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Vorläufige Ergebnisse zur Bayern-Wahl: CSU und SPD stürzen ab


Überblick
CSU und SPD stürzen in Bayern ab – FDP nach langem Zittern drin

Von t-online, pdi

Aktualisiert am 15.10.2018Lesedauer: 6 Min.
SPD-Mitglieder raegieren im Landtag auf die ersten Prognosen. Die Wähler in Bayern haben ein neues Landesparlament gewählt.Vergrößern des Bildes
SPD-Mitglieder raegieren im Landtag auf die ersten Prognosen. Die Wähler in Bayern haben ein neues Landesparlament gewählt. (Quelle: dpa)
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Krachende Niederlage für die sonst kraftstrotzende CSU: Ihre absolute Mehrheit in Bayern ist dahin. Die SPD fällt gar auf ein historisches Tief. Das Echo schallt bis nach Berlin.

Politisches Beben in Bayern: Die Bayern haben bei der Landtagswahl den beiden alten Volksparteien zweistellige Verluste zugefügt und die politische Landschaft umgekrempelt. Die jahrzehntelang dominierende CSU von Parteichef Horst Seehofer und Ministerpräsident Markus Söder verliert ihre absolute Mehrheit und braucht nun einen Koalitionspartner.

Die SPD mit Spitzenkandidatin Natascha Kohnen verzeichnet ihr bundesweit schlechtestes Ergebnis bei einer Landtagswahl und wird nur noch fünftstärkste Kraft. Die Grünen dagegen erzielen einen Bayern-Rekord. Die AfD zieht zweistellig ins Maximilianeum ein und ist jetzt in 15 von 16 Landtagen vertreten. Die FDP schafft nach fünf Jahren Abwesenheit ganz knapp den Einzug ins Parlament. Die Linke verfehlt die Fünf-Prozent-Hürde erneut.

Damit sind SPD und CSU als Regierungspartner von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) geschwächt. Schon am Wahlabend zeichneten sich neue Reibereien in der ohnehin kriselnden Koalition ab. Vor der Landtagswahl in zwei Wochen in Hessen vermieden aber zunächst alle Seiten offene Personaldiskussionen und gegenseitige Attacken.

Freie Wähler drittstärkste Kraft

Nach der Auszählung aller Stimmkreise kommt die CSU mit einem Minus von gut zehn Prozentpunkten nur noch auf 37,2 Prozent - ihr schlechtestes Ergebnis seit 1950. Sie holt aber 85 Direktmandate, die übrigen 6 gehen an die Grünen. Die SPD halbiert mit Verlusten von rund elf Punkten ihr Ergebnis von 2013 und landet bei 9,7 Prozent. Zweitstärkste Kraft werden die Grünen mit 17,5 Prozent - mehr als eine Verdoppelung gegenüber 2013. Es folgen die Freien Wähler mit 11,6 Prozent und die AfD mit 10,2 Prozent. Die FDP springt mit 5,1 Prozent ganz knapp über die entscheidende Hürde. Die Linke scheitert mit 3,2 Prozent.

Daraus ergibt sich nach Berechnungen des ZDF folgende Sitzverteilung: CSU 78, SPD 20, Grüne 37, Freie Wähler 25, AfD 22 und FDP 10. Die Wahlbeteiligung liegt bei 72,4 Prozent (2013: 63,6).

Seit 1962 hatte die CSU Bayern mit Ausnahme der Wahlperiode 2008 bis 2013 allein regiert. Eine komfortable Mehrheit hätte jetzt eine schwarz-grüne Koalition. Die Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Schulze zeigte sich gesprächswillig: "Natürlich sind wir bereit, Verantwortung für dieses schöne Land zu übernehmen." Söder war jedoch skeptisch: "Inhaltlich sind die Grünen meilenweit entfernt." Er werde mit allen außer der AfD reden und strebe ein bürgerliches Bündnis an.

Absturz von CSU und SPD

Der Parteichef der Freien Wähler Hubert Aiwanger sagte am Abend, seine Partei werde der CSU jetzt machbare Vorschläge vorlegen. "Und ich bin überzeugt, die CSU wird anbeißen." Eine Dreierkoalition zusammen mit der FDP von Spitzenkandidat Martin Hagen hätte eine satte Mehrheit - wenn denn die FDP in den Landtag einzieht.

"Wir haben ein schmerzhaftes Ergebnis erzielt", sagt CSU-Ministerpräsident Markus Söder vor Anhängern in München. "Wir nehmen das mit Demut". Applaus erntete er, als er sagte, man habe trotzdem einen klaren Regierungsauftrag erhalten. Söder erlaubte sich auch eine Spitze in Richtung Berlin: "Vom Bundestrend sich völlig abzukoppeln, ist nicht leicht. (…) Es haben sich Diskussionen ergeben, die es den Wahlkämpfern nicht immer leicht gemacht hat." Er kündigt an, man werde das Ergebnis intensiv analysieren und dann bewerten.

Söder äußerte sich auch skeptisch zu einem Regierungsbündnis mit den Grünen. Das Programm der Grünen sei in vielen Bereichen denkbar weit entfernt von der CSU, sagt er im ZDF. Es gebe daher eine gewisse Präferenz für ein bürgerliches Bündnis.

Die bayerische SPD-Spitzenkandidatin und Landesvorsitzende Natascha Kohnen schloss derweil einen Rücktritt nicht aus. Man werde nach der Niederlage über alles reden, "und damit meine ich auch über alles", sagt Kohnen. Die SPD müsse den "tiefen Glauben an die Sozialdemokratie" wieder herstellen und eine ganz klare Haltung zeigen. "Das wird kein einfacher Weg."

