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Donald Trump: So kontert die EU am besten auf die Strafzoll-Drohungen


Trumps Verhandlungsstrategien
"Dann hätte Trump seinen Ruf verloren"

  • David Schafbuch
InterviewVon David Schafbuch

Aktualisiert am 05.02.2025 - 06:29 UhrLesedauer: 5 Min.
«Schöne» Zölle: Was Trumps Pläne für Deutschland bedeutenVergrößern des Bildes
Donald Trump: Verhängt der US-Präsident bald Strafzölle gegen die EU? (Archivbild) (Quelle: Alex Brandon/AP/dpa/dpa-bilder)
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Der US-Präsident droht auch der EU mit Strafzöllen. Eine Verhandlungsexpertin erklärt, wie man auf Donald Trump reagieren sollte.

Es ist vermutlich nur noch eine Frage der Zeit, bis die USA Strafzölle gegen die EU verhängen. "Das wird definitiv für die Europäische Union passieren", sagte US-Präsident Donald Trump am Wochenende. Zuvor hatte Trump bereits Mexiko, Kanada und China mit Zöllen gedroht.

Allerdings fielen die Antworten der Staaten unterschiedlich aus: Während Kanada und Mexiko Zugeständnisse machten und Trump die Zölle gegen diese Länder daraufhin aussetzen ließ, reagierte China mit verschiedenen Gegenmaßnahmen. Was kann die EU daraus lernen und wie muss man Trump begegnen, der sich selbst gerne mit seinem Verhandlungsgeschick rühmt? t-online hat darüber mit Katharina Weber gesprochen. Weber ist Geschäftsführerin der Negotiation Advisory Group, eines Unternehmens, das auf Verhandlungsberatung spezialisiert ist.

t-online: Auch wenn Sie Donald Trump noch nicht in einer Verhandlung gegenüber gesessen haben: Wie würden Sie seinen Verhandlungsstil beschreiben?

Katharina Weber: Aus seiner ersten Amtszeit wissen wir, dass Trump sehr gerne das "Chicken Game" spielt.

Wie funktioniert das?

Man muss sich das folgendermaßen vorstellen: Zwei Menschen fahren mit ihren Autos aufeinander zu. Dann gibt es zwei Handlungsmöglichkeiten: Entweder einer weicht aus, rettet dem anderen das Leben, gilt dann aber als "feiges Huhn". Oder man hält eben weiter drauf und ist am Ende der Sieger – eventuell mit fatalen Folgen. Auf eine Verhandlung bezogen bedeutet das: Es gewinnt immer der, der sich mehr traut und von dem man glaubt, dass er nicht ausweicht.

(Quelle: Anne Kaiser)

Zur Person

Katharina Weber ist Geschäftsführerin der Negotitiation Advisory Group, die auf die Beratung bei Verhandlungen spezialisiert ist. Mit einem verhandelten Volumen von mehr als 25 Milliarden Euro zählt das Unternehmen nach eigenen Angaben zu den größten seiner Art in Europa.

Das heißt: Trump geht immer ein hohes Risiko ein und es gibt bei ihm nur Verlierer oder Gewinner?

Seine Strategie ist hochriskant. Aber es gibt nicht nur Gewinner und Verlierer. Denn wenn wir in dem Bild bleiben, hat der Verlierer ja sein Leben behalten, weil er ausgewichen ist. Aber der andere Fahrer gilt als Gewinner, weil er vermeintliche Nervenstärke bewiesen hat. Trump geht es immer darum, dass alle glauben, dass er nie ausweicht. Trump will, dass man ihm alles zutraut. Das sehen wir auch jetzt in der Reaktion von Kanada und Mexiko auf die angedrohten Strafzölle.

Beide Länder haben sehr schnell reagiert, indem sie mehr Grenzschutz versprochen haben. Daraufhin hat Trump die Zölle ausgesetzt. China hat dagegen auf Trumps Ankündigungen mit eigenen Zöllen reagiert und eine Kartelluntersuchung gegen Google angekündigt.

Bisher sind Trump so starke Gegner wie China noch nicht so häufig begegnet. Er soll ja schon Verhandlungsbereitschaft angedeutet haben. Dadurch verliert er etwas von seinem Image. Viele Techfirmen in den USA haben ihn ja zuletzt stark unterstützt. Da kann sich Trump eigentlich keine Blöße leisten. Insofern war das eine sehr spannende Antwort von China. Das Ergebnis könnte jetzt sein, dass Trump zurückrudern muss. Das könnte einen Dominoeffekt auslösen.

Wie meinen Sie das?

Alle müssen immer Angst vor Trump haben, ansonsten funktioniert sein Konzept nicht. Wenn es jetzt aber China gelingt, ihm Bedingungen zu diktieren, könnten das in Zukunft auch andere Länder so handhaben. Dann hätte Trump seinen Ruf verloren.


