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Eiermangel an Ostern? Das sagt der Chef des Eierverbands


Eiermangel zu Ostern?
"Der Markt wird Herrn Trump eines Besseren belehren"


18.04.2025 - 12:08 UhrLesedauer: 7 Min.
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Hans-Peter Goldnick mit der schleswig-holsteinischen Landwirtschaftsstaatssekretärin Anne Benett-Sturies (Archivbild): Er warnt vor zukünftigem Eiermangel. (Quelle: IMAGO/P.Nowack/imago)
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Auch die Geflügelwirtschaft könnte unter Trumps Zöllen leiden. Der US-Weg sei grundlegend falsch, sagt der Chef des Branchenverbands im t-online-Interview.

Das Osterfest steht kurz bevor, doch es gibt Sorge um das Wesentliche: In den USA etwa fehlen bereits täglich Millionen Eier. Auch in Deutschland ist die Lage angespannt. Allerdings glaubt Hans-Peter Goldnick, Präsident der deutschen Geflügelwirtschaft, nicht an einen gravierenden Eiermangel an den Feiertagen.

Im t-online-Interview räumt Goldnick zudem mit dem Vorurteil auf, Ostern sei die beste Zeit für die Eierindustrie, und verrät, wie sich Donald Trumps Zölle auf die Geflügelwirtschaft auswirken könnten.

t-online: Donald Trump hat die Zölle für die EU deutlich angehoben, diese dann zunächst wieder ausgesetzt. Doch die Unsicherheit bleibt. Was würden diese Zölle für die Geflügelwirtschaft bedeuten?

Hans-Peter Goldnick: Theoretisch würden zum Beispiel Sojabohnen teurer werden. Die bilden einen Großteil unserer Futterrezeptur für die Tiere. Auf der anderen Seite aber regelt der Markt solche Dinge immer sehr schnell. Es gab in den vergangenen Wochen bereits viele Schwankungen und wir konnten damit leben. Das wird sich normalisieren und der Markt wird Herrn Trump eines Besseren belehren.

Friedrich Merz hat nun erneut ein Freihandelsabkommen mit den USA gefordert. Ein solches Unterfangen namens TTIP ist bereits einmal gescheitert, unter anderem wegen Bedenken gegen sogenannte Chlorhühnchen, also Hähnchenfleisch, das nach dem Schlachten mit Chemie behandelt wird. Haben Sie Sorge, dass das jetzt doch in die Supermärkte kommen könnte?

Wenn ich sage, Wettbewerb ist das Richtige, dann muss ich mich auch diesem Wettbewerb stellen. Aber wir müssen schauen, dass wir einen Gleichstand der Waffen haben. Wir müssen also entweder dafür sorgen, dass diese Produkte demselben Standard entsprechen, oder den Verbraucher entsprechend aufklären. Ich habe eher Sorge, wenn ein solcher Markt sich abschottet. Das ist nie gut. Die Unternehmen entwickeln sich nicht weiter. Trumps Abschottungspolitik ist der falscheste Weg, den man sich vorstellen kann.

(Quelle: JF WEDDING (ZDG e.V.))

Zur Person

Hans-Peter Goldnick ist Präsident des Zentralverbands der Deutschen Geflügelwirtschaft und Vorsitzender des Bundesverbands Ei. Er selbst hat lange den Legehennenbetrieb Hornbrooker Hof geführt, den seine Großeltern gegründet haben. Mittlerweile führt ihn Goldnicks Tochter.

Die Vogelgrippe hat in den USA eine echte Eierknappheit ausgelöst. Kann Deutschland helfen?

Wir können den USA leider nicht helfen. Das fängt schon bei den Dimensionen an: In den USA fehlen täglich 50 Millionen Eier. Diese Menge wird in Deutschland pro Tag insgesamt produziert. Es ist undenkbar, dass wir da unterstützen, da sind wir einfach nicht der richtige Partner. Zudem ist Deutschland selbst Ei-Importland. Nur 73 Prozent der Eier, die wir in Deutschland essen, kommen auch aus deutscher Produktion. Jedes Ei, das wir hier rausnehmen, ist eigentlich ein Ei zu viel. Dies umso mehr, als wir selbst zuletzt Engpässe in der Versorgung mit Eiern hatten.

Wieso das?