Dies bestätigt auch SPD-Chefin Andrea Nahles. Sie kündigt eine sorgfältige Analyse des schlechten Wahlergebnisses "auf allen Ebenen" an. Die "schlechte Performance" der großen Koalition sei einer der Gründe für den Absturz ihrer Partei. "Fest steht, es muss sich etwas ändern", sagt Nahles.

Der Absturz von CSU und SPD hatte sich seit Wochen in den Umfragen abgezeichnet. Die CSU versuchte eine Doppelstrategie. Einerseits lockte Söder mit milliardenschweren sozialen Leistungen des Landes wie einem Familien- und einem Pflegegeld. Andererseits fuhr die CSU einen harten Kurs in der Asylpolitik. Beides zog nicht. Der von Seehofer losgetretene Streit um die Zurückweisung von Migranten an den deutschen Grenzen, der in einer Rücktrittsandrohung gipfelte, führte zwar fast zum Bruch der Unionsfraktion im Bundestag und der großen Koalition insgesamt. Anschließend ging es für die CSU in den Umfragen aber erst richtig bergab - obwohl Söder das Asylthema in den letzten Wochen vor der Wahl dann aussparte.

"Wenn sich über Monate hinweg der Eindruck verfestigt, dass sich die Koalition mehr mit sich selber ihren internen Meinungsverschiedenheiten beschäftigt als mit den Problemen des Landes und dem Alltag der Menschenwenn die SPD gleichzeitig Regierung und Opposition sein will, dann sollte man sich über ein solches Ergebnis nicht wundern", sagt Wolfgang Bosbach t-online.de. "Die CSU würde einen großen Fehler machen, wenn sie dieses traurige Ergebnis damit begründet, dass Horst Seehofer und Berlin dafür die Verantwortung tragen . Es gibt viele Gründe, auch parteiinterne . Horst Seehofer als Sündenbock wäre viel zu schlicht."

Sechs Direktmandate für die Grünen in Bayern

Die Grünen haben bei der bayerischen Landtagswahl sechs Direktmandate geholt - fünf davon in München. Es ist das erste Mal, dass die Partei überhaupt ein Direktmandat in Bayern bekommt. Die beiden Grünen-Spitzenkandidaten Ludwig Hartmann (40) und Katharina Schulze (33) bekamen nach Angaben des Landeswahlleiters in ihren jeweiligen Stimmkreisen München-Mitte und -Milbertshofen 44 beziehungsweise 34,9 Prozent der Erststimmen.

Auch Christian Hierneis (34,3 Prozent/Schwabing), Gülseren Demirel (30,9 Prozent/Giesing) und Benjamin Adjei (26,2 Prozent/Moosach) holten in ihren Münchner Stimmkreisen die meisten Erststimmen. In Würzburg hatten die Grünen kurz zuvor ihr erstes Direktmandat überhaupt in Bayern geholt. Nach Auszählung des Stimmkreises Würzburg-Stadt kam Patrick Friedl auf 29,93 Prozent der Erststimmen.

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Die Stimmkreise in München wurden seit der Landtagswahl 2013 neu aufgeteilt, die Ergebnisse sind daher nicht miteinander vergleichbar.

Große Verluste bei der CSU

Bei der Landtagswahl 2013 hatte die CSU mit 47,7 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit geholt. Sie stellte 101 der 180 Abgeordneten im Landtag. Die SPD war mit 20,6 Prozent (42 Sitze) zweitstärkste Kraft geworden. Dahinter folgten die Freien Wähler mit 9,0 Prozent (19 Sitze) und die Grünen mit 8,6 Prozent (18 Sitze). Nach dem Austritt von Abgeordneten aus ihren Fraktionen hatten Freie Wähler und Grüne zuletzt noch jeweils 17 Mandate. Die FDP war 2013 mit 3,3 Prozent ebenso an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert wie die Linke mit 2,1 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag seinerzeit bei 63,6 Prozent.

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Die Landtagswahl in Bayern hat deutlich mehr Menschen in die Wahllokale gelockt als bei der Abstimmung 2013. Am Sonntag gaben 72,4 Prozent der rund 9,5 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme ab, wie nach Auszählung aller Stimmkreise auf der Homepage des Landeswahlleiters bekanntgegeben wurde. Fünf Jahre zuvor hatte die Wahlbeteiligung bei 63,6 Prozent gelegen. Der Rekord lag im Jahr 1954 bei 82,4 Prozent.

Um die Mandate bewarben sich insgesamt 1923 Kandidaten aus 18 Parteien und Wählergruppen.

Bestimmende Themen im Wahlkampf waren bezahlbares Wohnen, innere Sicherheit und Pflege. Vor allem die CSU und die AfD legten einen Schwerpunkt auf Asyl und Zuwanderung. Die Oppositionsparteien thematisierten zudem regelmäßig den umstrittenen Erlass Söders, im Eingangsbereich aller Behörden Kreuze aufhängen zu lassen.

Söder hatte das Amt des Ministerpräsidenten erst im März von Seehofer übernommen. Vorausgegangen war ein heftiger interner Machtkampf, der sich nach dem schlechten Abschneiden der CSU (38,8 Prozent) bei der Bundestagswahl 2017 verschärfte. Seehofer behielt aber den CSU-Vorsitz und wechselte als Innenminister ins Kabinett Merkel.

Verwendete Quellen
  • dpa, AFP
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