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Trumps Verhandlungsstil ist absolut ungewöhnlich.


Katharina Weber


Es wird oft von seiner Unberechenbarkeit gesprochen. Dabei sehen wir doch gerade, dass seine Strategien sich immer wieder gleichen: Er baut Druck auf, demonstriert damit Stärke und provoziert dadurch Verhandlungen. Ist das nicht das Gegenteil von Unberechenbarkeit?

Es stimmt, dass Trump immer so vorgeht. Die Unberechenbarkeit zeigt sich bei ihm darin, dass man ihm wirklich zutraut, dass er alle seine Drohungen auch tatsächlich umsetzen könnte. Das sorgt für Verunsicherung. Aber wenn China ihm jetzt die Stirn bietet, könnte es sein, dass er seine Strategie ändern muss.

Trump hat diese Herangehensweise nicht in der Politik gelernt, sondern in der Wirtschaft. Kann er so in der Weltpolitik dauerhaft überstehen?

Trumps Verhandlungsstil ist absolut ungewöhnlich. Nüchtern betrachtet war er in seiner ersten Amtszeit aber damit sehr erfolgreich.

Allerdings nicht immer: Trump erhöhte etwa verbal den Druck auf Nordkorea, dann handelte er persönlich mit Kim Jong-un einen Deal aus, an dessen Ende Nordkorea nukleare Abrüstung versprach. Dazu kam es allerdings nie. Ist Trump also tatsächlich ein guter Verhandler oder tut er manchmal nur so?

Es ist ihm auf jeden Fall sehr wichtig, das Gefühl zu vermitteln, dass er erfolgreich war. Die kommunizierten Ziele einer Verhandlung unterscheiden sich aber häufig von den eigentlichen Absichten der Teilnehmer. Trump wollte vielleicht einfach nur beweisen, dass er ein solches Treffen überhaupt organisieren kann. Die eigentlichen Beschlüsse waren möglicherweise für ihn überhaupt nicht relevant.

Trump soll anfällig für Schmeicheleien sein, etwa wenn er für seine Führungsstärke gelobt wird. Würden Sie das für sich nutzen?

Reine Schmeicheleien funktionieren bei Trump nicht. Es ist aber trotzdem sehr wichtig, dass man sich vor Verhandlungen klarmacht, welche Person einem gegenübersitzt: Welche Bedürfnisse und Hintergründe gibt es und worauf springt sie möglicherweise an? Insofern sollte man auch Trumps Schwächen ausnutzen. Ich glaube aber, dass es bei Trump auf etwas anderes mehr ankommt: Man darf ihm nicht nur allgemeine Gegenmaßnahmen androhen, sondern sollte möglichst konkret werden.

Die EU und Deutschland rechnen damit, dass Trump auch gegen sie bald Strafzölle ankündigen wird. Olaf Scholz und Ursula von der Leyen sollten in dem Fall also Trump mit sehr konkreten Gegenmaßnahmen antworten?

Korrekt, aber es dürfen keine leeren Drohungen sein. Ich wäre mir nicht so sicher, ob die EU jede Drohung auch umsetzen kann. Denn in Brüssel müssen die Positionen mit zahlreichen Entscheidern abgestimmt werden. Dadurch ist es schwerer, Verbindlichkeit aufzubauen. Die EU-Vertreter müssten Trump sehr konkret sagen: Das sind unsere Optionen und so viel wird das die USA kosten. Sie könnten auch Trump direkt einen Zeitrahmen setzen. Wenn er etwa innerhalb einer Woche nicht reagiert, könnte die EU die ersten Zölle verhängen oder Ähnliches.

Trump ist zuzutrauen, dass er es darauf erst einmal ankommen lässt.

Deshalb ist es so wichtig, dass die EU auch Bedingungen aufstellt, die sie auch tatsächlich zeitnah umsetzen kann. Trump muss wissen, dass die EU nicht blufft. Als Verhandlungstaktiker muss man sich trauen, zu sagen: Bis hierhin und nicht weiter.

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Mit Diplomatie hat all das nicht mehr viel zu tun. Nehmen Sie diese Ellenbogenmentalität bei Verhandlungen auch in anderen Branchen stärker wahr?

In vielen Industrien ist diese Denkweise schon angekommen. Die Automobilindustrie ist etwa dafür bekannt, dass Forderungen sehr hart durchgesetzt werden. Insgesamt bleibt dieses "Chicken Game" aber eine sehr unsichere Verhandlungsstrategie. Denn man kann sich sehr leicht die Finger verbrennen. Es ist sehr überraschend, dass Trump so lange damit durchgekommen ist.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Katharina Weber
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