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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nächster US-Präsident Trumps erste heikle Entscheidung
Donald Trump steht vor der ersten großen Machtprobe – ausgerechnet in der eigenen Partei. Sollten seine nominierten Minister trotz republikanischer Mehrheit im Senat scheitern, wäre er zum Beginn seiner Präsidentschaft angeschlagen.
Bastian Brauns berichtet aus Washington
Kaum eine politische Prozedur ist in der US-Hauptstadt so gefürchtet wie die sogenannten Senate Confirmation Hearings. Diese Anhörungen zur Bestätigung durch den Senat sind die schwerste Hürde für neue Minister und auch für den Präsidenten. Denn die zweite Kammer des Kongresses entscheidet in den kommenden Wochen, ob Donald Trumps nominierte Kandidaten Teil seines künftigen Kabinetts sein dürfen.
Die Anhörungen starten an diesem Dienstag und können eigentlich eine reine Formsache sein. Denn die Republikaner haben mit 51 Sitzen im Senat die erforderliche einfache Mehrheit. Aber Donald Trumps Personalentscheidungen für seine zweite Amtszeit haben schon vor Beginn große Diskussionen ausgelöst, auch in den eigenen Reihen. Matt Gaetz, Trumps Favorit für den Posten des Generalbundesanwalts und Justizministers, musste deshalb bereits vor Wochen vorzeitig seinen Rückzug erklären.
Viele von Trumps Favoriten, wie sein neuer Außenminister Marco Rubio, gelten zwar als sicher. Aber andere, umstrittene Kandidaten könnten bei den eigenen Leuten durchfallen – aus ganz unterschiedlichen Gründen. Mal sind es Sicherheitsbedenken, mal ideologische Differenzen. Für den 47. US-Präsidenten sind diese Tage in Washington die entscheidende Machtprobe zu seinem Amtsbeginn. Ihr Ausgang wird zeigen, wie gefestigt sein Rückhalt bei den republikanischen Senatoren ist. Davon hängt nicht zuletzt ab, wie geräuschlos Trump seine politische Agenda in Form von Gesetzen durch das Parlament bekommen wird.
Nicht nur die republikanischen Senatoren befragen ihre Kandidaten. Besonders die Demokraten werden Trumps Favoriten ins Kreuzverhör nehmen und geradezu grillen. Je nachdem, was sie an bislang möglicherweise verborgenen Details über die Personen ans Licht bringen, wächst auch der öffentliche Druck auf Trump und die Republikaner. Viel wird auch davon abhängen, wie gut sich die Kandidaten in dieser öffentlichen Extremsituation schlagen werden.
Besonders bei diesen vier Kandidaten droht ab sofort eine öffentliche Schlacht, an deren Ende sie womöglich aufgeben müssen. Trump müsste dann nachnominieren. Seine Macht über die Senatoren wäre gebrochen. Überstehen aber selbst die umstrittenen Kandidaten das Verfahren, könnte Trump fürs Erste unschlagbar sein.
Pete Hegseth – Der Rabauke
Als einer der ersten Wunsch-Minister ist Pete Hegseth an diesem Dienstag an der Reihe. Der 44-jährige langjährige Fox-News-Moderator und frühere US-Soldat ist der von Trump nominierte Verteidigungsminister. Vor einigen Wochen schien er bereits fast ein gescheiterter Kandidat zu sein. Ähnlich wie bei Matt Gaetz als Justizminister sieht sich Hegseth unter anderem mit sexuellen Übergriffen aus dem Jahr 2017 konfrontiert. Hinzu kommen Vorwürfe zu exzessivem Alkoholkonsum, finanziellem Missmanagement und mangelnder Erfahrung mit dem Leiten einer Regierungsbehörde. Das Verteidigungsministerium ist immerhin ein Apparat mit fast drei Millionen Mitarbeitern und einem jährlichen Budget von rund 800 Milliarden Dollar.
Doch Pete Hegseth bestreitet all diese Vorwürfe, und seit Wochen übt eine Koalition von Trump-Unterstützern Druck auf die republikanischen Senatoren aus. Wer den Trump-Kandidaten nicht unterstützen will, dem drohen politische Konsequenzen. Das Trump-Prinzip: Bei der kommenden Wiederwahl stellt er bei den parteiinternen Vorwahlen schlicht einen Gegenkandidaten auf, der den Amtsinhaber aus dem Rennen wirft.
Finanziell gut ausgestattete Lobby-Gruppierungen wie das "Article III Project" oder "Building America’s Future" haben auch öffentliche Kampagnen gestartet, um Hegseth und andere Trump-Kandidaten zu unterstützen. Sie schalten Werbespots, rufen zu Kundgebungen auf und organisieren Graswurzelbewegungen, die inzwischen Zehntausende Telefonanrufe und E-Mails an die Senatoren getätigt haben. Offenbar mit Erfolg: Die Senatorin Joni Ernst hatte sich anfangs kritisch über Hegseth geäußert, sprach sich aber zuletzt vermehrt für ihn aus.
