Ministerin stellt Einsamkeitsbarometer vor Diese Menschen sind besonders einsam
Familienministerin Lisa Paus hat das Einsamkeitsbarometer vorgestellt. Die Studie zeigt, wer in Deutschland am meisten von Einsamkeit betroffen sind.
Auch wenn man heute so einfach wie noch nie zuvor über das Internet mit Menschen auf der ganzen Welt kommunizieren kann, wird Einsamkeit immer mehr zum Problem. Das zeigt auch das von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) am Donnerstag vorgestellte Einsamkeitsbarometer.
Die Studie zeigt, dass Alleinerziehende, Arbeitslose, gering Qualifizierte, chronisch Kranke sowie Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung überdurchschnittlich stark von Einsamkeit betroffen sind. Kaum Unterschiede gibt es demnach zwischen Menschen auf dem Land oder in der Stadt sowie zwischen den ost- und westdeutschen Bundesländern.
Bei dem Einsamkeitsbarometer handelt es sich um eine Langzeitstudie. Die Grundlage bilden repräsentative Daten des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) zwischen 1992 und 2021. Besonders in der Zeit der Corona-Pandemie zeichnete sich eine Entwicklung ab, bei der Einsamkeit zunehmend auch unter jüngeren Menschen zum Problem wurde.
Corona-Pandemie hat Einsamkeit verstärkt
Im Jahr 2020 wies die Gruppe der 18- bis 29-Jährigen mit 31,8 Prozent die höchste Einsamkeitsquote auf, bei den über 75-Jährigen stieg die Zahl auf 22,8 Prozent. In den Jahren vor der Pandemie waren ältere Menschen noch deutlich häufiger einsam. "Einsamkeit ist keine Frage des Alters", sagte Paus.
Zudem hat die Corona-Pandemie den sogenannten Gender Loneliness Gap noch einmal verstärkt, heißt es im Einsamkeitsbarometer. Demnach stieg die Einsamkeitslast der Frauen von 8,8 Prozent im Jahr 2017 auf 33,2 Prozent im Corona-Jahr 2020, um 2021 wieder auf 12,8 Prozent zu sinken.
Bei Männern lag die Quote teils deutlich darunter. Sie stieg von 6,6 Prozent (2017) auf 23,1 Prozent (2020) und sank 2021 auf 9,8 Prozent. Das ist der Anteil der Befragten, die angaben, sich "häufiger als manchmal einsam zu fühlen".
Einsamkeit hat negative Auswirkungen auf Körper und Psyche
Die Studie zeigt auch auf, dass sich Einsamkeit negativ auf die psychische und physische Gesundheit auswirken kann. Demnach wird Einsamkeit "mit depressiven Störungen, suizidalem Verhalten, Schlafproblemen, höherer Mortalität sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden".
Laut Einsamkeitsbarometer wiesen im Jahr 2021, 60,7 Prozent der Personen mit erhöhter Einsamkeitsbelastung eine unterdurchschnittliche körperliche Gesundheit auf. Zwischen Einsamkeit und ihren Folgen besteht auch eine Wechselwirkung – psychische oder körperliche Erkrankungen können soziale Isolation begünstigen oder verstärken. Lesen Sie hier mehr zu den Folgen von Einsamkeit.
Soziale Beziehungen seien demnach eine "Ressource für ein gesundes Leben", da sie "Stressfaktoren reduzieren, Resilienz steigern und sich positiv auf das Verhalten und den Lebensstil auswirken".
Die Grünen-Politikerin nannte Einsamkeit eine "Herausforderung für die gesamte Gesellschaft". Sie betreffe mehrere Millionen Menschen und habe sich in der Pandemie verstärkt. "Wir dürfen die Augen vor "sozialem Long Covid" nicht verschließen", sagte Paus. Sie kündigte unter anderem eine "Aktionswoche gegen Einsamkeit" vom 17. bis 21. Juni an und eine Kampagne, bei der unter anderem Kurzvideos über soziale Medien ausgespielt werden sollen, um dort junge Menschen zu erreichen.
"Aktionswoche gegen Einsamkeit" soll einsamen Menschen helfen
Nach Angaben des Ministeriums handelt es sich um die erste Initiative dieser Art auf Bundesebene. Die Regierungen anderer Länder haben bereits vor Jahren Maßnahmen gegen Einsamkeit ergriffen. In Großbritannien und Japan gibt es beispielsweise schon seit längerem eigene Ministerien für die Belange einsamer Menschen.
Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz pocht darauf, das Problem viel stärker als bisher in den Blick zu nehmen. "Einsamkeit trifft alle Generationen. Sie ist vielleicht die größte Volkskrankheit in Deutschland", sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur. Bestandsaufnahmen wie das Einsamkeitsbarometer alleine reichten da nicht aus, mahnte Brysch. "Einsamkeitsbarometer können hier lediglich den Zustand messen. Doch Probleme werden so noch nicht gelöst."
Es gebe bislang nur einzelne Projekte gegen Einsamkeit. "Von einer Entwicklung in der Breite ist Deutschland weit entfernt." Brysch warb für mehr Maßnahmen in Kommunen, beispielsweise für die Schaffung von "Seniorenämtern" analog zu den bereits bestehenden Jugendämtern. Eine neue Behörde hätte die Möglichkeit, auch Hinweise aus der Bevölkerung aufzunehmen, erklärte Brysch. Viel zu oft bleibe Einsamkeit noch unerkannt.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- "Einsamkeitsbarometer 2024" (PDF)
- Nachrichtenagentur afp
- Nachrichtenagentur dpa