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Tesla: Gigafactory Berlin – Video zeigt die Baustelle und ihre Tücken


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Zu Besuch auf der Baustelle
Video zeigt: Warum Teslas Gigafabrik ein Desaster droht


23.05.2021Lesedauer: 6 Min.
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"Lage ist unübersichtlich": Noch immer gibt es für die Gigafabrik keine endgültige Zulassung, Umweltaspekte sind weiter ungeklärt. Ein Besuch bei Gegnern und Unterstützern. (Quelle: t-online)
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In wenigen Wochen hätten in Grünheide die ersten Teslas vom Band laufen sollen. Doch weder ist die Fabrik fertig noch gibt es grünes Licht von den Behörden. Muss am Ende womöglich alles rückgebaut werden? Ein Besuch an Deutschlands bekanntester Baustelle.

Steffen Schorcht ist kaum aus seinem Auto gestiegen, da sprudelt es schon aus ihm heraus. "Was Sie hier sehen, liegt alles im Wasserschutzgebiet", sagt er.

Vermuten würde man nun grüne Wiesen, Wald, vielleicht einen kleinen Bach. Stattdessen stapeln sich graue Baucontainer hinter Drehtüren aus Metall. Bagger kratzen Sand aus dem Boden, ein Lkw mit Betonrohren wartet auf Einlass. An einem der Container leuchtet ein weißes T auf rotem Grund, das Logo des Bauherrn: Tesla .

"Da hinten wird gerade eine weitere Halle gebaut", sagt Schorcht und zeigt an einem riesigen Sandberg vorbei nach Osten. "Wir vermuten, dass das die Batteriefabrik werden soll."

Wie weit der Bau fortgeschritten ist und was Gegner und Unterstützer sagen, sehen Sie im Video oben oder hier.

Tesla baut in Grünheide auf eigenes Risiko

Dafür, dass es noch gar keine endgültige Genehmigung gibt, herrscht viel Betrieb auf Deutschlands wohl bekanntester Baustelle. Gleich neben der Autobahn 10, kurz hinter Berlin, baut der US-amerikanische Elektroautohersteller seine Gigafactory, das erste Tesla-Werk Europas. Allerdings auf eigenes Risiko, mit der inzwischen 14. vorläufigen Zulassung.

"Fakten schaffen", nennt Schorcht das. Als Mitglied der Bürgerinitiative Grünheide kämpft er gegen die prominente Ansiedlung und für einen Rückbau. Seine Sorge: negative Folgen für Natur und Anwohner, weil die Fabrik zu viel Wasser verbrauche und Schadstoffe in Boden und Luft gelangen könnten. "Hier entsteht eine Chemiefabrik im Wasserschutzgebiet", schimpft er. "Die Landesregierung hätte diese Fläche niemals anbieten dürfen."

Elon Musk ließ Leitungen ohne Erlaubnis verlegen

60 Kilometer weiter, im Umweltministerium in Potsdam, sieht man das anders. Das Baugelände sei bereits 2001 als Industriegebiet ausgewiesen worden, teilt ein Sprecher mit. Und: Auch in einem Wasserschutzgebiet seien Fabriken unter strengen Auflagen erlaubt. "Diese einzuhalten hat sich Tesla verpflichtet."

Dessen Chef Elon Musk scheint das nicht immer zu kümmern. Wie Recherchen des ZDF-Magazins "Frontal 21" und "Businessinsider" ergaben, ließ er wochenlang Leitungen für Trink- und Niederschlagswasser verlegen, ohne die Erlaubnis dafür zu haben.

Das Umweltministerium hat deswegen ein Bußgeldverfahren eingeleitet. Auch Testrammungen für die rund 550 Pfähle, die die Aluminiumgießerei stützen, soll der E-Auto-Pionier illegalerweise veranlasst haben.

Tesla-Fans empfangen Musk wie einen Popstar

Teslas Eile hat einen Grund: Die Konkurrenz auf dem E-Auto-Markt wächst und Musk muss beweisen, dass sein Unternehmen auch mit Autos Geld verdienen kann, statt wie bisher mit Kryptowährungen und CO2-Zertifikaten. 500.000 Elektroautos pro Jahr wollte Tesla eigentlich ab Juli in Brandenburg herstellen. Doch der Start verspätet sich.

Wohl auch deshalb ließ sich Musk Anfang der Woche überraschend in Grünheide blicken, machte sich selbst ein Bild davon, wie die Arbeiten vorankommen. Dass ihm die zähe Bürokratie in Deutschland missfällt, ist bekannt.

