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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Spieletipps Schöne Brettspiele für Familien, Einsteiger und Vielspieler
Der Trend mit Familie und Freunden einen Brettspiel-Abend zu veranstalten ist ungebrochen
Auf den Internationalen Spieletagen in Essen, der weltgrößten Publikumsmesse für Brettspiele, wurden Ende letzten Jahres 1.500 neue Spiele vorgestellt – Kinderspiele, Familienspiele, Spiele für Vielspieler, Strategie- und Tabletop-Spiele. Da kann man schnell den Überblick verlieren. Wir stellen vier aktuelle Highlights vor.
Für Familien: "Ab durch die Mauer"
Worum geht es? In der Burg des Grafen Drehcula feiern die Gespenster ein fröhliches Fest, für das sie sich verkleiden. Dafür schweben sie auf der Suche nach Verkleidung durch die Räume der Burg – und natürlich auch direkt durch die Mauern. Finden sie eine Verkleidung für ein "Körperteil", das noch nicht verkleidet ist, können sie es nehmen und anziehen. Derjenige, der sein Gespenst als erster komplett verkleidet hat, gewinnt "Ab durch die Mauer".
Wie funktioniert es? Die zwei bis vier Gespenster bewegen sich über den Spielplan. Drei der folgenden Bewegungen dürfen sie machen: sich in normalen Spielzügen bewegen oder aber den Bodenschieber einer Kammer verschieben, einen Bodenschieber versetzen oder den ganzen Spielplan drehen, sodass sich die Gespenster wie von allein bewegen.
Landet das eigene Gespenst auf einem Feld mit einem Kostümteil, darf in einem der vier bereitliegenden Kartenstapel nach genau diesem Kleidungsstück gesucht werden, vorausgesetzt, man hat an diesem Körperteil (Kopfbedeckung, Gesicht, Körper, Füße und Hand) noch kein Kostüm. Findet sich das passende Teil im Stapel, darf man es behalten und zu seinem Kostüm hinzufügen. Ziel ist es, das eigene Gespenst als erster komplett zu verkleiden.
Der Clou des Spiels ist der bewegliche und veränderbare Spielplan und die für die Spieler unsichtbaren Magneten unter den Schiebern, die dafür sorgen, dass sich Gespenster, die gerade auf solch einem Feld stehen, entweder mitbewegen oder – falls der ganze Spielplan gedreht wird – stehen bleiben.
Wie gefällt es? Die verschiedenen Elemente von "Ab durch die Mauer" wie der Memoryeffekt, die Magnetfelder und der sich drehende Spielplan fügen sich gut zusammen. Es ist stets spannend: Bleibt die eigene Figur stehen, wenn der Spielplan in Bewegung kommt oder ein Bodenschieber bewegt wird oder nicht?
Das sorgt (nicht nur) bei den kleinen Mitspielern für große Augen und Freude. Auch Erwachsene sind nicht unterfordert, wie es leider bei manchen Familienspielen der Fall ist. Die Grafik ist kindgerecht, aber nicht kindlich. Die Spielzeit von nur rund einer halben Stunde rundet das positive Gesamtbild ab.
Für wen ist "Ab durch die Mauer" geeignet? Was auf den ersten Blick wie ein launiges Kinderspiel daherkommt, ist ein durchaus spannendes Spiel auch für erwachsene Spieler. Durch die manchmal unberechenbaren Bewegungen des Spielplans kann es ganz schön herausfordernd sein, an ein fehlendes Kostümteil zu kommen. Wähnt man sich fast am Ziel, wird mitunter der Spielplan in eine komplett andere Richtung bewegt.
Und selbst, wenn alles gut geht, bleibt immer noch die Frage, in welchem Stapel findet sich die passende Kostümkarte. "Ab durch die Mauer" ist also alles andere als seichte Kinderspielunterhaltung – hier kann die ganze Familie Spaß haben.
