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Corona-Vorstoß aus Bayern: Was steckt hinter Söders ständigem Vorpreschen?


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Corona-Vorstoß aus Bayern
Was steckt hinter Söders ständigem Vorpreschen?


Aktualisiert am 07.12.2020Lesedauer: 4 Min.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder: Er verschärft die Maßnahmen und den Ton. Das schärft auch sein Profil.Vergrößern des Bildes
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder: Er verschärft die Maßnahmen und den Ton. Das schärft auch sein Profil. (Quelle: Sven Simon/imago-images-bilder)
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Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder ergreift angesichts steigender Corona-Zahlen die Initiative – mal wieder. Es ist nicht das erste Mal, dass er vorprescht und härtere Regeln fordert.

Wäre es nach Markus Söder gegangen: In ganz Deutschland würden bereits strengere Corona-Maßnahmen gelten. Als sich die Länderchefs Mitte November zusammensetzten, um den sogenannten "Wellenbrecher-Lockdown" zu beschließen, drang der bayerische Ministerpräsident auf schärfere Regeln – aber damit nicht durch. Auch Bayern beschränkte sich in der Folge, mit Ausnahme einiger Sonderregelungen, auf den gemeinsamen Beschluss von Bund und Ländern. Bis jetzt.

Söders frühe Kritik an den Beschlüssen

Denn am Sonntag, keine zwei Wochen später, rief Söder erneut den Katastrophenfall in seinem Bundesland aus, verschärfte Regeln und Ton. "Es reicht einfach nicht", sagte er nach einer vorzeitig einberufenen Kabinettssitzung. "Alle vier Minuten stirbt ein Mensch in Deutschland an Corona." In Bayern werden Silvesterfeiern deswegen kleiner ausfallen, die Lockerung der Kontaktbeschränkung wird direkt nach Weihnachten wieder aufgehoben.

Dass Söder mit den Beschlüssen Ende November angesichts der hohen Infektionszahlen nicht besonders glücklich war, ließ sich schon damals durchaus zwischen den Zeilen lesen. Ein guter "Zwischenschritt" sei das Länderpapier, ob die Lockerungen nach Weihnachten allerdings sinnvoll seien, müsse man noch diskutieren. Ausdrücklich schloss er weitere Verschärfungen nicht aus. Die liegen nun in Form einer allgemeinen Ausgangsbeschränkung vor.

Das viel erwartete Signal

Geändert hat sich aber vor allem die Art der Kommunikation. Nicht nur schilderte Söder am Sonntag drastisch die tödlichen Folgen der derzeitigen Entwicklung. Auch der Zeitpunkt der Pressekonferenz sei vermutlich nicht zufällig gewählt, vermutete die Politologin Ursula Münch im Bayerischen Rundfunk. Söder beherrsche "die Methoden der Inszenierung" und wisse, dass eine Kabinettsitzung am Nikolaus-Mittag auf "öffentliche Aufmerksamkeit in der ganzen Republik" stoße. Der Zeitpunkt vermittelt also Dringlichkeit.

Tatsächlich hatten Experten ein solches bundesweites Signal zuletzt vermisst. Der Virologe Alexander Kekulé sagte im Interview mit t-online, die Maßnahmen erreichten Teile der Bevölkerung nicht mehr. Man müsse mehr Überzeugungsarbeit leisten. "Es gilt, den Leuten klarzumachen: Die Lage ist wahnsinnig ernst", sagte Kekulé. "Aber wie soll der Bürger das nachvollziehen, wenn die Politik selbst kein starkes Signal sendet und sich nicht einmal die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten einigen können?"

"Black Friday" als wäre keine Pandemie

Stattdessen hatten die vergangenen Wochen eher Signale der Entspannung vermittelt: Während die Infektionszahlen kaum zurückgingen und täglich Hunderte Todesfälle vermeldet wurden, lief der Weihnachtsbetrieb in den Geschäften auf Hochtouren. Am sogenannten "Black Friday" Ende November lockten Sonderangebote so viele Menschen in die Fußgängerzonen, dass vielfach Polizei und Ordnungsamt eingreifen mussten. Einkaufscenter schlossen wegen des Andrangs die Türen. Mit Lautsprecherdurchsagen versuchten Sicherheitskräfte in Köln, Bielefeld und Dortmund, die Menschen auf Shopping-Tour aus den Innenstädten zu lotsen.