Auch am Montag kritisierte er erneut den langen Genehmigungsprozess. "Wenn es immer mehr Regeln gibt, kann man am Ende gar nichts mehr machen", sagte Musk, während er an der Baustelle Autogramme gab wie ein Popstar. Der 49-Jährige hält es weiter für möglich, Ende des Jahres mit der Produktion zu beginnen.

Schorcht rechnet eher mit Mitte 2022 – wenn überhaupt. Denn auch wenn Musk schnelleres Tempo gewohnt ist: Aus Sicht von Brandenburger Umweltschützern sind die Behörden Tesla schon zu sehr entgegengekommen. Etwa bei der genehmigten Wassermenge.

1,4 Millionen Kubikmeter pro Jahr braucht Tesla nach eigenen Angaben in der ersten Ausbaustufe – so viel wie eine 40.000-Einwohner-Stadt. Wächst die Fabrik, rechnet Grünheide mit zusätzlichen 2,15 Millionen Kubikmetern pro Jahr, die die Gemeinde bereitstellen müsste. Nur: Woher nehmen?

Für die Politik ist das Wasserproblem gelöst

Die Region leidet schon länger unter Trockenheit. Von Jahr zu Jahr fällt weniger Regen, die Einwohner sind angehalten, Wasser zu sparen. "Mit Tesla spitzt sich die Situation zu", sagt Schorcht. "Das kann Auswirkungen bis nach Berlin haben."

Arne Christiani hält die Lage für weniger dramatisch. Grünheides parteiloser Bürgermeister sieht im Wasser kein Problem, sondern eine "technische Herausforderung". Es müsse schlicht von dort, wo es ausreichend gibt, hierhin transportiert werden, wo es benötigt wird, sagt er.

Das Land Brandenburg erkundet dafür Hangelsberg, einen Ortsteil der Gemeinde, etwa 700 Meter vom Tesla-Gelände entfernt. Doch bis es ein Ergebnis gibt, kann es Jahre dauern. Christiani jedenfalls ist sich sicher: "Für die erste Ausbaustufe ist genug Wasser da und es kann vom Wasserverband geliefert werden." Daran soll auch die weltgrößte Batteriefabrik nichts ändern, die Musk zusätzlich zur E-Auto-Fertigung plant.

Wasserverband will sich lieber nicht äußern

Fragt man den Lieferanten selbst, scheint die Lage allerdings weniger klar zu sein. Der Wasserverband Strausberg-Erkner möchte sich aktuell lieber nicht äußern und teilt lediglich mit: "Derzeit ist die Situation relativ unübersichtlich, sodass wir im Moment keine seriösen Aussagen zum Sachverhalt machen können."

Wen es treffen könnte, wenn Tesla zu produzieren beginnt, zeigt Steffen Schorcht wenige Autominuten entfernt. Hinter einer schmalen Brücke führt ein Wanderweg entlang der Löcknitz, die hier in weiten Schwüngen durch das Naturschutzgebiet mäandert. Vier steinerne Frösche bewachen das Ufer, an dem zwei Anglerinnen ihre Ruten ausgeworfen haben.

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"Wir fürchten, dass die Tesla-Fabrik Auswirkungen auf dieses Gebiet hat", sagt Schorcht. Denn durch die Versiegelung der Fläche werde Wasser entzogen, die Feuchtwiesen könnten austrocknen und so den Lebensraum seltener Insekten gefährden. "Außerdem wird das Löcknitztal touristisch genutzt. Wanderer kommen hierher, genauso wie Wassersportler oder Menschen, die Vögel beobachten wollen – zumindest jetzt noch."

Tesla scheint Brandenburg attraktiv zu machen

Den möglichen Wegfall von Einnahmen aus dem Tourismus könnte die Region verschmerzen, wenn eintritt, was Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach beobachtet. "Firmen, die vorher nicht mal wussten, wo Brandenburg liegt, haben uns nun auf der Landkarte entdeckt und wollen sich hier ansiedeln", sagt der SPD-Politiker. Seit sich Tesla für Grünheide entschieden habe, gebe es mehr Anfragen für Investitionen als in der Zeit davor – "und das trotz Corona".

Auch Bürgermeister Christiani betont die wirtschaftlichen Vorzüge der Gigafactory. "Das ist jetzt endlich mal die Chance, dass die jungen Menschen, die hier aufgewachsen sind, die Möglichkeit haben, auch in qualifizierten Berufen zu arbeiten." Allein bei Tesla könnten einmal bis zu 40.000 Menschen arbeiten – wenn es die Fabrik bis zur Endausbaustufe schafft.

