Champions League Der Stoff, aus dem die Helden sind
Die Generation Chefchen war gestern. Und auch der Loser-Stempel, den Thomas Müller bei einer weiteren Niederlage gefürchtet hatte, bleibt für immer in der Schublade. Mit dem 2:1-Triumph im Finale der Champions League gegen Borussia Dortmund hat sich die etwas betagtere Bayern-Generation um Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger, Franck Ribéry und Arjen Robben endgültig vom Makel befreien können, keinen großen internationalen Titel gewinnen zu können. Vereinsboss Karl-Heinz Rummenigge sprach auf dem nächtlichen Festbankett vom "Sport-Comeback des Jahres".
Ausgerechnet Robben war es vorbehalten in der 89. Minute den Siegtreffer zu erzielen. Der Robben, der im Jahr zuvor im "Finale dahoam" in der Verlängerung gegen den FC Chelsea einen Elfmeter verschossen hatte. Und der gleiche Robben, der in der ersten Hälfte gegen Dortmund zwei Hundertprozentige liegen ließ und drauf und dran war, endgültig zum Münchner Buhmann zu avancieren. Am Ende wurde er von Alex Ferguson zum Spieler des Spiels ausgezeichnet.
Robben weint vor Glück
"Es musste heute so sein. Das Gefühl in der letzten Minute ein Tor zu schießen, kann ich nicht in Worte fassen“, sagte der Niederländer, der sich nach der Partie der Tränen nicht schämte. "In der Halbzeit habe ich noch gedacht, es kann nicht sein, dass ich wieder zwei große Chancen habe und am Ende mit Nichts dastehe. Ich bin froh, dass es beim dritten Mal geklappt hat."
Bereits 2010 und 2012 stand Robben mit dem FC Bayern im Champions-League-Finale. Beide Male gewannen die Anderen. Mit den Niederlanden verlor er obendrein das WM-Endspiel 2010 gegen Spanien. Ausgerechnet gegen Dortmund holte der Angreifer nun seinen ersten internationalen Titel. Ebenso wie Ribery und vor allem Lahm und Schweinsteiger.
Besserwisser können einpacken
Zwar ist dieser Champions-League-Sieg für alle Bayern-Spieler der erste große internationale Erfolg, doch gerade dem Kapitän und Vize-Kapitän des Rekordmeisters und der deutschen Nationalmannschaft haftete bereits der Makel an, wenn es drauf ankommt, zu patzen. Wie im EM-Finale 2008 und WM-Halbfinale 2010, beide Male gegen Spanien. Oder in den Halbfinals der WM 2006 und EM 2012, als man jeweils gegen Italien den Kürzeren zog.
Der Boulevard spottete über "Chefchen" Schweinsteiger. Die Führungsqualitäten wurden öffentlich hoch und runter diskutiert. Und natürlich äußerten sich mit Oliver Kahn und Stefan Effenberg die Platzhirsche von einst, die 2001 letztmals für den FC Bayern die Königsklasse gewinnen konnten. Argumente in dieser Diskussion hatten Lahm und Schweinsteiger keine. Argumente sind im Profi-Fußball wichtige Pokale.
Sammer freut sich für die Führungsspieler
Und genau den haben sie jetzt gewonnen. Vor allem Schweinsteiger wollte die Trophäe auf dem heiligen Rasen von Wembley gar nicht mehr hergeben. "Ein Traum geht in Erfüllung", sagte er hinterher. Und der sonst stets überlegt daherkommende Lahm ließ noch auf dem Feld den Tränen freien Lauf.
All die Debatten, all die Diskussionen der vergangenen Jahre wären wieder aufs Neue geführt worden, hätte Dortmund das Endspiel für sich entschieden. "Ich gönne es vor allem Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger", freute sich auch Sportvorstand Matthias Sammer für die beiden. "Damit das Gerede mal aufhört."
Triple ist möglich
Lahm und Schweinsteiger machten zwar längst nicht ihr bestes Spiel im Dress der Münchner, aber das interessierte an diesem Abend wirklich niemanden. Was zählt und was bleibt, ist der Sieg. "Der Druck war nach dem Schockerlebnis im "Finale dahoam" gegen Chelsea riesengroß. Wir mussten den Titel heute unbedingt gewinnen", sagte Rummenigge.
Ohne Druck können die Bayern nun ins letzte Endspiel der Saison gehen. Am kommenden Samstag spielt man im DFB-Pokal-Finale in Berlin gegen den VfB Stuttgart. Siegen die Bayern auch da, haben sie alles, was es in dieser Saison zu gewinnen gibt, gewonnen und das Triple perfekt gemacht. Das hat noch nicht einmal die legendäre Bayern-Mannschaft aus den 70er Jahren um Sepp Maier, Franz Beckenbauer und Gerd Müller geschafft.