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Tagesanbruch: Donald Trump – es geht ihm um mehr als nur die Mauer


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Was heute wichtig ist
Donald Trump: Es geht ihm um mehr als nur die Mauer

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 14.02.2019Lesedauer: 7 Min.
Donald Trump auf einer Kundgebung in El Paso.Vergrößern des Bildes
Donald Trump auf einer Kundgebung in El Paso. (Quelle: Susan Walsh/AP/dpa)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Politik braucht Symbole. Gesten, Bilder, Objekte, die eine Haltung, ein Programm, eine Strategie versinnbildlichen. Staats- und Regierungschefs sind in besonderem Maße auf solche Symbole angewiesen, um ihre Politik plakativ zu verkaufen. Manche schufen großartige Symbole: Willy Brandt mit seinem Kniefall, Helmut Kohl und François Mitterand Hand in Hand an den Weltkriegsgräbern. Andere erfanden taktische Symbole: Bill Clinton, der den Abgeordneten des US-Kongresses seinen Füller zeigte und schwor, mit diesem Stift sein Veto zu unterschreiben, falls sie ihm im Haushaltsstreit Vorgaben machen wollten. Wladimir Putin, der um Angela Merkels Angst vor Hunden wusste, und deshalb seinen Labrador an ihr schnüffeln ließ, um sie einzuschüchtern. Und dann gibt es Politiker, die Symbole brauchen, um von ihrem eigenen Unvermögen abzulenken und ihrer Gefolgschaft entschlossenes Handeln vorzumachen. In diese Kategorie fällt Donald Trump mit seiner Mauer.

In so ziemlich jeder ernst zu nehmenden amerikanischen Zeitung und auf jeder seriösen Nachrichten-Website kann man lesen, dass der großflächige Ausbau der Grenzanlagen Unfug ist: horrend teuer, aber nutzlos. Die angeblichen "Flüchtlingsmassen", die der Präsident beschwört: gibt es nicht, jedenfalls nicht an der Grenze zwischen Mexiko und den USA. Schon unter Barack Obama errichteten die amerikanischen Behörden ein ausgefeiltes System zur Überwachung des Verkehrs, sowohl des legalen wie des illegalen. Patrouillen, Kameras, Zäune und auch Mauerabschnitte schränken heimliche Einreisen schon längst massiv ein. Der Drogenschmuggel, den Herr Trump ebenfalls ständig im Munde führt: ist ein Problem, ja – aber er läuft praktisch ausschließlich über reguläre Grenzposten, zum Teil per Lkw, zum Teil durch Tunnel in den Grenzstädten. Eine Mauer jedenfalls würde ihn nicht verhindern. Allerdings könnte sie großen Schaden anrichten: Unternehmer in der Region warnen davor, dass neue Grenzanlagen die gerade erst belebte Wirtschaft und den Warenverkehr zwischen Mexiko und den USA beeinträchtigen würden.

Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass Herr Trump all dies weiß oder dass es ihm seine Berater zumindest mal gesagt haben. Trotzdem erhebt er die Auseinandersetzung mit den oppositionellen Demokraten um den Mauerbau zu einer Glaubens-, einer Schicksalsfrage. Er tut das, weil er längst seinen nächsten Wahlkampf begonnen hat. Erst in knapp zwei Jahren muss er sich der Wiederwahl stellen, aber seitdem ihm die Demokraten bei den Kongresswahlen einen Nasenstüber verpasst haben, weiß er, dass er kämpfen muss, um eine zweite Amtszeit zu erlangen. Und für diesen Wahlkampf braucht er ein Symbol, das seine Anhänger sofort erkennen, feiern, beklatschen können: die Mauer. Und zwar schnell. Deshalb bedient sich Trump eines Tricks: Wenn er auf Veranstaltungen vor seinen Fans mit den roten Make-America-great-again-Käppis spricht, hängt seit Kurzem hinter ihm nicht mehr das Plakat mit dem Versprechen "Build the wall". Stattdessen steht dort jetzt: "Finish the wall". Die Botschaft ist klar: Ich habe das Ding schon fast fertig, Leute! Brauche nur noch ein paar Kilometerchen, um sie zu vervollständigen! Dafür reichen zur Not auch die mickrigen 1,4 Milliarden Dollar, die mir die doofen Demokraten zugestehen wollen! Auch dieses neue Plakat ist also: ein Symbol.