Auch wir hatten zuletzt mehr Nachfrage als Angebot. Das hat mehrere Gründe. Wir haben durchschnittlich ältere Hühner. Denn Hennen sind teurer geworden und kosten statt fünf mittlerweile zehn Euro. Damit sich die größere Investition auszahlt, müssen die Hennen länger Eier legen. Das bedeutet aber leider auch, dass sie im Alter weniger Eier legen und weniger Eier auf dem Markt sind. Zudem können wir weniger aus den Niederlanden importieren. Der Staat kauft aktuell Betriebe aus der Produktion raus und möchte wegen des C02-Fußabdrucks immer mehr auf Tierhaltung verzichten. Aber 90 Prozent der Eier, die wir importieren, kommen aus den Niederlanden.

Zudem essen die Deutschen insgesamt mehr Eier.

In Deutschland gab es einen Imagewandel des Eis von der Cholesterinbombe zum Superfood. Deswegen essen die Deutschen mittlerweile mehr Eier. Die Prognose spricht von zwölf Eiern mehr pro Person im Vergleich zu 2023. Das sind 960 Millionen Eier. Dafür braucht man mindestens zusätzliche dreieinhalb Millionen Legehennen.

Nun steht Ostern bevor, wo der Eierkonsum noch einmal mehr zelebriert wird. Werden zum Fest die Eier knapp?

Da muss ich mit einem Vorurteil aufräumen. Denn das stärkste Eiergeschäft ist das Weihnachtsgeschäft.

Tatsächlich?

Das Frühstück wird in der kalten Jahreszeit mehr zelebriert, da werden mehr Eier aufgetischt. Dazu kommen die Eier, die für das Backen gebraucht werden.

Dem Osterhasen gehen also nicht die Eier zum Verstecken aus?

Ich bin zuversichtlich, dass es keine Engpässe geben wird. Die Hühner sind nicht tot, die haben weiter Futter und Wasser bekommen. Die legen jeden Tag rund 52 Millionen Eier in Deutschland. Und es kommen weiterhin jeden Tag ungefähr rund 13 Millionen Eier aus den Niederlanden. Jeden Tag! Ganz egal, wie viele Eier Sie in den vergangenen Tagen gekauft haben, jeden Morgen gibt es neue. Aber wir haben vielleicht nicht das ganze üppige Angebot – es wird womöglich nicht alle Farben, Größen und Haltungsformen in jedem Markt zu jeder Zeit geben.

Ist das zu Ostern ungewöhnlich?

Nein, wir hatten in den vergangenen drei Jahren immer sehr angespannte Verhältnisse. Es kann sein, dass es dieses Jahr ein bisschen spannender ist. Aber Gerüchte von Rationierungen oder Kaufbeschränkungen sind Unsinn.

Die Politik sollte also nicht eingreifen?

Ich hoffe mit der neuen Regierung auf einen Sinneswandel. Ich bin ein Mann des Marktes, ich gebe den Unternehmern die Chance, sich zu entwickeln und das zu produzieren, was der Markt möchte. Wir brauchen eine Politik, die die Fesseln löst, uns vor Klagen schützt und die sagt: "Es ist richtig, was ihr macht. Wir wollen eine deutsche Produktion und wir stehen an eurer Seite." Dann würden die Legehennenhalter auch wieder mehr investieren. Dafür müsste man keinen einzigen Steuertaler in die Hand nehmen.

Was erwarten Sie denn von einer neuen Regierung für die Geflügelwirtschaft?

Ein Beispiel: Wir haben ein Tierarzneimittelgesetz. Wenn jemand zu viel Antibiotika einsetzt, muss er einen Maßnahmenplan erstellen. Ein Dokument, das aber aufgrund seiner Sinnlosigkeit nur seinen Weg in die Ablage findet. Das war zwar gut gemeint von der Politik und ich bin auch überhaupt nicht gegen eine Antibiotikaminimierung, nur muss man das mit Sinn und Verstand betreiben. Es ist also notwendig, dass sich Landwirtschafts- und Gesundheitsminister zusammentun, die Thematik evaluieren und unnütze Regeln aufheben. Wir brauchen eine vom Sachverstand geleitete Politik für die Geflügelwirtschaft. Und da nehmen wir die neue Bundesregierung in die Pflicht.

Sie haben auf Ihrem Familienhof das erste klimaneutrale Ei produziert und wurden dafür bereits ausgezeichnet. Wieso ist das nicht der Standard?