Für Vielspieler: "Carnival of Monsters"
Worum geht es? Die königliche monstrologische Gesellschaft sucht neue Mitglieder. Wer in diesen exklusiven Zirkel aufgenommen werden möchte, muss mit einer Auswahl an möglichst exotischen Monstern glänzen, die mithilfe von Mitarbeitern persönlich eingefangen wurden. Dabei gilt es auch, möglichst wirtschaftlich zu sein, aufgenommene Kredite bringen Minuspunkte.
Wie funktioniert es? In vier Saisons (Runden) werden Monster gesammelt. In jeder Runde wird von der monstrologischen Gesellschaft eine bestimmte Monsterart vorgegeben, die gefunden werden muss. Hat ein Spieler das erste dieser Monster gefunden oder aber die wertvollsten Monsterkreaturen, dann gibt es Bonuspunkte oder Geld (Kronen).
In jeder Runde bekommt jeder Spieler acht Karten (Monster, Länder, Mitarbeiter, geheime Ziele und Events), von denen er eine geheim auswählt und behält. Die restlichen gibt er an seinen Sitznachbarn weiter. Danach geht es zur sogenannten Gefahrenprobe – haben die Spieler ihre Monster unter Kontrolle? Hier wird geschaut, ob genügend Jäger und Jägermeister vorhanden sind, um die Monster in Schach zu halten. Gelingt dies nicht, ist eine Strafe fällig.
In der letzten Phase wird geschaut, welcher Spieler in dieser Runde die Art von Monster gefangen hat, die vorgegeben waren. Dafür gibt es Punkte – und der Spieler mit den meisten Punkten erhält eine Trophäe. Die Monster werden dann in die Menagerie verbracht.
Nach vier Saisons ist das Spiel zu Ende. Nun werden noch die geheimen Ziele ausgewertet, die ebenfalls Siegpunkte bringen. Gewinner ist der Spieler, der die meisten Siegpunkte erringen konnte. Er wird in die Königliche Monstrologische Gesellschaft aufgenommen.
Wie gefällt es? Der Autor Richard Garfield, der auch das bekannte Sammelkartenspiel "Magic: The Gathering" entwickelt hat, führt die Spieler in "Carnival of Monsters" in eine magische Welt – und das sehr atmosphärisch! Ähnlichkeiten zu "Magic" gibt es viele, so ist auch "Carnival of Monsters" durch die zwischen den Spielern rotierenden Karten nicht einfach vorhersehbar und planbar.
Wunderschön illustriert, unter anderem von solch bekannten und hochklassigen Illustratoren wie Franz Vohwinkel und Michael Menzel, ist das opulent ausgestattete Spiel ein Highlight unter den neuen Brettspielen.
Für wen ist "Carnival of Monsters" geeignet? "Carnival of Monsters" richtet sich an Vielspieler. Einsteiger in die Welt der Brettspiele sollten sich einer erfahrenen Spielerunde anschließen, wenn sie mitspielen möchten. All diejenigen, die schon Sammelkartenspiele wie "Magic" mit Begeisterung gespielt haben, werden dieses Spiel von Richard Garfield sicherlich schätzen.
Kühlen Rechnern und Strategen, die gerne mehrere Spielzüge im Voraus planen, mag der Spielmechanismus und auch der Mangel an Karten, die man gerade benötigt, zu anstrengend sein. In jedem Spielzug müssen viele Entscheidungen getroffen werden. Steampunk- und Cthulhu-Fans werden von der wunderschönen Aufmachung und Grafik sicherlich in ihren Bann gezogen.
Ausgezeichnet von der Jury "Spiel des Jahres": "Azul"
Worum geht es? Die Mauren führten die Azulejos, weiß-blaue Keramikfliesen, im 14. Jahrhundert in Spanien ein. Sie wurden in der Alhambra in Granada verbaut, wo sie der portugiesische König Manuel I. entdeckt. Er wünscht sich, dass auch sein Palast in Evora mit solch prachtvollen Fliesen verziert werde. Die Spieler in "Azul" müssen diese Aufgabe übernehmen.
Wie funktioniert es? Hundert Fliesen in fünf verschiedenen Varianten stehen den zwei bis vier Spielern zur Verfügung, um die Wände des Palastes von Manuel I. zu verzieren. Vier Fliesen werden jeweils offen auf sogenannten Manufakturplättchen ausgelegt, von denen bis zu neun Stück auf dem Tisch liegen. Die restlichen Fliesen bleiben für später im Vorratsbeutel.
