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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Konkurrenz für Dominos Dieser Pizzalieferant will Deutschland erobern
Die Corona-Pandemie hat zu einem Liefer-Boom geführt. Die holländische Marke New York Pizza will das jetzt nutzen – und im großen Stil den Markt für Pizzalieferungen aufmischen.
Ob im Restaurant, im Italien-Urlaub oder aus der Tiefkühltruhe: Pizza ist eines der Lieblingsgerichte der Deutschen. Mindestens genauso beliebt, vor allem seit den Corona-Lockdowns, ist dabei die Lieferpizza. Bislang dominierte die amerikanische Kette Dominos den deutschen Markt, neben Pizza Hut mit einem deutlich geringeren Marktanteil.
Das niederländische Unternehmen New York Pizza will das jetzt ändern. Mit ihrem Markteintritt in Deutschland haben die Holländer gleich drei regionale Ketten übernommen, die nun umgeflaggt werden: die Firma Stückwerk mit 32 Filialen im Westen des Landes sowie Flying Pizza mit 43 Niederlassungen im Norden und Osten Deutschlands und Pizza Planet mit mehr als 30 Filialen vor allem im Großraum Berlin.
Deutschland-Chef Karsten Freigang kennt den Liefermarkt gut und hat große Pläne. Im Interview mit t-online erklärt er, wie er seinen alten Arbeitgeber Dominos angreifen will – und warum die deutsche Provinz viel ungenutztes Potenzial bietet.
t-online: Herr Freigang, in Deutschland gibt es schon Dominos und Pizza Hut – warum braucht es eine weitere ausländische Pizzakette?
Karsten Freigang: Pizza Hut gibt es schon lange in Deutschland. Das Unternehmen ist aber nicht wirklich erfolgreich und nur wenige Filialen liefern Pizza nach Hause. Dominos hingegen ist sehr erfolgreich – daran war ich ja nicht ganz unbeteiligt. Mit rund 400 Betrieben ist Dominos hierzulande einsamer Marktführer.
Und dem, Ihren alten Arbeitgeber, wollen Sie es jetzt zeigen?
Nachdem ich 2018 bei Dominos aufgehört hatte, habe ich mich oft gefragt, warum hier keiner eine große Nummer zwei im Pizza-Liefergeschäft aufbaut. Denn wenn Sie in die Niederlande schauen, nach England oder in die USA, stellen Sie fest, dass sich stets zwei Wettbewerber den Markt aufteilen. In Holland ist New York Pizza bereits diese starke Nummer zwei. In den vergangenen 28 Jahren konnten wir dort beweisen, dass wir mit dem Marktführer Dominos mithalten können. Genau das wollen wir jetzt auf dem deutschen Markt schaffen.
Vor Ihrer Zeit bei New York Pizza hat das Unternehmen bereits 2014 versucht, in Deutschland Fuß zu fassen – und scheiterte. Was machen Sie jetzt anders?
Scheitern gehört dazu. Dominos zum Beispiel ist gleich dreimal in Deutschland gescheitert. Sie haben immer wieder dieselben Fehler gemacht und ausländisches Management mitgebracht, das die deutschen Strukturen nicht kannte. So ähnlich war es 2014 auch bei New York Pizza. Diesmal soll es mit dem Prinzip „Buy-and-Build“ anders werden: Wir kaufen kleinere etablierte Ketten auf und bauen sie aus.
Karsten Freigang ist seit Anfang 2021 Managing Director und CEO von New York Pizza. Zuvor war er CEO von Dominos Deutschland (ehemals Joey's Pizza Deutschland) und verantwortet dort unter anderem die Übernahme von Hallo Pizza.
Ist der beste Zeitpunkt dafür nicht schon wieder vorbei? Schließlich gehen viele Menschen nach der Corona-Pandemie jetzt wieder ins Restaurant und verzichten auf Essenslieferungen.
Im Vergleich zu vielen anderen Branchen ist das Liefergeschäft sehr krisenfest. In der Pandemie haben viele Menschen das Lieferangebot sogar erst neu entdeckt. Hinzu kommt: Die Marktdichte in Deutschland ist im internationalen Vergleich sehr gering, vor allem was Systemgastronomie betrifft. Da ist also noch viel Luft nach oben.
Dafür müsste man Sie jedoch erst einmal kennen. Wie wollen Sie den Deutschen die Marke New York Pizza näher bringen?
Das Gute an unserer "Buy-and-Build"-Strategie ist, dass wir dadurch schnell eine große Anzahl an Betrieben haben, die uns die nötige Marketingpower gibt. Wir haben zudem den Vorteil, dass wir drei Marken erworben haben. Deren Ansätze erhalten wir und ergänzen sie durch die Vorzüge unserer Marke. Dazu zählen unter anderem neue Rezepte und unsere beiden Teigsorten "Italian" und der "Original New York Pizza Style". Für die Kunden schaffen wir so einen zusätzlichen Nutzen.
Markteintritte gibt es sonst eher in Metropolen wie Berlin, Hamburg oder Frankfurt. Ihre neuen Filialen liegen vor allem in der Provinz. Zufall oder Strategie?
Mit unseren neuen Filialen sind wir stark im Ruhrgebiet, in und um Bremen sowie im Großraum Berlin aufgestellt. Jedoch war die geografische Lage der Filialen für uns weniger relevant. Fakt ist: In der Provinz ist die Konkurrenz kleiner. Das hilft uns zum Start. Gleichzeitig gilt: Wir wollen deutschlandweit vertreten sein – von Norden nach Süden, von Osten nach Westen.