Die Chronik der Gigafactory:
Auf einer Preisverleihung in Berlin im November 2019 verkündet Elon Musk überraschend, dass er das erste Tesla-Werk Europas in Grünheide bauen werde. Vier Monate später beginnen die Bauarbeiten – mit vorläufiger Genehmigung. Im Februar 2020 stoppt eine Klage die Rodung des Kiefernwaldes; allerdings nur kurzfristig. Wegen Artenschutzbedenken verhindert ein Gericht im Dezember erneut eine Abholzung. Ärger gibt es auch beim Wasser. Nach Kritik am hohen Verbrauch senkt Tesla die Menge von 3,3 Millionen auf 1,45 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Im November 2020 kündigt Musk an, das Werk auch zur weltgrößten Batteriefabrik zu machen. Im April 2021 schreibt Tesla in seinem Geschäftsbericht, die Produktion könne "spät im Jahr 2021" starten – statt wie zuvor geplant im Juli. In der ersten Ausbaustufe sollen 12.000 Menschen bei Tesla arbeiten.

"Das ist Profitstreben im grünen Mäntelchen"

Arbeitsplätze auf der einen, Naturschutz auf der anderen Seite. Ist die Geschichte von Tesla in Grünheide der klassische Kampf zwischen zwei Werten, die sich unvereinbar gegenüber stehen? Aus Sicht von Elon Musk nicht. Er sieht Tesla als Unternehmen, das beides vereine: Wachstum und Nachhaltigkeit.

Naturschützer Schorcht kann darüber nur müde lächeln. "Elon Musk ist ein begnadeter Verkäufer", sagt er und steuert sein Auto wieder ein Stück näher an die Baustelle. "Was wir hier haben ist Profitstreben mit grünem Mäntelchen."

Zielstrebig hält er auf den Rand eines Waldstücks zu, die Reifen wirbeln so viel Sand auf, dass der Wagen fast nicht mehr zu sehen ist. Zu Fuß geht es weiter entlang eines Gleisbetts. Über knackende Äste und rostige Schienen, schließlich eine schmale Steintreppe hinauf. "Von hier aus hat man den besten Blick über die Baustelle", sagt Schorcht.

Und tatsächlich: In seiner ganzen Größe zeigt sich jetzt das Königreich des selbst ernannten "Technokings". 300 Hektar Industrie, umgeben von Kiefernwald. Auch die Fläche, auf der künftig die Batteriefabrik stehen könnte, ist nun zu erkennen. Drei Fußballfelder hätten an ihrer Stelle Platz.

Sie ist auch der Grund, warum Tesla sich mit seinem Bauvorhaben wohl ein weiteres Mal der Öffentlichkeit stellen muss. Denn im Antrag, über den die Behörden bisher entscheiden sollten, war nur von der E-Auto-Fabrik die Rede; nun aber will Tesla auch die Batterieproduktion einbeziehen.

Das Umweltministerium wartet noch auf die geänderten Unterlagen. Vom Silicon-Valley-Tempo, das Wirtschaftsminister Steinbach einst für die Genehmigungen versprochen haben soll, entfernt sich das Projekt damit noch weiter als ohnehin schon.

"Die Landesregierung wollte Tesla um jeden Preis"

Schorcht hofft nun auf neuen Widerstand aus der Bevölkerung. Anders als zu Beginn der Bauarbeiten sei die Stimmung jetzt viel kritischer. Als Mitglied des Nabu und der Grünen Liga Brandenburg weiß er: Die Umweltverbände haben längst wieder Anwälte eingeschaltet. Jede vorläufige Genehmigung wird von ihnen genau geprüft. "Es wird nicht einfacher für Tesla", sagt Schorcht.

Dabei hat er bei seinem Kampf gegen die Bauarbeiten gar nicht den E-Auto-Hersteller im Speziellen im Sinn. "Es geht nicht darum, Tesla zu verhindern. Es geht darum, die Gesetze zum Umweltschutz einzuhalten." Und wenn sich zeige, dass das nicht gehe, müsse man eben Änderungen vornehmen. Oder rückbauen.

Für den Fall, dass die abschließende Genehmigung tatsächlich ausbleibt, hat Tesla vorgesorgt – und 100 Millionen Euro hinterlegt. Der Schuldige stünde für Schorcht jedenfalls schon fest: "Die Landesregierung wollte Tesla offenbar um jeden Preis. Sie hat Versprechungen ohne Ende gemacht. Und Tesla muss es jetzt ausbaden."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche vor Ort
  • Gespräch mit Steffen Schorcht
  • Gespräch mit Arne Christiani
  • Statement von Jörg Steinbach
  • Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg
  • Antwort des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz Brandenburg
  • Antwort des Wasserverbands Strausberg-Erkner
  • Antwort des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung
  • "Frontal 21"-Bericht
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