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Trumps Zoll-Strategie: Wie die EU reagieren sollte


Expertin über Trumps Zollpolitik
So kann sich die EU befreien


Aktualisiert am 09.04.2025Lesedauer: 4 Min.
Donald Trump: Er hat mit seiner Zoll-Entscheidung Anleger irritiert.Vergrößern des Bildes
Donald Trump: Er hat mit seiner Zoll-Entscheidung Anleger irritiert. (Quelle: IMAGO/YURI GRIPAS)
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Chaos an der Börse, Unruhe bei Handelspartnern – doch Trump bleibt bei seiner Zollstrategie. Was ist sein Plan – und Europas mögliches Gegenmittel?

Donald Trumps Zollankündigung hat in der vergangenen Woche nicht nur Regierungen auf der ganzen Welt erschüttert – auch die Märkte reagierten heftig. Die US-Börsen Dow Jones, Nasdaq und S&P 500 verloren seither mehrere Billionen US-Dollar, Investoren sind verunsichert.

Trump lässt währenddessen durchblicken, dass er gar nicht daran denkt, die Zölle wieder abzuschaffen. Einen Vorschlag der EU, gegenseitige Zölle auf null zu setzen, hat der US-Präsident abgelehnt. Weil China Gegenzölle auf US-Waren erhoben hat, eskaliert Trump den Handelskonflikt noch weiter – und hat die Abgaben auf Importe aus China auf 104 Prozent erhöht. Was ist Trumps Plan? Und wie kann die EU nun weitermachen? t-online beantwortet die wichtigsten Fragen.

Warum erhebt Trump die Zölle – und will nicht von ihnen abrücken?

Die Wirtschaftsexpertin Sonali Chowdhry vom Deutschen Institut für Wirtschaft (DIW) erklärt: "Die US-Regierung verfolgt mit den neuen Zöllen das Ziel, 'unfaire' Handelsungleichgewichte mit ausländischen Partnern zu korrigieren, Industriearbeitsplätze in die USA zurückzuholen und Staatseinnahmen zu steigern." Trumps Zoll-Rechnung hat allerdings eine Vielzahl von Fehlern: Unter anderem sind die angeblichen Zölle, auf die sich die US-Gegenzölle beziehen, in vielen Fällen eher aus dem Handelsdefizit als einem real existierenden Zoll-Ungleichgewicht errechnet. Einbezogen wurde außerdem nur die Handelsbilanz für Waren, nicht die für Dienstleistungen.

Sonali Chowdhry
Sonali Chowdhry (Quelle: DIW/Florian Schuh)

Zur Person

Dr. Sonali Chowdhry ist Handelsökonomin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Ihre Forschung konzentriert sich unter anderem auf globale Lieferketten. Sie promovierte 2022 mit Auszeichnung in Volkswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Kann das funktionieren?

An einen Erfolg glaubt Chowdhry nicht: "Insgesamt ist dies keine glaubwürdige Wachstumsstrategie." Das habe mehrere Gründe: "Das Ziel, Handelsungleichgewichte mit allen Ländern zu beseitigen, ist unrealistisch." Zum einen würden so Entwicklungsländer wie Madagaskar bestraft, die sich den Import von US-Waren gar nicht leisten können. Handelsbeziehungen zwischen zwei Ländern bestünden darüber hinaus nicht isoliert, sondern seien Teil einer Wertschöpfungskette. "Zum Beispiel verändert sich durch eine Anpassung des Handels mit China automatisch auch der Handel mit Ländern, die Teil seiner Lieferketten sind."

Auch US-Unternehmen, die auf Importe angewiesen sind, seien davon betroffen. "Diese Unsicherheit kann genauso schädlich sein wie die direkten Kosten der Zölle", erklärt Chowdhry t-online. "Unternehmen zögern, langfristige Verpflichtungen einzugehen, wenn die Handelsregeln instabil sind."

Video | Eine Trump-Blamage bahnt sich an
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Quelle: t-online

Wie reagieren die Anleger?

Die Eskalation des amerikanisch-chinesischen Handelskriegs hat den Dax am Mittwoch wieder massiv unter Druck gesetzt. Gut eine Stunde nach Handelsbeginn büßte der deutsche Leitindex 2,79 Prozent auf 19.714,86 Punkte ein. Damit knüpfte er nach den kurzzeitigen Gewinnen am Dienstag an seine vorangegangene Talfahrt an – und fiel wieder hinter die für den langfristigen Trend wichtige 200-Tage-Durchschnittslinie zurück.

Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verlor 2,8 Prozent. Am Dienstag hatte er ebenso wie der Dax rund zweieinhalb Prozent Boden gut gemacht. Auch in Asien dominierten zuletzt Kursverluste, und in New York zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung ab.

Wie nervös die Märkte weiterhin sind, zeigt eine Episode vom Montag: In weniger als einer halben Stunde stiegen und fielen die US-Indizes um mehrere Tausend Punkte. Auslöser: Eine bei X kursierende Fake News über angebliche 90-tägige Ausnahmen von den US-Zöllen für alle Länder außer China. Chowdhry erklärt dazu: "Die gestrigen Reaktionen an den Aktienmärkten zeigen deutlich, dass die Märkte in Aufruhr sind und Investoren weltweit nach Entlastung von den neuen Zöllen und der beispiellosen Unsicherheit verlangen."

Wie treffen die Zölle und die Verluste am Aktienmarkt den Durchschnittsamerikaner?

"Die Anpassung wird auch für US-Verbraucher schmerzhaft sein", so Chowdhry. Die Preise für die vielen importierten Güter, von Kraftfahrzeugen über Kleidung bis hin zu Elektronik, dürften deutlich steigen. Selbst bei Produkten aus Ländern, die Trump mit einem Basiszoll von "nur" zehn Prozent belegt hat, seien "erhebliche Kostensteigerungen" zu erwarten.

62 Prozent und damit fast zwei Drittel der Amerikaner haben in den Aktienmarkt investiert. 2016 lag der Wert noch bei 52 Prozent. Viele dieser Amerikaner sorgen mit ihren Investitionen in einen sogenannten 401k-Plan für das Alter vor – Werte, die heute verloren gehen, betreffen also direkt ihre private Altersvorsorge.

Schwankungen an sich sind an der Börse nichts Ungewöhnliches – allerdings nicht in der aktuellen Ausprägung. Experten raten im Falle eines Wertverlustes wie dem jetzigen dazu, die Geldanlage zu halten und darauf zu hoffen, dass es zur Besserung kommt, bevor man die Investitionen schließlich für die private Altersvorsorge heranziehen muss. Im besten Fall haben jüngere Investoren also noch Jahrzehnte Zeit, bis sie den 401k auflösen müssen – Ältere dagegen nicht.

Was kann und muss die EU jetzt tun?

Einiges hat die Staatengemeinschaft auch bereits umgesetzt. So hat die EU den USA die Abschaffung aller Zölle auf Industriegüter auf beiden Seiten angeboten – die US-Regierung lehnte ab. Am Mittwoch will die EU über die Einführung von Zöllen auf US-Güter wie Jeans und Motorrädern entscheiden, die dann in der kommenden Woche kämen. Eine zweite Welle an Zöllen auf US-Importe steht im Mai an. Auch eine EU-Digitalsteuer, die besonders US-Megakonzerne wie Amazon, X oder Meta treffen würde, wird immer wieder diskutiert.

Auch an anderen Stellen muss Europa nun schnell handeln, glaubt Chowdhry. "Die EU, die nun mit einem neuen Zollsatz von 20 Prozent konfrontiert ist, muss rasch eine Antwort formulieren, um das multilaterale Handelssystem zu schützen und eine Eskalation des Protektionismus zwischen Ländern zu verhindern." Eine Möglichkeit sei die Diversifizierung der Handelsbeziehungen, also die Stärkung eines Wirtschaftsgeflechts, das auf mehr als einen Haupthandelspartner setzt.

Chowdhry schlägt dabei unter anderem tiefere Beziehungen zu Kanada, Mexiko, Japan und Südkorea vor. "Simulationen zeigen, dass dies die wirtschaftlichen Schäden eines Zollkonflikts mit den USA neutralisieren und für alle EU-Mitgliedstaaten zu einem BIP-Wachstum führen würde." Eine solche Lieferketten-Diversifizierung würde außerdem wie eine Art Versicherung gegen weitere Änderungen der US-Zölle, zunehmende geopolitische Spannungen und die Auswirkungen des Klimawandels wirken.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Sonali Chowdhry
  • Eigene Recherche
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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