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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Blutwerte aufmerksam prüfen Studie entdeckt überraschenden Demenz-Risikofaktor
![Demenz: Die neurodegenerative Erkrankung hat viele Risikofaktoren - auch hohe Cholesterinwerte. Demenz: Die neurodegenerative Erkrankung hat viele Risikofaktoren - auch hohe Cholesterinwerte.](https://images.t-online.de/2025/02/VT68fbQHxuOq/0x210:4000x2250/fit-in/1920x0/demenz-die-neurodegenerative-erkrankung-hat-viele-risikofaktoren-auch-hohe-cholesterinwerte.jpg)
Mal sind die Cholesterinwerte zu hoch, dann wieder im grünen Bereich. Was erst einmal nicht ganz so kritisch klingt, könnte besonders ungünstig für das Gehirn sein.
Ein hoher Cholesterinspiegel gilt als Risikofaktor für Demenz. Nun deutet eine neue Studie darauf hin, dass die Schwankungen der Cholesterinwerte noch aussagekräftiger für das Demenzrisiko sein könnten als deren Durchschnittswerte. Die Ergebnisse der Studie sind kürzlich im Fachjournal "Neurology" erschienen.
Gut zu wissen
Etwa zwei Drittel der Erwachsenen in Deutschland hat erhöhte Cholesterinwerte – oft ohne es zu wissen. Hinzu kommt, dass etwa 23 Prozent der Männer und fünf Prozent der Frauen in Deutschland erhöhte Triglyzeridwerte im Blut aufweisen.
Langzeitbeobachtung von Lipidwerten
Die Wissenschaftler der Monash University in Melbourne analysierten die Blutfettwerte von fast 10.000 Probanden. Konkret bestimmten die Forschenden das Gesamtcholesterin, das LDL-Cholesterin, das HDL-Cholesterin und die Triglyzeride der Teilnehmer zu Studienbeginn und in den Jahren eins, zwei und drei. Anschließend beobachteten sie die Probanden über einen Zeitraum von bis zu elf Jahren.
Eingeschlossen wurden nur Personen, die keine lipidsenkenden Medikamente einnahmen. Bei den Probanden handelte es sich um ältere Menschen (69 Jahre und älter) aus Australien und den USA.
Die unterschiedlichen Blutfettwerte erklärt
Cholesterin ist ein lebenswichtiges Blutfett. Es gibt mehrere Arten von Cholesterin. Zu den wichtigsten gehören das LDL-Cholesterin (Low Density Lipoprotein) und das HDL-Cholesterin (High Density Lipoprotein). Bedeutend für die Gesundheit ist das Verhältnis der beiden Cholesterinarten zueinander. Das LDL-Cholesterin bringt Fett von der Leber in viele verschiedene Organe. Daher gilt das LDL-Cholesterin als "böses" Cholesterin, weil es zu Ablagerungen in den Blutgefäßen der Organe führen kann. Langfristig droht dadurch Arteriosklerose, die Verengung der Blutgefäße. Das HDL-Cholesterin bringt Fett aus den Zellen und Organen zurück zur Leber und gilt daher als "gutes" Cholesterin. Mehr zum Cholesterin erfahren Sie in diesem Artikel.
Triglyzeride sind eine weitere Art von Blutfetten. Auch sie erfüllen wichtige Aufgaben im Körper. Ist der Triglyzeridspiegel allerdings zu hoch, können auch Triglyzeride zu einer Arteriosklerose führen und somit das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall erhöhen. Mehr zu Triglyzeriden erfahren Sie hier.
Korrelation zwischen Schwankungen und Demenzrisiko
Das Ergebnis der Studie: Die Messwerte der Blutfettwerte schwankten bei einigen Probanden teils erheblich. Und hohe Schwankungen beim Gesamtcholesterin und LDL-Cholesterin standen in Verbindung mit einem erhöhten Demenzrisiko.
So hatten Personen mit den höchsten Schwankungen beim Gesamtcholesterin ein um 60 Prozent höheres Demenzrisiko als jene mit den geringsten Schwankungen dieses Blutfettwerts. Für das LDL-Cholesterin wuchs das Risiko durch die Schwankungen um 48 Prozent. Und: Je stärker diese Cholesterinwerte schwankten, umso schneller nahmen bestimmte Gedächtnisleistungen ab, etwa wie schnell eine Person Veränderungen in der Umgebung erkennt und darauf reagiert.
Wenn Probanden hingegen zu Schwankungen im HDL-Cholesterin neigten, hatte das keine Auswirkung auf das Demenzrisiko. Bei unregelmäßigen Triglyzerid-Konzentrationen konnte lediglich ein leichter Einfluss auf das Gedächtnis festgestellt werden.
Schwankungen wichtiger als der Durchschnittswert
Interessanterweise spielten die absoluten Cholesterinwerte eine untergeordnete Rolle. Weder der Durchschnittswert noch dessen langfristige Entwicklung (steigend oder fallend) hatten einen so großen Einfluss auf das Demenzrisiko.
Die Forschenden vermuten, dass wiederholte Cholesterinschwankungen die Hirngefäße beeinträchtigen, etwa indem sie Entzündungen im Gehirn auslösen, die neurodegenerative Erkrankungen wie Demenz begünstigen. Möglich sei auch, dass das Gehirn durch Cholesterin-Ablagerungen im Zuge der Atherosklerose geschädigt wird. Denn durch die Verengung der Blutgefäße gelangen Sauerstoff und Nährstoffe nicht mehr so gut ins Gehirn. Das verursacht letztlich generelle neuronale Schäden.
Bedeutung für die klinische Praxis
Diese Erkenntnisse könnten die Art und Weise, wie das Demenzrisiko bewertet wird, verändern. Statt auf einmalige oder durchschnittliche Cholesterinwerte zu setzen, könnte eine längerfristige Beobachtung der Schwankungen neue diagnostische Ansätze bieten. Weitere Forschung ist nötig, um die genauen Mechanismen zu verstehen und mögliche therapeutische Maßnahmen abzuleiten.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- neurology.org: "Association of Year-to-Year Lipid Variability With Risk of Cognitive Decline and Dementia in Community-Dwelling Older Adults" (Stand: Februar 2025; Englisch)
- stiftung-gesundheitswissen.de: "Erhöhte Cholesterinwerte – Ursachen und Folgen". (Stand: Januar 2022)
- stiftung-gesundheitswissen.de: "Erhöhte Triglyzeridwerte – Ursachen und Folgen". (Stand: Januar 2022)
- hirnstiftung.org: "Demenz: Zwei neue Risikofaktoren festgestellt". (Stand: April 2024)