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Deswegen ist es auch wenig überraschend, dass Söder für seinen Vorstoß nun großen Zuspruch erhält. Der Epidemiologe und SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte, die bayerischen Maßnahmen auf ganz Deutschland auszuweiten. Er hatte bereits vor den Lockerungen an Silvester gewarnt: "Sonst haben wir Ende Januar noch einmal zusätzliche 25.000 Tote." t-online sagte er nun, die Konzentration auf Hotspots reiche nicht mehr aus. "Die nächsten drei Monate werden die härtesten der Pandemie werden. Wir brauchen jetzt endlich wieder eine Kontrolle der Lage."

Lockerungen für Weihnachten auf der Kippe

Ähnlich sehen es wohl auch die Landesregierungen von Sachsen, Hessen und dem Saarland. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund und Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow stellen die Lockerungen sogar bereits für Weihnachten in Frage. Kanzleramtsminister Helge Braun sagte zumindest, die Bundesregierung sei "sofort dabei", wenn es in den Ländern die Bereitschaft gebe, etwas wegen der Hotspots zu unternehmen.

Ungeachtet der sich abzeichnenden Mehrheitsmeinung, dass die Pandemielage mit den derzeitigen Maßnahmen nicht zu beherrschen ist, hat die bisher zögerliche Haltung der Ministerpräsidenten dem CSU-Vorsitzenden Söder Raum zur Profilierung eröffnet. Schon im März hatten Medien von einem Fernduell Söders mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet geschrieben, der für den CDU-Vorsitz kandidiert und damit auch als möglicher Kanzlerkandidat für die kommende Bundestagswahl gilt.

Kampf um die Kanzlerkandidatur?

Beide Bundesländer hatten damals mit großen lokalen Ausbrüchen zu kämpfen, die in den Hotspots zu wesentlich höheren Sterberaten führten als zu dieser Jahreszeit üblich. Während Laschet allerdings stets darauf achtete, mit den Maßnahmen möglichst wenig in den Alltag einzugreifen und beispielsweise schnell große Möbelhäuser wieder öffnen ließ, pflegte Söder das Profil des hart durchgreifenden Machers. Katastrophenfall, Ausgangssperre, Maskenpflicht: In Bayern galt vieles früh, was anderswo noch undenkbar schien.

Der Streit setzt sich fort: Während Laschet den Föderalismus lobt und regionale Maßnahmen favorisiert, sähe Söder gern längst bundesweite Regelungen – wie jeder zweite Bundesbürger laut Umfragen. Während Laschet die Schulen möglichst ohne Einschränkung geöffnet halten will, lässt Söder immer wieder durchblicken, dass er womöglich zu größeren Einschränkungen bereit wäre – wie jeder zweite Bundesbürger.

Die harte Linie verleitete oftmals zur Vermutung, eigentlich sei es Markus Söder, der sich für die Kanzlerkandidatur in Stellung bringe. Befeuert wurden diese Spekulationen von zuvor kaum für möglich gehaltenen Beliebtheitswerten des bayerischen Ministerpräsidenten. Seit Monaten halten ihn die Unionswähler für kanzlertauglich. Merz, Laschet, Spahn: Sie alle schauen nur noch hinterher. Von Söders Zustimmungswerten sind sie meilenweit entfernt.

Und auch dieses Mal darf Söder wieder in einer heiklen Situation vorangehen. Experten pflichten ihm bei, Zustimmung kommt aus den Kommunen, zwei Drittel aller Bürger halten die Lockerungen zu Silvester laut WDR-"Deutschlandtrend" ohnehin für falsch. Da sich Bund und Länder bislang trotzdem nicht auf eine Verschärfung der Maßnahmen einigen konnten, macht Söder das halt selbst, so das Signal. Es ist eine Situation, die ihm möglicherweise entgegenkommt.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Bayerischer Rundfunk: "Söder, Aiwanger und jede Menge Fragen"
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