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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Trump in der Syrien-Krise Ein Brief, ein Foto, ein Abgang
Donald Trump steht in der Syrien-Politik unter erheblichem Druck. Als Befreiungsschlag stach er einen Brief an Erdogan durch – doch der zog umgehend Spott auf sich. Und dann endet eine Besprechung im Eklat.
Der Druck auf Donald Trump hat in der Syrien-Krise weiter zugenommen. Das Repräsentantenhaus stimmte mit großer Mehrheit für eine Resolution, die den vom Präsidenten angeordneten Abzug der US-Truppen verurteilt – auch mehr als hundert Abgeordnete aus Trumps republikanischer Partei stimmten dieser Erklärung zu.
Die Nachricht, dass russische Einheiten amerikanische Posten übernehmen, sorgt in der amerikanischen Öffentlichkeit für Unruhe. Und für einige Stunden am Mittwoch sah es so aus, als ob sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan weigern würde, sich mit Donald Trumps Delegation überhaupt nur zusammenzusetzen. Am späten Abend flogen Vizepräsident Mike Pence und Außenminister Mike Pompeo doch noch Richtung Ankara.
Trump hatte in den vergangenen Tagen versucht, durch seine Drohungen mit harten Wirtschaftssanktionen die Kritik zu kontern und die Verhandlungsposition zu stärken. Doch die Taktik zeigt nach dem blitzartigen Rückzug der US-Truppen und schnellen Machtverschiebungen im Konfliktgebiet bislang keine Wirkung. Trump hintertrieb sie zudem selbst, als er am Mittwoch im Weißen Haus wiederholt Distanz zu dem Konflikt und den Kurden aufbaute – und zeigte, dass der Druck nicht spurlos an ihm vorbeigeht.
"Sie sind keine Engel"
Vor Journalisten im Oval Office und bei einer anschließenden Pressekonferenz mit dem italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella rechtfertigte sich Trump ausgiebig über seinen Entschluss, die US-Truppen in Nordsyrien abzuziehen, was nach Auffassung beider US-Parteien und zahlreicher Beobachter erst die Offensive Erdogans ermöglicht hatte.
Trump sagte, der Konflikt zwischen Türken und Kurden habe "nichts mit uns zu tun", man sei "7.000 Meilen entfernt". Um Distanz zu den kurdischen Kämpfern aufzubauen, sagte er: "Sie sind keine Engel."
Vergessen schien damit der Umstand, dass die US-Spezialkräfte bis vor wenigen Tagen Seite an Seite mit kurdischen Kämpfern gegen den "Islamischen Staat" gekämpft hatten.
Die wiederholte "Nicht unser Problem"-Rhetorik dürfte zudem die Ausgangslage seiner eigenen Delegation um Pence, die der Türkei einen Waffenstillstand abringen will, erschweren.
- Kommentar zu Trump und Syrien: Nach ihm die Sintflut
In der Pressekonferenz deutete sich bereits ein weiteres Manöver an, das dann am Abend Realität wurde. Trump veröffentlichte einen Brief, den er Erdogan geschrieben hatte. Das Kalkül dahinter: Das Schreiben sollte Trumps, wie er selbst sagte, "mächtige" Warnung an Erdogan illustrieren.
Das Schreiben, datiert auf den 9. Oktober, zeichnet sich durch umgangssprachlichen Stil statt durch diplomatisches Vokabular aus und beginnt, typisch für Trump, mit dem Angebot, einen "guten Deal" einzugehen. Erdogan wolle doch sicher nicht "verantwortlich für das Abschlachten Tausender Menschen" sein, schreibt der US-Präsident, und er seinerseits wolle nicht "verantwortlich sein für die Zerstörung der türkischen Wirtschaft – und das werde ich!".
Erdogan könne "für immer als Teufel" dastehen
Trump schrieb, in der Geschichte würde Erdogan "für immer als Teufel" dastehen, wenn nicht noch "gute Dinge geschehen" würden. "Seien Sie kein harter Typ. Seien Sie kein Narr", schreibt Trump und beendet knapp mit: "Ich werde Sie später anrufen."
Zahlreiche Beobachter wunderten sich wegen des Jargons, ob der Brief tatsächlich aus dem Weißen Haus stammte. Doch Trumps Pressesprecherin bestätigte das umgehend. Der Brief wurde drei Tage nach dem Telefonat zwischen Trump und Erdogan verschickt, nachdem Trump den Abzug der US-Soldaten aus dem Grenzgebiet ankündigte.
Doch ein intensiver Tag im Zeichen der Syrien-Krise war damit noch nicht vorbei. Zeitgleich saß Trump mit führenden Politikern beider Parteien aus dem Kongress im Kabinettssaal des Weißen Hauses, in dem es um die weiteren Schritte in der Syrien-Politik gehen sollte. Das Treffen blieb kurz, denn die Führung der Demokraten verließ den Raum bald wieder.
Noch auf dem Gelände des Weißen Hauses sprach die Gruppe um die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, davon, dass Trump kein ernsthaftes Gespräch habe führen wollen und Pelosi etwa als "drittklassige Politikerin" bezeichnet habe.
Der Eklat im Kabinettssaal
Es war das erste Zusammentreffen von Pelosi und Trump, seit die Demokratin im Repräsentantenhaus den Startschuss zu einer Impeachment-Untersuchung gegen den Präsidenten gegeben hatte, die Tag für Tag neue Indizien für einen möglichen Amtsmissbrauch Trumps zu Tage fördert.
Beide Seiten unterstellten im Anschluss einander, einen Wutausbruch gehabt zu haben. Trump soll das Treffen mit den Worten eröffnet haben, dass er keine Lust auf den Termin habe. Pelosi soll ihm wiederum unterstellt haben, er arbeite in Syrien zum Vorteile Wladimir Putins.
Trump wollte später sein Argument unterfüttern, indem er ein Foto veröffentlichte, das eine Szene aus dem Kabinettssaal zeigte.
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Zu sehen ist Pelosi, die aufsteht und mit dem Finger zeigt, während Trump laut zu sprechen scheint. Einen "unkontrollierten Zusammenbruch" der "nervösen Nancy", wie er schrieb, zeigt die Aufnahme zumindest nicht.
- Post aus Washington: Wie Trump die Syrien-Politik auf den Kopf stellte
- Newsblog: Alle Entwicklungen zum Syrien-Krieg
- Reportage: Deutsch-Türken und Erdogans Feldzug
Pelosi reagierte umgehend auf den Tweet des Präsidenten: Sie machte das Foto, das ihren angeblichen Wutausbruch belegen sollte, zum Titelbild ihres Twitter-Kontos.
- eigene Beobachtungen
- New York Times: Inside the White House "Meltdown"