Jeder Spieler arbeitet an seiner eigenen Wand im Palast. Ziel ist es, mindestens fünf Fliesen in einem vorgegebenen Muster zu verbauen. Dies geschieht über mehrere Runden, die alle dem gleichen Ablauf folgen. Zuerst muss jeder Spieler Fliesen aussuchen, und zwar entweder alle Fliesen einer Farbe von einem Manufakturplättchen oder alle Fliesen einer Farbe aus der Tischmitte. Der Fliesenvorrat in der Tischmitte speist sich aus den Keramikfliesen, die ein Spieler nicht von einem Manufakturplättchen nimmt – sie werden dort abgelegt.
Die so erlangten Fliesen legt jeder Spieler auf seinem eigenen Tableau in einer der fünf Musterreihen ab. In jeder Reihe dürfen nur Fliesen einer Farbe liegen. Überzähliges wird am Boden des Tableaus in einer Extrareihe abgelegt. Sind alle Fliesen von den Plättchen und aus der Tischmitte verteilt, beginnt die zweite Spielphase.
Nun geht es daran, die Mauer des Palastes zu verzieren. Hier spielen alle gleichzeitig und bauen die in ihrem Tableau vorhandenen Fliesen ein. Genutzt werden dürfen allerdings nur komplette Musterreihen: Von diesen wird der jeweils ganz rechts liegende Stein an die Palastwand gebracht. Alle anderen Fliesen aus dieser Reihe wandern in den Vorrat zurück.
Dann werden die Fliesen an der Wand direkt gewertet und die Spieler bekommen die entsprechenden Punkte. Fliesen, die in der Bodenreihe liegen, bringen Minuspunkte. Gespielt wird, bis es dem ersten Spieler gelungen ist, fünf Fliesen horizontal zu verbauen. Nun werden noch Zusatzpunkte vergeben und jeder Spieler zählt seine Siegpunkte zusammen. Gewinner ist derjenige mit den meisten Punkten.
Wie gefällt es? "Azul" hat nicht nur den Kritikerpreis "Spiel des Jahres 2018" gewonnen, es bekam noch weitere Auszeichnungen wie beispielsweise den "As d'Or" in Frankreich. Autor Michael Kiesling gelingt hier ein Spiel mit wenig (und verständlichen) Regeln, in das die Spieler schnell einen Einstieg finden.
Um zu gewinnen, reicht es nicht, auf eine Masse von Fliesen zu setzen. Es gilt vielmehr, taktisch zu spielen und Fliesen zu nehmen, die zunächst nicht gebraucht werden, die aber später verbaut werden können und viele Siegpunkte bringen.
Eine abstrakte Spielidee wurde hier äußerst reizvoll umgesetzt. Die Fliesen aus Kunstharz und der wunderschön bedruckte Vorratsbeutel machen "Azul" besonders wertig. Andere Verlage hätten dies mitunter mit Pappmarkern und einem schlichten beigefarbenen Baumwollbeutel gelöst. So kommt das Spiel immer wieder gerne auf den Spieltisch.
Für wen ist "Azul" geeignet? "Azul" ist ein taktisches Legespiel mit einfachen Regeln und einer überschaubaren Spielzeit. Es eignet sich für Familien mit größeren Kindern genauso wie für die Spielrunde unter erwachsenen Gelegenheitsspielern. Auch Vielspieler werden das optisch sehr reizvolle Spiel sicherlich gerne zwischendurch spielen.
Für Familien und Gelegenheitsspieler: "Copenhagen"
Worum geht es? Wir sind in Nyhavn, dem Viertel der dänischen Hauptstadt Kopenhagen mit den farbenfrohen Häusern am Kanal. Zwischen den alten, teilweise schon aus dem 17. Jahrhundert stammenden Gebäuden, sollen nun die Fassaden neuer Häuser so gestaltet werden, dass sie nahtlos in die Kulisse passen. Den Spielern stehen dafür Mauerwerk und Fensterplättchen zur Verfügung. So müssen sie Stück für Stück die neuen Fassaden hochziehen und dabei Punkte sammeln.
