11 Uhr ein Geheimnis. Dann tauft der Sänger Sasha das Baby in Hamburg. Zur Wahl standen die Namen Anouk, Smilla, Talvi und Sunflower. Nicht übermäßig wichtig, aber zumindest wahnsinnig süß.


Lesetipps

Wenige Folgen der Klimakrise kommen für Klimaforscher überraschend. Diese in der Antarktis schon. Am Südpol ist derzeit tiefster Winter. Trotz der minus 32 Grad Celsius frieren jedoch viel zu kleine Mengen Meerwasser zu Eis. Die Wissenschaftler vermissen eine Eisfläche der Größe Argentiniens.



Zum Schluss

Endlich wieder Liga-Alltag in Berlin...

Ich wünsche Ihnen einen wunderbaren Start in die Woche. Morgen schreibt an dieser Stelle mein Kollege Bastian Brauns den Tagesanbruch für Sie.

Herzliche Grüße

Ihr

Florian Wichert
Stellvertretender Chefredakteur
Twitter: @florian_wichert

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