US-Haushaltsstreit Trump stürmt aus Gespräch mit Demokraten
Der "Shutdown" könnte zur längsten Haushaltssperre aller Zeiten in den USA werden – und eine Einigung scheint weiter entfernt denn je. Am Mittwoch endeten Gespräche in Eklat.
Im Streit um die Grenzmauer zu Mexiko ist keine Einigung in Sicht. Im Gegenteil: Die Fronten scheinen verhärteter denn je. Am Abend verließ US-Präsident Donald Trump abrupt ein Spitzentreffen mit Vertretern der Demokraten. Anschließend polterte er auf Twitter, es sei "totale Zeitverschwendung" gewesen.
Seit Ende des letzten Jahres legt der Haushaltsstreit Teile der US-Regierung lahm. Trump will einem neuen Budgetgesetz nur zustimmen, wenn die Demokraten darin 5,7 Milliarden Dollar für den Bau seiner Mauer freigeben. Die aber weigern sich vehement. Die Folge des Patts: Ein Ende des "Shutdowns" ist weiterhin nicht absehbar. Am Mittwoch war der Regierungsstillstand bereits in seinem 19. Tag – er könnte zum längsten der Geschichte werden.
Noch am Vortag gab sich der US-Präsident statt polternd ganz präsidial: Zur Primetime am Dienstagabend (Ortszeit) wandte er sich vom Oval Office aus an die Amerikaner, legte noch einmal voller Pathos dar, warum die USA an der Grenze zu Mexiko aus seiner Sicht unbedingt ein Bollwerk brauchen. Trump hat im Wahlkampf 2016 versprochen, dass die Mauer kommt – und dass Mexiko sie bezahlt. Wenig überraschend: Mexiko denkt gar nicht daran.
Ruft Trump wegen der Mauer den Notstand aus?
Sollte eine Einigung nicht gelingen, zieht Trump offenbar ernsthaft eine andere Variante in Erwägung: Er könnte einen "Nationalen Notstand" ausrufen, sich damit selbst weitreichende Vollmachten erteilen und versuchen, die Mauer ohne Zustimmung durch den Kongress errichten zu lassen. Zwar sagte Trump am Mittwoch, er habe das "absolute Recht" dazu. Ob die Gerichte das genauso sehen würden, ist allerdings fraglich.
Trump will es daher zunächst weiter auf dem Verhandlungsweg versuchen. Bislang geben sich die Demokraten eisern. Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, sagte nach seiner Rede: "Präsident Trump muss aufhören, das amerikanische Volk als Geisel zu halten, er muss aufhören, eine Krise zu fabrizieren, und er muss die Regierung wieder zum Laufen bringen." Um den Demokraten entgegenzukommen, ist Trump inzwischen von einer Mauer aus Beton abgerückt – nun will er eine Barriere aus Stahl errichten lassen. Bislang hat dieser Schwenk die Demokraten nicht beeindruckt.
Trump argumentiert, Kriminelle und Terroristen kämen über die Südgrenze ebenso ins Land wie Drogen. Bei einer einstündigen Pressekonferenz am Montag sprachen Vizepräsident Mike Pence und Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen geschlagene 36 Mal von einer "Krise". Pence sagte, an der Grenze zu Mexiko würden inzwischen täglich 2.000 Menschen wegen illegalen Grenzübertritts festgenommen.
Stimmen die Zahlen aus dem Weißen Haus?
Zahlenangaben aus dem Weißen Haus sollte man mit Vorsicht begegnen, wie Faktenchecks von US-Medien immer wieder vor Augen führen. Wenn die Zahl stimmen sollte und man sie aufs Jahr hochrechnen würde – was wegen saisonaler Schwankungen kein belastbares Ergebnis liefern kann –, käme man theoretisch auf 730.000 Migranten. Das wären nach den Statistiken der Grenzschutzbehörde CBP zwar mehr als in jedem Jahr seit 2008 - aber viel weniger als der Höchststand im Jahr 2000, als die Zahl bei mehr als 1,6 Millionen lag.
Trump hat inzwischen eine regelrechte PR-Offensive gestartet, um den Bau der Mauer durchzupeitschen. Dazu gehörte die TV-Ansprache aus dem Oval Office, an diesem Donnerstag will der Präsident außerdem an die Grenze reisen. Auch der Duktus hat sich geändert: Warnte Trump vor den Kongresswahlen im November noch vor einer "Invasion" durch Migranten aus Südamerika, so will er den Mauerbau nun auch als eine Art humanitäre Geste verkaufen. Das Weiße Haus argumentiert, Migranten würden durch das Bollwerk davon abgehalten, den gefährlichen Marsch nach Norden überhaupt erst anzutreten.
"Das ist eine humanitäre Krise. Eine Krise des Herzens und eine Krise der Seele", sagte Trump in seiner Fernsehansprache. "Das ist der Kreislauf des menschlichen Leids, von dem ich entschlossen bin, ihn zu beenden." Dann zählt er Fälle auf, bei denen illegal Eingewanderte in den USA Menschen getötet haben. "Dutzende Familien" habe er getroffen, die Angehörige verloren hätten. "So traurig. So furchtbar", sagte Trump. "Wie viel amerikanisches Blut müssen wir noch vergießen, bevor der Kongress seine Arbeit macht?"
Beamte müssen auf ihre Gehälter warten
Mit jedem Tag, den der Mauerstreit und der "Shutdown" andauern, wächst der Druck auf Trump und den Kongress, eine Einigung zu finden. Für neun Ministerien und zahlreiche Behörden lief mit Anbruch des 22. Dezembers die Finanzierung aus. Was abstrakt klingt, hat Auswirkungen aufs Alltagsleben, weil viele Behörden nur im Notmodus oder gar nicht mehr funktionieren. Und für die betroffenen Regierungsmitarbeiter hat der "Shutdown" ganz konkrete Folgen – nämlich beim Gehalt.
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Nach Regierungsangaben wurden rund 800.000 von ihnen entweder in den Zwangsurlaub geschickt oder sie müssen zunächst ohne Bezahlung weiterarbeiten. In letztere Kategorie fallen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, deren Arbeit als "essenziell" eingestuft wird, um das öffentliche Leben nicht zum Stillstand zu bringen - etwa Sicherheitskontrolleure an Flughäfen. Trump nennt die Betroffenen am Mittwoch "fantastische Patrioten" - von denen in der Frage der Grenzmauer viele mit ihm übereinstimmten.
- Nachrichtenagentur dpa