New York Pizza startete 1993 in den Niederlanden und umfasst mit den neusten Zukäufen in Deutschland ein Franchise-Filialnetz von insgesamt 342 Zweigstellen. Seit diesem Jahr hält der norwegische Konzern Orkla eine Beteiligung von 75 Prozent an dem Unternehmen. In diesem Zusammenhang wurde New York Pizza mit 145 Millionen Euro bewertet. Im Jahr 2020 verkaufte New York Pizza 11,5 Millionen Pizzas und erzielte einen Gesamtumsatz von 54,7 Millionen Euro.
Klingt nach großen Expansionsplänen. Wo wollen Sie mit New York Pizza in einem Jahr stehen?
Wir sind uns sicher, dass wir im Laufe des nächsten Jahres zur Nummer zwei auf dem deutschen Markt werden können. Mit den drei Übernahmen sind wir jetzt bei knapp mehr als 100 Filialen. In den nächsten Monaten sind weitere zehn bis zwölf neue Filialen geplant. So soll es dann weitergehen. Auch Zukäufe sind weiter ein Thema, wenn ein Partner zu uns passt. Ich schätze, dass wir Ende nächsten Jahres rund 100 bis 200 Filialen betreiben werden.
Können Ihre Kunden dann auch in den Filialen essen?
Es gibt unterschiedliche Store-Konzepte. Es gibt ein paar kleinere Betriebe, wo unsere Kunden auch vor Ort essen können. 90 Prozent der Umsätze jedoch generieren wir über das Liefern. New York Pizza ist ein klassischer Lieferdienst.
Werden Sie dafür auch neue Fahrer einstellen?
Natürlich.
Viele Lieferdienste stehen wegen niedrigen Löhnen und schlechten Arbeitsbedingungen in der Kritik. Wie stehen Sie dazu?
Ich bin schon länger im Geschäft und habe das schon früher so gesehen: Viele Lieferunternehmen machen zu Beginn den Fehler, nicht von Anfang an für vernünftige Arbeitsbedingungen zu sorgen. Dann gibt es Schlagzeilen und es wird nachgebessert. Besser wäre es, wenn es direkt funktionieren würde, sonst bekommt die ganze Branche einen schlechten Ruf. Bei uns werden die Menschen ordentlich bezahlt.
Wie viel verdienen die Fahrer denn bei Ihnen?
Das kann ich so eindeutig nicht beantworten, denn die Mitarbeiter sind bei den Franchisenehmern angestellt. Der Mindestlohn ist natürlich gesetzt.
In welcher Bandbreite bewegen wir uns?
Ich würde mal sagen: Zwischen 9,50 Euro und 12,50 Euro.
Würde eine Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro die Pizzen teurer machen?
Da müssen wir uns die Gesamtkalkulation anschauen. Neben Lohnfragen sind da auch die aktuellen Lieferprobleme und höhere Einkaufspreise für Lebensmittel und hohe Energiepreise Thema. Anfang des Jahres erwarten wir deshalb höhere Pizzapreise.
Um wie viel Prozent werden sie sich steigern?
Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Wir berechnen alle Faktoren und stellen dann unseren Franchise-Partnern Preisgruppen zur Verfügung. Bei den individuellen Entscheidungen spielt dann auch wieder die Konkurrenzsituation eine Rolle.
Zurück zu den Arbeitsbedingungen: Dominos fiel unlängst damit auf, dass die Fahrer pro Vermittlung Geld an ihren Arbeitgeber abdrücken müssen. Wie wird das bei New York Pizza geregelt?
Derlei Methoden und Lohnabzüge gibt es bei uns nicht. Als Arbeitgeber muss man seine Mitarbeiter fair behandeln. Neben dem Gehalt zählen dazu übrigens auch sichere Verkehrsmittel – idealerweise mit Elektroantrieb. Gute Arbeitskleidung ist gerade für Lieferanten wichtig, wenn es etwa schneit oder regnet. Auch eine angenehme Arbeitsatmosphäre in den Filialen ist wichtig, damit die Mitarbeiter gerne zu uns kommen.
Das gilt auch für die Kundschaft. Die bekommt bei Ihnen einiges zu entdecken, zum Beispiel Bacon-, Kebap- oder Trüffel-Geschmack. Sind ungewöhnliche Beläge mittlerweile beliebter als die Klassiker?
Neue Trends probieren wir gerne aus und bieten unseren Kunden so auch Abwechslung. Da gibt es eine Reihe überraschende Hits, von denen sich manche auch etablieren. Doch die Klassiker Pizza Salami, Margherita und Hawaii machen weiterhin das größte Volumen aus. Da sehen wir häufiger, dass die Kunden kleine Extras hinzufügen, wie Käse im Rand oder auch einen neuen Teig.
Was ist die ausgefallenste Pizza, die Sie selbst gegessen haben?
In Holland bieten wir einen Blumenkohlteig an, der sehr beliebt ist. Persönlich konnte ich mir das nicht vorstellen und fand, es klingt langweilig. Mittlerweile aber ist dieser Teig sogar mein Favorit.
Sie haben auch vegane Alternativen im Angebot, zum Beispiel für Thunfisch. Wie groß ist da die Nachfrage?
Die Mengen sind noch zu vernachlässigen, aber der Trend ist insgesamt da. Auch während der Corona-Pandemie war der Bio-Trend krisenfest, da hat sich nichts verändert. Das Interesse an hochwertigen Zutaten und Transparenz bei der Herkunft ist da.
Herr Freigang, wir danken Ihnen für das Gespräch.
- Interview mit Karsten Freigang