Die entscheidende Frage wird trotzdem sein, ob Hegseth all die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bei den Anhörungen überzeugend kontern kann. Eine Schwachstelle für ihn dürfte sein: Hegseth hatte sich nicht nur diskriminierend gegenüber Homosexuellen und Transgender-Personen im US-Militär geäußert. Auch Frauen an der Waffe sieht er kritisch. So sagte er bei einem Podcast-Aufritt im vergangenen Jahr: "Ich sage ganz offen, dass wir keine Frauen in Kampfeinsätzen haben sollten. Es hat uns nicht effektiver gemacht. Es hat das Kämpfen komplizierter gemacht." Frauen hätten zwar ihren Platz im Militär, aber nicht bei Spezialeinheiten, Artillerie, Infanterie und Panzereinheiten, so Hegseth.
Tulsi Gabbard – Das mögliche Sicherheitsrisiko
Für die einstige demokratische Abgeordnete aus Hawaii, Tulsi Gabbard, steht noch kein Anhörungstermin fest. Die 43-Jährige soll unter Trump die leitende Direktorin für die nationalen Geheimdienste werden (Director of National Intelligence, kurz DNI). Weil alle amerikanischen Geheimdienste unter ihrer Aufsicht ständen, ist dieser Posten besonders sensibel. Als DNI würde Tulsi Gabbard täglich an den Sicherheitsgesprächen mit Präsident Donald Trump teilnehmen.
Und so steht Gabbard wohl vor der schwierigsten Bestätigungs-Schlacht aller Kandidaten. Als frühere Demokratin erzeugt sie bei eingefleischten Republikanern wohl von vornherein Skepsis. Sie muss direkt besser sein, um sich Respekt zu verschaffen. Wichtiger als ihr politischer Wechsel ins Lager der Republikaner aber dürften ihre Äußerungen und Handlungen sein, die Tulsi Gabbard in den vergangenen Jahren außenpolitisch getätigt hat.
Besonders kritisiert werden ihre Äußerungen zur russischen Invasion in der Ukraine, die immer wieder die russische Sichtweise widerspiegelten. Auf der Nachrichtenplattform X schrieb sie im Jahr 2022 beispielsweise: "Dieser Krieg und dieses Leid hätten leicht vermieden werden können, wenn die Biden-Regierung/die Nato einfach die berechtigten Sicherheitsbedenken Russlands anerkannt hätten." Einige Jahre zuvor war Tulsi Gabbard (damals noch als Demokratin) zu einem Treffen mit dem syrischen Diktator Baschar al-Assad gereist. Kritiker hatten ihr schon damals vorgeworfen, einen Massenmörder zu legitimieren.
Ein weiterer Schwachpunkt dürfte wie bei Pete Hegseth ihre mangelnde Führungserfahrung sein. Obwohl sie als ehemalige Soldatin und Abgeordnete viele Qualifikationen aufweist, hat sie noch keine größere Behörde geleitet. Direkt mit der Aufsicht für alle Geheimdienste beauftragt zu werden, macht auch republikanische Senatoren misstrauisch. Ihre politischen Ansichten dürften insbesondere bei Republikanern, die außenpolitisch einen harten Kurs gegen Russland fordern, nicht gut ankommen.
Doch wie bei Pete Hegseth gibt es auch bei Gabbard viele Stimmen, die sie unterstützen. Sie ist immerhin die Wunschkandidatin von Donald Trump. Sie zu beschädigen, würde seine Präsidentschaft schädigen. Tulsi Gabbard gilt rhetorisch außerdem als sehr versiert. Heftige Anschuldigungen wird sie wahrscheinlich sehr schlagfertig kontern.
Robert F. Kennedy Jr. – Der Querdenker
Auch für Robert F. Kennedy Jr. (RFK Jr.) ist noch kein Termin angesetzt. Der frühere Demokrat und Neffe von US-Präsident John F. Kennedy soll Trumps Gesundheitsminister werden. Und ähnlich wie Tulsi Gabbard und Pete Hegseth ist er eine polarisierende Figur. Nachdem Kennedy sich bei den Demokraten zurückgezogen hatte, wollte er zunächst als unabhängiger Präsidentschaftskandidat gegen Joe Biden und Donald Trump antreten.
