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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Rätselraten um Trumps Zustand Wie geht es ihm wirklich?
Donald Trump ist im Krankenhaus – am Freitag verschlechterte sich sein Zustand offenbar deutlich. Doch das Weiße Haus verschweigt, wie es um den Präsidenten steht.
Es war eine rasante Entwicklung, die die Krankengeschichte des Corona-Patienten Donald Trump am Freitag nahm. Kurz nach Mitternacht hatte der Präsident erst seine Infektion mit dem Coronavirus bekannt gegeben, woraufhin der Leibarzt ankündigte, Trump werde wegen nur leichter Symptome die Genesung im Weißen Haus bestreiten.
18 Stunden später hatte Trump eine experimentelle Behandlung mit einem Antikörper-Cocktail hinter sich und war ins Militärkrankenhaus Walter Reed vor den Toren Washingtons geflogen worden. Dort soll er mehrere Tage bleiben und laut dem Weißen Haus arbeiten.
An der Arbeitsfähigkeit des Präsidenten gibt es allerdings erhebliche Zweifel. Das Weiße Haus hat nur wenige Informationen über den Zustand Trumps veröffentlicht – und diese klingen für viele Experten verharmlosend. Die Verlegung ins Krankenhaus bezeichnete das Weiße Haus als Vorsichtsmaßnahme.
74 Jahre alt und starkes Übergewicht
Es geht dem Präsidenten offensichtlich deutlich schlechter als seiner ebenfalls positiv getesteten Ehefrau Melania, die im Weißen Haus geblieben ist und laut dem Präsidentenarzt nur einen leichten Husten und Kopfschmerzen hat.
Trump gehört mit 74 Jahren und seinem starken Übergewicht zu einer Risikogruppe. Der Leibarzt berichtete von Müdigkeit. Von der Ankündigung des Weißen Hauses, dass Trump am Freitag arbeiten würde, war nichts zu sehen. Eine Telefonkonferenz, die er am Mittag leiten sollte, übernahm Vizepräsident Mike Pence. Thema, ausgerechnet: Die Gefahr durch Corona für ältere Mitbürger.
Trump schickte tagsüber keinen einzigen Tweet ab. Erst um 23.31 Uhr meldete er sich aus dem Krankenhaus: "Geht gut, denke ich!" Vor dem Abflug dorthin nahm er nur eine 18-sekündige Videobotschaft auf, in der er sagte: „Ich denke, dass es mir wirklich gut geht.“ Die Videobotschaft finden Sie oben im Artikel oder hier.
"Das ist ernst"
CNN berichtete unter Berufung auf eine namentlich nicht genannte Quelle, Trump habe Atemprobleme und Fieber. Ein Berater seines Wahlkampfteams wurde mit den Worten zitiert: "Das ist ernst."
Auch der Tweet von Trumps Sohn Eric Klang deutlich ernster als die Verlautbarungen aus dem Weißen Haus. Er bat um die Gebete aller für eine Genesung des Vaters.
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Die Kommunikationspolitik des Weißen Hauses steht in scharfer Kritik. Schließlich hatte man bereits die Infektion der am Mittwoch erkrankten Beraterin Hope Hicks verschwiegen – sie wurde erst durch einen Medienbericht bekannt. Und Trump selbst flog am Donnerstagnachmittag noch zu einer Spendenveranstaltung mit 200 Gästen – 24 Stunden später war er schon im Krankenhaus. Die Gefahr ist also hoch, dass Trump dort Gäste angesteckt hat.
Wo infizierte sich Trump?
Selbst seinen eigenen Mitarbeitern gegenüber hat das Weiße Haus nicht offen kommuniziert.
Es gibt derweil in Washington mehr Fragen als Antworten. Warum forderten Trumps Ärzte eine noch nicht zugelassene Kur mit Antikörpern an? Seit wann ging es Trump schon schlecht und damit zusammenhängend: Seit wann war er ansteckend? Wo infizierte sich Trump?
Interessieren Sie sich für die US-Wahl? Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt über den Wahlkampf, seine Arbeit im Weißen Haus und seine Eindrücke aus den USA unter Donald Trump einen Newsletter. die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.
Ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückte eine Veranstaltung am vergangenen Samstag im Rosengarten des Weißen Hauses, wo Trump seine Supreme-Court-Richterin Amy Coney Barrett vorstellte – mit reichlich Umarmungen, Händeschütteln und wenig Abstand und Masken unter den Gästen. Unter anderem zwei dort anwesende Senatoren und die Ex-Beraterin Kellyanne Conway sind mittlerweile ebenfalls Covid-positiv.
Hat Trump Biden gefährdet?
Auch das TV-Duell mit Joe Biden rückt ins Zentrum: Trump und Biden standen am Dienstagabend in einer Entfernung von zweieinhalb Metern zueinander. Doch Trump sprach – oft sehr laut – über 90 Minuten in die Richtung seines Kontrahenten. Trumps Entourage widersetzte sich der Maskenpflicht im TV-Studio.
Ein erster Corona-Test am Freitag fiel bei Biden negativ aus. Er machte am Freitag weiter Wahlkampf – zog aus Rücksicht auf Trumps Lage aber die in den USA übliche negative Wahlwerbung aus dem Verkehr. Der Demokrat wäre mit seinen 77 Jahren auch stark gefährdet, sollte er sich das Virus einfangen.
Die Auswirkungen auf den Wahlkampf sind weiter nicht abzuschätzen – sie hängen vor allem davon ab, wie es um die Gesundheit des Präsidenten wirklich steht.
- Eigene Recherchen
- CNN: 'This is serious': What Trump's officials said about his condition
- Washington Post: How the coronavirus spread in Trump’s White House