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Ukraine: Soldaten beschreiben schwierige Lage am Dnipro-Ufer


"Es ist ein Selbstmordkommando"
Vorstoß am Dnipro? Soldaten zeichnen ein anderes Bild

Von t-online, wan

18.12.2023Lesedauer: 3 Min.
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Krynky: In der am Fluss Dnipro gelegen Region verzeichnet Russland offenbar schwere Verluste. (Quelle: t-online)
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Ukrainische Soldaten sprechen von Horrorerlebnissen am Ufer des Dnipro. Der Erfolg der Vorstöße dort steht in Frage.

Die Überquerung des Dnipro und die Einrichtung von Brückenköpfen am linken, bislang russisch kontrollierten Flussufer, kommt die Ukraine offenbar teuer zu stehen. Seit zwei Monaten versucht die Militärführung in Kiew, die Stellungen auszubauen, hat sogar schon Fahrzeuge übersetzen lassen.

Soldaten, die dort im Einsatz sind, berichten von einer extrem frustrierenden Lage. Gegenüber der "New York Times" (NYT) ist davon die Rede, dass russische Angriffe immer wieder ukrainische Soldaten im Wasser oder am Ufer treffen, viele erreichten die andere Seite nicht. Mehrere Kämpfer berichteten der Zeitung, dass es kaum mehr Plätze gebe, wo sie sich eingraben können.

Mit vollem Namen wollten die Soldaten nicht genannt werden, und Anfragen der "NYT" an Kommandeure, die Region Cherson besuchen zu dürfen, wurden abgelehnt. Es seien die hohen Verluste, die jetzt zu Berichten an Journalisten geführt hätten, aber auch die zu optimistischen Berichte über den Fortschritt der Offensive, sagen die Kämpfer.

Der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte teilte der Zeitung mit, dass es nicht sofort möglich sei, zu den Vorwürfen der Soldaten Stellung zu nehmen, dass er aber zu gegebener Zeit eine Antwort geben werde.

Tote liegen schon seit Wochen am Ufer

Die heftigsten Kämpfe toben im und um das Dorf Krynky, wo die Ukrainer sich eingegraben haben und die Stellung halten. Dort, so zeigten Drohnenaufnahmen, hätten russische Luftangriffe die wenigen Häuser komplett zerstört, das Flussufer sei nur noch ein Gemenge aus Matsch und zersplitterten Bäumen.

Der Nachschub an Soldaten müsse über die Leichen der Kameraden steigen, um zur Kampfposition zu kommen, wird ein Soldat mit Vornamen Oleksiy zitiert, der seit Oktober in Krynky stationiert ist. Die Toten lägen dort schon seit Wochen, sagt ein Vize-Kommandeur, der sich nur Wolodymyr nennt. "Das linke Ufer ist sehr schwierig", sagte Wolodymyr. "Diejenigen, die es schaffen, sind die wahren Helden, sie sind Männer mit großer Willenskraft."

Der Vorstoß der Ukraine über das Flussufer hat mehr als nur symbolischen Charakter. Ein erfolgreiches Vorankommen hier würde den Weg Richtung Krimhalbinsel über Land ermöglichen. Doch bis dahin ist es noch weit, und dazwischen stehen massive russische Verteidigungsanlagen und Truppen. Ein weiteres Ziel der Ukrainer ist offenbar, die russischen Versorgungswege von der Krim in Richtung Süden abschneiden zu können.

Was das ukrainische Außenministerium vergangenen Monat als erfolgreiche Mission und Einnahme von Positionen bezeichnete, wird von den Soldaten anders gesehen. "Es gibt keine Positionen. So etwas wie einen Beobachtungsposten oder eine Position gibt es nicht", sagte Oleksiy.

"Es ist unmöglich, dort Fuß zu fassen. Es ist unmöglich, dort Ausrüstung zu transportieren." "Es ist nicht einmal ein Kampf ums Überleben", fügte er hinzu. "Es ist ein Selbstmordkommando." Andere Soldaten berichten, wie sie beim Warten auf Boote von russischen Gleitbomben angegriffen wurden. "Das linke Ufer war wie ein Fegefeuer", sagte er. "Du bist noch nicht tot, aber du fühlst dich nicht lebendig", erzählte ein Soldat namens Maksym.

Er sieht die Gründe für ein mögliches Scheitern bei der Planung und dem fehlenden Nachschub. Verwundete müssten zurückgelassen werden, weil es keine Boote gäbe. Die Moral der Soldaten schwinde, die Umstände seien brutal. Manche wüssten nicht einmal, wohin sie geschickt wurden.

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Kämpfe nahe Cherson dauern an

Aufnahmen aus der Region zeigen die Spuren massiver russischer Luftangriffe, das haben die Reporter der "New York Times" überprüft. Auch auf russischer Seite gibt es heftige Verluste, und rund um das nahe Cherson wird noch immer heftig gekämpft. Nach zweimonatigen Operationen seien die russischen Einheiten in dem Gebiet und die Artillerie stark zurückgedrängt worden, sagte Vize-Kommandeur Jewhen Karas der Zeitung, der in Cherson-Region eingesetzt ist. Er beschreibt die Lage so: "Die russischen Truppen blieben in der Regel tagsüber in Deckung und bewegten sich nur noch nachts."

Die ukrainischen Streitkräfte setzen ihre Operationen am östlichen (linken) Ufer des Flusses Dnipro in der Oblast Cherson fort, heißt es in der Lageeinschätzung des amerikanischen Instituts für Kriegsstudien (ISW) vom Freitag. Bedeutend sei, ob es der Ukraine gelinge, die russische Artillerie in dem umkämpften Gebiet einzuschränken.

"Der Rückzug der russischen Artillerie über 25 Kilometer vom Westufer hinaus und die Unterdrückung der russischen Artillerie mit großer Reichweite würde die ständige Bedrohung der bewohnten Gebiete am Westufer beseitigen", schreiben die amerikanischen Analysten. Den Ukrainern, die vor der russischen Besetzung des Gebiets Cherson am Westufer geflohen sind, könnte man so eine sicherere Rückkehr ermöglichen. Doch ob diese Situation eintritt, dürfte nach den Berichten der Soldaten derzeit fraglich sein.

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