Seit der Covid-19-Pandemie wurde er hauptsächlich durch seine umstrittenen Ansichten zu Impfungen bekannt. Kennedy ist nicht nur ein ausgesprochener Gegner von Impfpflichten, sondern verbreitet auch zahlreiche Verschwörungstheorien und Falschinformationen zu Impfungen. Kurz: Als Gesundheitsminister könnte er nicht nur die Impfpolitik empfindlich beeinflussen, sondern die gesamte öffentliche Gesundheitskommunikation grundlegend verändern.
Republikanische Senatoren könnten allerdings zu der Ansicht gelangen, dass RFK Jr. nicht allzu gefährlich für die öffentliche Gesundheit werden könnte – schlicht, weil Donald Trump am Ende mögliche irre Entscheidungen verhindern könnte. Als Mitglied der berühmten Kennedy-Familie gilt RFK Jr. außerdem als Glücksgriff von Trump, weil er über die Grenzen des republikanischen Lagers hinweg Wählergruppen binden kann. Mit seiner seit Jahren unverhohlenen Kritik an "Big Pharma", also an den in Washington besonders lobbymächtigen Pharmaunternehmen, hat sich Kennedy tatsächlich ins Herz vieler Amerikaner gekämpft.
Eine echte Schwachstelle von RFK Jr. sind allerdings seine liberalen Ansichten zu Schwangerschaftsabbrüchen. In einer E-Mail während seines Wahlkampfs hieß es, Kennedy unterstütze das Recht der Frau auf eigene Entscheidung. Die Kritik an besonders späten Abtreibungen sei eine künstlich herbeigeführte Debatte, um die Gesellschaft zu spalten. In Wahrheit seien sie selten und würden nur im Notfall vorgenommen. Kennedy gab sich überzeugt, dass es "nicht die Aufgabe der Regierung ist, in diese schwierigen medizinischen und moralischen Entscheidungen einzugreifen." Erzkonservative Senatoren könnten sich daran erheblich stören. Aber als Gesundheitsminister hätte RFK Jr. in dieser Frage ohnehin kaum Einfluss.
Seine Chancen vor dem Senat dürften insgesamt deshalb von allen vier umstrittenen Kandidaten am besten stehen. Obwohl er öffentlich als eine der umstrittensten Figuren gilt, die für viel gesellschaftlichen Sprengstoff sorgen könnte.
Kash Patel – Der Albtraum für das FBI
Sollte Kash Patels Ernennung als Trumps künftiger Chef des FBI bestätigt werden, wäre das ein besonders dramatischer Wechsel an der Spitze der obersten Ermittlungsbehörde der USA. Von den vier kritischen Kandidaten gilt der 44-Jährige als derjenige mit den stärksten parteipolitischen Bindungen. Beim FBI-Chef wird herkömmlich auf eine gewisse Unabhängigkeit Wert gelegt – immerhin handelt es sich auch um den amerikanischen Inlandsgeheimdienst.
Die Sorge ist darum ähnlich wie bei Tulsi Gabbard groß, dass Trump über Kash Patel Jagd auf politische Gegner machen könnte. Kein Wunder, löst diese Personalie längst Panik innerhalb der Behörde aus. Denn Trumps Kandidat hat sich gerade durch seine scharfe Kritik am FBI einen Namen gemacht. Unter anderem hat er bereits eine Liste erstellt, auf der "staatliche Gangster" festgehalten sind. Darunter fallen seiner Ansicht nach nicht nur der jetzt scheidende FBI-Direktor Christopher Wray, sondern auch Joe Bidens bisheriger Generalstaatsanwalt Merrick Garland. Auch bei den einstigen Ermittlungen wegen der russischen Einmischungen in Trumps ersten Wahlkampf im Jahr 2017 hatte Kash Patel sich gegen das FBI gestellt.
Nicht nur Demokraten, sondern auch republikanische Senatoren könnten die Unabhängigkeit des FBI mit Kash Patel in Gefahr sehen. Insbesondere der altgediente langjährige Mehrheitsführer Mitch McConnell könnte hinter den Kulissen gegen ihn intervenieren. Der 82-Jährige hat wenig zu verlieren und gilt aus Sicht des Trump-Lagers als schwer zu kontrollieren. Aber auch die beiden Senatorinnen Lisa Murkowski und Susan Collins gelten als wackelig.
Aber wie die anderen Kandidaten hat Kash Patel in den vergangenen Wochen zahlreiche Treffen im Kapitol absolviert, um für seine Integrität zu werben. Bei den Senatoren könnte sich am Ende die Ansicht durchsetzen, dass Patels schrille Töne eben zum Wahlkampfgetöse gehörten und er jetzt einen seriösen Job machen könnte. Als Anwalt und früherer Bundesstaatsanwalt im Justizministerium bringt Patel in jedem Fall eine gewisse Erfahrung mit, wenngleich auch er bislang keine größere Behörde geleitet hat.
- Eigene Recherchen und Beobachtungen