Man kann sehr viel an Donald Trump kritisieren, auch ich tue das, wie Sie als Tagesanbruch-Abonnent ja wissen, durchaus regelmäßig. Aber was er meisterhaft beherrscht, ist die Inszenierung, die Choreografie, das Verkaufen von Politik. Da dürften sich seine Erfahrungen als Immobilienmakler und Fernsehunterhalter bezahlt machen. Was möglicherweise aber sogar er aus dem Blick verliert: Symbole, die mit so vielen Emotionen aufgeladen sind wie seine Mauer, können auch zur Last für ihren Schöpfer werden. Nämlich dann, wenn sie sich irgendwann als doch gar nicht so bedeutend, so wahr, so großartig entpuppen.

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Wenn Menschen merken, dass "blühende Landschaften" nicht erblühen, wenden sie sich von demjenigen ab, der sie ihnen verheißen hat. Wenn Menschen hören: "Wir schaffen das!", aber zugleich sehen, dass es halt nicht überall geschafft wird, dann werden sie misstrauisch. Wenn sich ein Land seiner Wirtschaftsstärke und seiner Ingenieurskunst rühmt, aber noch nicht mal einen Flughafen gebaut bekommt, beginnen die Leute zu zweifeln. Und wenn sich eben herausstellt, dass Unternehmer, Arbeiter, Gewerbetreibende, Pendler in der amerikanischen Grenzregion zu Mexiko durch neue, überflüssige Stahlpfosten massiv beeinträchtigt werden; wenn sich bewahrheitet, was sie dort unten jetzt schon befürchten – einbrechende Wirtschaft, Entlassungen, Niedergang der Grenzstädte – dann könnte es sein, dass Trumps Symbol irgendwann zum Fluch für ihn wird. Zumindest falls er seine Wahl dann noch nicht gewonnen hat.


Die SPD blinkt links, die CDU blinkt rechts – das waren nicht die besten Voraussetzungen vor dem Koalitionsausschuss gestern Abend. Trotzdem scheint die Veranstaltung glimpflich über die Bühne gegangen zu sein. Aber kann das weiter gut gehen mit dieser großen Koalition, mit Sozialdemokraten, die mehr Geld ausgeben wollen, als im Koalitionsvertrag steht, mit einer CDU, die eine härtere Asylpolitik durchziehen will, als es die Genossen akzeptieren? Unsere Politikchefin Tatjana Heid braucht weniger als zwei Minuten, um in ihrem Kommentar die größte Frage zu beantworten, die man sich derzeit im Berliner Regierungsviertel stellt – wenn Sie das gesehen haben, wissen Sie Bescheid.


WAS STEHT AN?

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Die Welt ist nicht immer freundlich zu denen, die ihr Leben allein meistern – ob sie es nun müssen oder sich bewusst dafür entschieden haben. "Hat wohl niemanden abgekriegt" ist ein herzloser, aber leider kein seltener Gedanke bei denen, die ihr Glück in der Zweisamkeit schon gefunden haben. Umso besser, wenn einsame Herzen im Internet Solidarität unter ihresgleichen erfahren. So wurde die "Incel"-Bewegung ins Leben gerufen: gegründet von einer Kanadierin die ihr Schicksal als unfreiwillig zölibatär (involuntary celibate) bezeichnete und mit anderen in derselben Lebenslage Kontakt aufnahm. Damit könnte die tröstliche Geschichte von den Segnungen der Online-Welt schon ihr Ende haben, wenn nicht auch dieses soziale Netzwerk den Weg eingeschlagen hätte, den soziale Netzwerke leider oft nehmen.

Denn inzwischen ist die "Incel"-Bewegung vom Ort des Trostes zu einem Kult mutiert, in dem sexuell frustrierte Männer sich dem ungebremsten Frauenhass hingeben: Die allein seien schuld an der Einsamkeit – und ihr Feminismus, mit seiner unerhörten Vorstellung weiblicher Selbstbestimmung und Wahlfreiheit, gleich dazu. Man könnte leicht der Versuchung erliegen, die menschenfeindliche "Incel"-Bewegung als Nische einer Handvoll armer Irrer abzutun, die sich den Weg ins 21. Jahrhundert genauso verbaut haben wie den Ausweg aus ihrer Misere.

Tatsächlich entspringt diesem Umfeld jedoch gnadenloses Mobbing von Frauen in der Online-Welt und brutale Gewalt in der echten. Amokläufer und die von ihnen begangenen Morde werden fast religiös verehrt, Gleichgesinnte zu Suiziden angestiftet, Aussteiger drangsaliert und verhöhnt. Eine bösartige Ideologie. Natürlich sollten wir ihr entgegentreten, wo sie sich online ihre Opfer sucht – ihr aber auch keine Rekrutierungshilfe durch eigene gehässige Worte geben. "Hat wohl niemanden abgekriegt" gehört eben auch auf den Müllhaufen der Geschichte. Lassen wir doch die Liebe siegen, nicht nur am heutigen Valentinstag! Das wäre doch mal was.


