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Präsident des Iran Raisi stirbt bei Helikopter-Crash: Es herrscht Zorn


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Tod von Irans Präsident
Die Wut ist groß


21.05.2024Lesedauer: 5 Min.
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Menschen bei einer Trauerkundgebung in Teheran: Der Tod Raisis spaltet die Iraner. (Quelle: IMAGO/Sha Dati)
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Nach dem Tod Ebrahim Raisis droht dem Iran nun ein Machtkampf. Doch warum stürzte der Hubschrauber mit dem iranischen Präsidenten ab und welche Folgen hat der Vorfall für die internationale Politik?

Viele Stunden lag der Iran am Sonntag im Unklaren, was im äußersten Nordwesten des Landes eigentlich passiert war. Bergretter kämpften sich in der Provinz Ost-Aserbaidschan durch Nebel und Regen, Krankenwagen und Polizeifahrzeuge rutschten über schlammige Straße. Sie suchten nach einem verschwundenen Hubschrauber, in dem der iranische Präsident Ebrahim Raisi und der Außenminister Hossein Amirabdollahian unterwegs gewesen waren. Gewissheit über ihr Schicksal gab es erst früh am Montagmorgen.

Raisi und Amirabdollahian sind tot, gestorben beim Absturz ihres Helikopters. Die Reaktionen im Iran auf den Tod des Präsidenten waren gespalten. In einigen Städten feierten Iranerinnen und Iraner, zündeten aus Freude Feuerwerk. Andere wiederum versammelten sich in Moscheen, um für Raisi zu beten. Das iranische Staatsfernsehen inszenierte die Trauer, indem es auch Frauen mit tränennassen Gesichtern zeigte.

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Beim Mullah-Regime sitzt der Schock tief. Der Tod des 63-Jährigen trifft den Iran in einer Zeit, in der die Führung zunehmend damit beschäftigt ist, die Nachfolge des obersten geistigen Führers Ajatollah Ali Chamenei vorzubereiten – und Raisi galt als Favorit für die mächtigste Position im Land. Das stellt zwar Chamenei vor ein Dilemma, aber der Hubschrauberabsturz wird das Land nicht in eine politische Krise stürzen.

Der Tod von Raisi ist zumindest für die Machtbasis der Mullahs keine Erschütterung. Das Regime ist wie andere Diktaturen vor allem auf den eigenen Machterhalt ausgelegt, wird auch in Zukunft jegliche Proteste mit äußerster Gewalt niederknüppeln. Und dennoch könnte der Iran trotzdem eine neue Phase der Instabilität und des Machtkampfs erleben. Auch außenpolitisch stehen die Zeichen auf Sturm, denn schon jetzt versuchen iranische Hardliner, den USA die Schuld in die Schuhe zu schieben am Absturz von Raisis Hubschrauber.

Eines ist in jedem Fall klar: Im Iran regiert auch weiterhin der Zorn.

Video | Irans Präsident stirbt bei Hubschrauberabsturz
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Quelle: t-online

Der "Schlächter von Teheran"

Diese Wut ist an mehreren Fronten zu beobachten. Einerseits haben sich die gesellschaftlichen Gräben im Iran seit 2022 deutlich vertieft. Nach dem durch Polizeigewalt herbeigeführten Tod der kurdischstämmigen Iranerin Jina Mahsa Amini in Teheran am 16. September 2022 gab es landesweite Proteste gegen die autoritäre Regierung des Staates. Das Mullah-Regime geht bis heute mit äußerster Brutalität gegen sie vor.

Die Folgen wiegen schwer. Die Menschenrechtsorganisation HRNA zählte bis Ende Januar 2023 mindestens 527 Getötete, darunter 71 Minderjährige. Die Dunkelziffer soll noch höher liegen. Vielen inhaftierten Protestierenden droht die Todesstrafe – und manche Hinrichtungen im Iran finden nicht öffentlich statt. Insgesamt sollen 30.000 Menschen nach den Protesten verhaftet worden sein.

Raisi war das Gesicht des Regimes und somit auch der aktuellen Bluttaten. Die Hinrichtungen im Iran sind aber nicht die einzigen schwarzen Flecken in der Biografie des abgestürzten Präsidenten. Er gehörte 1988 zu einer vom damaligen Revolutionsführer Ajatollah Chomeini ernannten vierköpfigen Gruppe, die als "Gremium des Todes" bekannt wurde. Ihre Aufgabe: die "Säuberung" der Gefängnisse – und das tat die Gruppe gründlich, ließ mehrere Tausend Gefangene hinrichten.

Deswegen eilte Raisi schon vor seiner Ernennung zum Präsidenten der Ruf des Massenmörders voraus. Seine Gegner nannten ihn den "Schlächter von Teheran". Auch deswegen ist es keine Überraschung, dass Teile der iranischen Öffentlichkeit seinen Tod feiern.

Chamenei steckt in einem Dilemma

Bei den Hardlinern war Raisi dagegen äußerst beliebt, auch weil er als Zögling des heutigen Ajatollah Chamenei gilt und aus der gleichen Region wie der aktuelle geistige Führer stammt. Der verstorbene Präsident gilt als der loyalste Amtsinhaber in den vergangenen Jahrzehnten und so es war keine Überraschung, dass Chamenei in Raisi gerüchteweise bereits seinen Nachfolger gefunden haben sollte.