Wie funktioniert es? Die zwei bis vier Spieler gruppieren sich um ein Spielfeld, das den Hafen und die dort stehenden Häuser zeigt. Jeder Spieler baut an der Fassade seines eigenen Hauses und hat zu Beginn des Spiels schon einen Vorrat an Karten auf der Hand. Ist er an der Reihe, kann er entweder zwei weitere Fassadenkarten aus dem Vorrat nehmen oder an der Fassade bauen.
Wer an seiner Fassade bauen will, muss passend farbige Handkarten ablegen und darf sich dafür ein Fassadenteil nehmen. Für ein drei Felder großes Plättchen müssen beispielsweise drei Karten in der gleichen Farbe abgeworfen werden. Günstiger wird es, wenn bereits ein Fassadenteil gleicher Farbe verbaut wurde. Baut man über eins der Wappen an der Fassade, gibt es Spezial- oder Fähigkeitssplättchen. Diese sind hilfreich, denn so können beispielsweise Handkarten in die benötigte Farbe umgewandelt werden oder Lücken in der Fassade vervollständigt werden.
Wichtig ist, dass die verbauten Plättchen entweder unten an der Fassade oder wenigstens mit einer Seite an ein bereits verbautes Fassadenteil angebaut werden. Ist eine Reihe der Fassade komplett, wird diese gewertet und der Spieler enthält Punkte. Das Spiel endet, wenn sich der erste Spieler an seiner Fassade zwölf Punkte erbaut hat. Wird vorher das Spielende-Plättchen aufgedeckt, gewinnt derjenige mit den meisten Punkten.
Wie gefällt es? Schon auf den ersten Blick ist "Copenhagen" sehr ansprechend. Das Spielmaterial ist hübsch illustriert, die Regeln überschaubar kurz. Das Spielprinzip ist recht simpel und erinnert ein wenig an das Stapelspiel Tetris. Die Verknappung der Fassadenplättchen – manche sind nur einmal im Spiel enthalten – sorgt dafür, dass man die Spielzüge der Mitspieler immer genau im Auge haben muss.
Das allein wäre allerdings ein wirklich sehr simpler Spielmechanismus. Durch die Fähigkeitsplättchen, die die Spieler beim Überbauen von Wappen auf der Fassade erhalten, gewinnt "Copenhagen" jedoch an Spielcharme. Denn erst so sind Sonderaktionen möglich, die das Spiel für die Mitspieler weniger vorhersagbar machen.
Für wen ist "Copenhagen" geeignet? "Copenhagen" eignet sich dank einfacher und verständlicher Regeln auch für all die, die nur gelegentlich mal einen Spieleabend machen. Auch die eher kurze Spieldauer macht das Spiel für Familien, Einsteiger und Gelegenheitsspieler reizvoll.
Das wirklich schön gestaltete Spielmaterial spricht sicherlich auch all diejenigen an, die schon einmal an den alten Häusern in Nyhavn vorbeigeschlendert sind und die Atmosphäre des quirligen Viertels mögen. Enthusiastische Vielspieler, die eher komplexe Spiele schätzen, werden "Copenhagen" sicherlich als Absackerspiel zum Ausklang eines Spieleabends schätzen.
Tipp – neue Spiele vorab testen
Brettspiele können ganz schön kostspielig sein. Um Fehlkäufe zu vermeiden, ist es sinnvoll, Spiele vorab auszuprobieren. Oft bieten Spielefachgeschäfte kostenlose Spielrunden an. Hier können Sie neue Spiele unter fachkundiger Anleitung ausprobieren.
Auch auf Spielefesten, die in vielen deutschen Städten stattfinden, können Neuheiten ausprobiert werden und bei Regelfragen bekommt man gleich kompetente Hilfe von Spieleexperten. In vielen Städten gibt es auch regelmäßige Spieletreffs. Dort kann man sich beispielsweise in Stadtteilzentren mit Gleichgesinnten treffen.
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