Es gab kurz großes Interesse an diesem Projekt. Zur Vorstellung hatten sich zahlreiche überregionale Medien angekündigt. Doch dann ist am selben Tag Putin in die Ukraine einmarschiert – und es kam lediglich der Vertreter des lokalen Anzeigenblatts. Es klingt banal, aber das Beispiel zeigt die Verschiebung des öffentlichen Fokus von Nachhaltigkeit hin zu Sicherheit. Wir haben damals die Preise nicht erhöht, weil wir dachten, wir machen die zusätzlichen Investitionen durch höheren Umsatz wett. Wir haben zwar mehr Eier verkauft, aber in letzter Konsequenz hat es sich nicht gerechnet.

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Das Projekt ist also gescheitert?

Wir hatten den Hof ja bereits umgebaut, PV-Anlagen installiert und E-Stapler angeschafft, aber wir fördern nun keine Aufforstungsprojekte im Amazonasgebiet oder PV-Anlagen bei Johannesburg mehr. Jetzt gibt es Aufforstungsprojekte in Schleswig-Holstein. Außerdem hat sich die Gesetzeslage ein wenig geändert und wir mussten unsere Werbebotschaft anpassen, dürfen es nicht mehr als klimaneutrales Ei umwerben.

Was tut die Geflügelindustrie dann, um der Verantwortung beim Klimawandel gerecht zu werden?

Erst einmal brauchen wir einheitliche Standards bei der Berechnung des CO2-Ausstoßes. Dann müssen wir schauen, was wir verändern können. Wenn die Konsumenten bestimmte Dinge fordern, dann müssen wir reagieren. Das bedeutet aber nicht, dass wir den Pfad der Tugend verlassen. Ich fordere also nicht, mehr CO2 zu produzieren. Da müssen wir Vorreiter sein. Aber wir müssen faktenbasiert diskutieren. Denn ein Bioei verbraucht mehr Energie. Die Henne braucht mehr Platz, legt weniger Eier und das Futter hat nur den halben Ertrag. Deswegen wird das Ei teurer, nicht aber, weil sich der Biobauer die Taschen vollsteckt. Ökologie ist aber auch gleich Ökonomie. Wenn etwas teuer ist, dann ist es nicht gleich nachhaltig, im Gegenteil: Es ist deswegen so teuer, weil so viel Energie in das Produkt gesteckt wurde. Diese Botschaft möchten aber die wenigsten hören.

Es fehlt also die entsprechende Nachfrage?

Der damalige Druck für mehr Nachhaltigkeit ist weg. Das ist schade, denn es braucht genau diesen Druck für Veränderung. Gleichzeitig darf er aber auch nicht einseitig sein, man darf nicht überall böse Buben ausmachen.

In der Kritik steht häufig auch das Tierwohl. Tut da die Geflügelwirtschaft genug, um das Tierwohl überall zu sichern?

Das ist eine gute Frage. Da gibt es noch viel zu tun. Auch da müssen wir zunächst mehr kategorisieren und definieren, was Tierwohl überhaupt ist. Denn nicht jede Maßnahme ist sinnvoll. Es wurden beispielsweise größere Transportboxen für Hühner eingeführt. Mehr Platz klingt erst mal besser. Später hat sich herausgestellt, dass die Verletzungsquote wesentlich höher ist als in den alten Boxen. Woran liegt das? In jeder Kurve und bei jeder Bremsung rutschen die Tiere hin und her und verletzen sich durch den Aufprall an den Flügeln oder dem Rücken.

Sie wollen also sagen, Tierwohl sei kontraproduktiv?

Keinesfalls. Natürlich wollen wir eine Weiterentwicklung. Wir wollen weniger Antibiotika einsetzen, wir wollen mehr Tierwohl. Das ist unsere Message, das ist unser Ding. Dazu brauchen wir auch den Wettbewerb, damit alle getrieben werden. Aber wir wollen nicht eine ideologische Pseudo-Tierwohldiskussion, sondern das muss Sinn und Verstand haben.

Sie wollen weg vom Antibiotikaeinsatz. Wie soll das gelingen?

Wir müssen Anreize setzen. Und die müssen freiwillig sein. Dann reagiert der Markt entsprechend. Da gebe ich Ihnen Brief und Siegel drauf.

Generell sind es gute Zeiten für die Geflügelwirtschaft. Während der Fleischkonsum in Deutschland seit Jahren grundsätzlich sinkt, steigt der Geflügelkonsum. Wie erklären Sie sich das?

Die vielseitige Verwendbarkeit und der gute CO2-Print haben sich herumgesprochen. Das Image hat sich gewandelt. Ein wichtiger Punkt ist die leichte Zubereitbarkeit. Bequemlichkeit ist immer ein ganz großer Punkt in Deutschland.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Hans-Peter Goldnick
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