Organspenden nehmen ab, dabei werden sie immer mehr gebraucht. Deshalb verabschiedet der Bundestag heute das Gesetz für bessere Organspende-Bedingungen in Kliniken. Die dortigen Transplantationsbeauftragten bekommen mehr Rechte, etwa den Zugang zu Intensivstationen. Krankenhäuser erhalten mehr Geld für die Vorbereitung von Spenden, außerdem sollen potenzielle Spender besser identifiziert und Angehörige besser betreut werden. Die "Ärztezeitung" hat die Details.


Frauen aus verschiedenen Bundestagsfraktionen wollen heute die Chancen für eine Initiative zu einem Paritätsgesetz ausloten, das den Frauenanteil im Parlament erhöhen soll. Abgeordnete von Union, SPD, FDP, Grünen und Linkspartei sind dabei. Die AfD fehlt.


Der Untersuchungsausschuss zur Berater-Affäre im Verteidigungsministerium konstituiert sich und nimmt seine Arbeit auf. Der Bundesrechnungshof hatte Rechtsverstöße bemängelt.


Das britische Parlament beschäftigt sich heute mit, genau: dem Brexit, und stimmt über die nächsten Schritte bis zum Austrittstermin ab. Premierministerin May fordert mehr Zeit für Änderungen an dem mit der EU ausgehandelten Abkommen. Die Opposition sieht darin eine Verzögerungstaktik, um die Parlamentarier so unter Druck zu setzen, dass sie am Ende doch noch Mays ursprünglichem Plan zustimmen. Das ist vermutlich gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt. Denn schon in 43 Tagen fällt der Hammer – und dann droht das Chaos.


WAS LESEN?

Die Reiferen unter uns erinnern sich: Als Fernsehen noch an Uhrzeiten gebunden war und Comedy noch Klamauk hieß, lockten Ingrid Steeger, Elisabeth Volkmann, Peer Augustinski und Horst Jüssen jede Woche ein Millionenpublikum vor die Bildschirme. Vor 40 Jahren wurde die letzte Folge von "Klimbim" ausgestrahlt, und Wichart von Roëll war dabei. "Das Frühstücksei ist wieder zu hart!", hörte man ihn als Opa Benedikt fünf Staffeln lang schimpfen. Wie schaut er heute auf die damalige Zeit und auf seine inzwischen verstorbenen Kollegen, denkt er selbst über den Tod nach? Meine Kollegin Ricarda Heil hat mit dem 81-jährigen Schauspieler ein anrührendes Gespräch geführt.

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5G: Das klingt nach komplizierter Technik. Dabei ist es eigentlich ganz einfach: Ohne das super schnelle Mobilfunknetz würde Deutschland von den nächsten digitalen Entwicklungsschritten abgehängt. Selbstfahrende Autos, energiesparende Wirtschaft, intelligente Stromversorgung, vernetzte Haushalte: Für all das und mehr braucht es 5G. Leider besitzt unser Land die Technologie nicht selbst; die Netzbetreiber müssen die 5G-Sendemasten und vor allem die zugehörige Software also im Ausland einkaufen – und das wollen sie ausgerechnet in China tun. Vor allem die Telekom setzt auf die Technik des Huawei-Konzerns aus Shenzhen und hat dafür bislang die Unterstützung der Bundesregierung bekommen. Wer allerdings mit Beamten des Bundesnachrichtendienstes spricht, hört große Sorge: Die Geheimen fürchten, dass Deutschland sich sehenden Auges der chinesischen Staatsspionage ausliefert. Wer wiederum mit deutschen Regierungsvertretern spricht, hörte bislang vor allem Beschwichtigungen – und auch ein bisschen Resignation: Es gebe halt keine Alternative zu Huawei, außerdem seien die Warnungen der Amerikaner Alarmismus, so gefährlich seien die Chinesen doch gar nicht. Vielleicht sollten die Herrschaften mal diesen Kommentar aus dem Magazin "t3n" lesen.


WAS AMÜSIERT MICH?

Noch mal zurück zur Groko: Wie geht es eigentlich zu, wenn sich die Bosse von CDU, CSU und SPD zum Koalitionsausschuss treffen? Unser Cartoonist Mario Lars weiß zum Glück wie immer Bescheid:

Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag. Lassen Sie die Liebe siegen!

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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