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Chamenei ist 85 Jahre alt. Er ist das dienstälteste Staatsoberhaupt im Nahen und Mittleren Osten. Sein Regime war bereits durch interne politische und religiöse Kämpfe beschädigt, seit sich sein Gesundheitszustand zuletzt weiter verschlechtert hatte. Da er mit Raisi nun seinen potenziellen Nachfolger verloren hat, muss er sich wahrscheinlich wieder mehr in die Öffentlichkeit einschalten. Und er muss seine Nachfolge neu regeln – das wird das entscheidende Problem.

Dabei geht es um seine geistliche Nachfolge. Das Amt des Präsidenten ist nebensächlich. Der erste Vizepräsident Mohammad Mokhber wird es kommissarisch übernehmen, bis innerhalb der kommenden 50 Tage Neuwahlen stattfinden. Auch diesmal wird das Regime darauf achten, dass die Kandidaten handverlesen sind. Das galt schon im März für die Theologen, die sich um einen Sitz im Expertenrat bewarben, jenem Gremium, das den obersten Führer wählt.

Damals wurde sogar der ehemalige Präsident Hassan Rohani von dieser wichtigen Wahl ausgeschlossen. Er schrieb einen Wutbrief und klang dabei wie ein Oppositionspolitiker: Er rief das Volk zum "Widerstand gegen die kleine Minderheit" auf.

Aber der ehemalige Präsident ist Chamenei zu moderat. Er will seine Macht an einen Nachfolger abgeben, der seinen Kurs weiterführt und die Stabilität des Regimes schützt. Darum geht es hauptsächlich. Deswegen sollte wahrscheinlich Raisi zum obersten Führer aufsteigen. Er war nicht nur bei den mächtigen Revolutionsgarden beliebt, sondern stand auch für einen kompromisslosen Kurs gegenüber den USA.

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Wichtig für den Iran wird also sein, wie sich der Machtkampf um den Posten des obersten Führers entscheidet. Aber wen hat Chamenei nun im Auge? Hoch gehandelt wird nach Einschätzung des Nahostexperten Daniel Gerlach derzeit vor allem Chameneis Sohn Mojtaba. "Doch diese Wahl würde große Kritik auslösen", sagt Gerlach t-online. "Erstens gilt er als jemand, der sich im System bereichert hat." Zudem würden manche Iraner darin eine Rückkehr zu einer dynastischen Erbfolge wie zu Zeiten des Schahs sehen. "Das wollte die Islamische Revolution eigentlich abschaffen. Das ist, so scheint mir, auch Chamenei bewusst." Ein Dilemma, selbst in einer Diktatur.

Wer ist für den Absturz verantwortlich?

Das internationale Spannungsfeld im Nahen und Mittleren Osten wird dabei den innenpolitischen Machtkampf im Iran beeinflussen. Das iranische Regime sieht sich in einem regionalen Kampf gegen seine Erzfeinde Israel und die USA. Der Iran unterstützt Regierungen und Milizen in der Region, die diese Feindbilder teilen. Im Irak, im Libanon, im Jemen oder in Syrien oder die Terrorgruppe Hamas im Gazastreifen.

Dieser Stellvertreterkrieg gehört zum Vermächtnis von Chamenei und er wird alles daran setzen, dass er weiterläuft. So verkündete die iranische Führung kurz nach dem Hubschrauberabsturz von Raisi, dass der Vorfall die Operationen des Iran nicht beeinflussen werde.

Schon jetzt versuchen auch iranische Kräfte, den Tod ihres Präsidenten für die eigenen politischen Zwecke zu instrumentalisieren. So wetterte der einstige Außenminister Mohammed Dschawad Sarif am Montag: "Die USA sind verantwortlich für Raisis Hubschrauberabsturz. Sie haben den Verkauf von Flugzeugen und Ersatzteilen an den Iran verboten."

Aber stimmt das? Der Absturz Raisis hatte wahrscheinlich zwei Gründe: Veraltete Technik und schlechtes Wetter. Das iranische Militär fliegt teilweise noch mit Flugzeugen und Hubschraubern von vor 1979, weil der Westen nach der iranischen Revolution die Lieferung von derartigen Komponenten eingestellt hat. Seit 2011 haben westlichen Länder aufgrund von Menschenrechtsverletzungen oder aufgrund des Atomprogramms des Mullah-Regimes immer mehr Sanktionen gegen den Iran eingeführt.

Das iranische Regime setzt jedoch seinen Konfrontationskurs fort und inszeniert sich selbst als regionale Großmacht. Da wäre es natürlich ein Zeichen der Schwäche, wäre ihr Fluggerät so veraltet, dass ihre führenden Politiker vom Himmel fallen. Diesen Gesichtsverlust gilt es unter allen Umständen zu vermeiden, weshalb Teheran nun versucht, diesen peinlichen Vorfall für sich zu nutzen, indem es die Wut auf die USA nährt. Ein klares Ablenkungsmanöver. Im Iran selbst dürfte es trotzdem teilweise auf fruchtbaren Boden in der Gesellschaft fallen.

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