Überraschende Wendung Deshalb sind Plug-in-Hybride wieder so beliebt

Totgesagte leben länger: Die Zulassungszahlen für Plug-in-Hybride steigen, während reine E-Autos an Zuspruch verlieren. Was hinter der Entwicklung steckt.
Der Plug-in-Hybrid galt schon fast als abgeschrieben. Mit dem Aufkommen von E-Autos mit höheren Reichweiten und dem Wegfall der staatlichen Förderungen in Deutschland brachen ihre Zulassungszahlen massiv ein. Doch mittlerweile scheint es so, als sei die Zeit des Verbrenners mit Ladestecker nicht vorbei.
Plug-in, Hybrid und Mildhybrid – wo ist da der Unterschied?
Ein Plug-in-Hybrid (PHEV) hat sowohl einen Verbrennungsmotor als auch einen großen Elektromotor mit einer aufladbaren Batterie, die extern über eine Steckdose geladen wird.
Ein Hybrid (HEV) kombiniert einen Verbrennungsmotor mit einem kleineren Elektromotor und einer Batterie, die während der Fahrt durch den Verbrennungsmotor und Rekuperation aufgeladen wird.
Ein Mildhybrid verfügt über einen kleinen Elektromotor, der den Verbrennungsmotor unterstützt, aber das Auto nicht allein antreiben kann; die Batterie wird durch Rekuperation und den Motor aufgeladen.
Hybridfahrzeuge verzeichneten in Deutschland im Jahr 2024 ein starkes Wachstum: 947.398 Neuzulassungen (+12,7 Prozent) entsprachen einem Marktanteil von 33,6 Prozent. Darunter befanden sich 191.905 Plug-in-Hybride, ein Zuwachs von 9,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bei E-Autos hingegen gingen die Zulassungen mit 380.609 Fahrzeugen um 27,4 Prozent zurück.
International im Trend
Dass die Verbrenner mit Ladestecker wieder im Trend liegen, hat auch mit globalen Entwicklungen zu tun: Der weltweite Absatzmarkt für batteriebetriebene Elektroautos (BEV) wuchs mit einem Plus von knapp zehn Prozent auf rund elf Millionen verkaufte Fahrzeuge an. PHEV legten um 58 Prozent zu und erreichten einen Absatz von 6,4 Millionen Fahrzeugen.
Vorn mit dabei ist China. Sieben Millionen BEV (+12 Prozent) und ungefähr fünf Millionen PHEV-Fahrzeuge (+82 Prozent) wurden hier verkauft. Besonders beliebt sind die "Extended Range Electric Vehicles" (EREV), die so den Plug-ins gezählt werden: Hier wird die meiste Zeit elektrisch gefahren; bei Bedarf ermöglicht ein kleiner Verbrennungsmotor mehr Reichweite. In Nordamerika wuchs der Markt für Plug-in-Hybride um mehr als zwölf Prozent auf gut 300.000 Fahrzeuge. Mit Abstand wichtigster Markt sind hier die USA.
Deshalb legen Plug-in-Hybride wieder zu
Das Comeback des Plug-ins hat mehrere Gründe:
Erstens: Das Modellangebot ist nicht nur gewachsen, sondern auch attraktiver geworden. Moderne Plug-in-Hybride können rein elektrische Reichweiten von mehr als 100 Kilometern aufweisen, etwa der geliftete Golf, wenn der Akku voll aufgeladen ist. Für Pendler ist das also eine gute Option, bei entsprechend günstig gezapftem Strom zu geringeren Kosten als mit einem reinen Benziner oder Diesel zu fahren. Auch das Ladetempo ist mittlerweile deutlich gestiegen.
Zweitens: der Preis. Moderne Plug-in-Hybride sind kaum noch teurer oder sogar günstiger als ähnlich motorisierte Benziner – und deutlich günstiger als E-Autos. "Auto Motor und Sport" rechnet vor: Der BMW X1 25e xDrive PHEV mit 245 PS Gesamtleistung kostet 50.200 Euro, der vergleichbare Verbrenner 23i xDrive mit 27 PS weniger kostet 52.000 Euro.
Drittens: Trotz immer besser ausgebauter Ladeinfrastruktur – Plug-in-Hybride bieten seit jeher den Vorteil, dass man nicht von E-Ladesäulen abhängig ist. Das ist ideal für Nutzer, die möglicherweise eine Ladestation beim Arbeitgeber, nicht aber zu Hause haben.
Viertens: die Dienstwagensteuer in Deutschland. Während viele Unternehmen noch die Finger von E-Autos lassen, zum Beispiel aufgrund mangelnder Lademöglichkeiten, bieten PHEVs genauso wie Stromer eine Steuer von 0,5 Prozent auf den Preis. Bei Verbrennern ist es ein Prozent. PHEVs sind dadurch auch für Dienstwagenfahrer attraktiver – auch attraktiver als in der Anschaffung deutlich teurere (und damit auch in der Steuer kostspieligere) E-Autos.
Fünftens: der Wiederverkaufswert. Während bei der Haltbarkeit von E-Autos noch häufig Unsicherheit herrscht und daher auch Gebrauchtwagen oft kritisch beäugt werden, lässt sich ein Plug-in-Hybrid einfacher verkaufen. Und fährt mit Glück noch mehrere Jahre viel im E-Betrieb und spart damit CO2-Emissionen.
Sechstens: Vor allem chinesische Hersteller wie BYD importieren aktuell deutlich mehr Plug-in-Hybride als E-Autos nach Europa. Nicht nur, weil die Nachfrage höher ist, sondern auch aus Kostengründen: Im vergangenen Jahr verhängte die Europäische Union zusätzliche Zölle auf Importe chinesischer Elektrofahrzeuge, was für BYD einen Aufschlag von 17 Prozent zusätzlich zum Standardzoll von zehn Prozent bedeutete. Solange die Chinesen noch nicht in Europa produzieren, bieten Plug-ins einen Zollvorteil: Sie unterliegen nicht den erhöhten EU-Zöllen.
Umstrittene CO2-Bilanz bei Plug-in-Hybriden
Doch nicht immer ist ein Plug-in-Hybrid umweltfreundlicher – sein Verbrauchs- und Öko-Vorteil hängt stark vom Fahrer ab: Lädt er oft Strom an der Steckdose nach? Nutzt er in der Stadt vorwiegend den Elektromotor? Und fährt er eher im Eco-Modus statt in der Sporteinstellung?
Private Plug-in-Hybride fahren 45 bis 49 Prozent ihrer Strecken weitgehend elektrisch, Dienstwagen lediglich 11 bis 15 Prozent, fanden Forscher des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI und des International Council on Clean Transportation (ICCT), einer gemeinnützigen Forschungsorganisation, heraus. Sie werteten die Nutzungsdaten von etwa 9.000 Plug-in-Hybriden aus ganz Europa aus.
Und wegen seines höheren Gewichts aufgrund der komplizierten Technik (rund 300 Kilogramm) verbraucht ein Plug-in im Verbrennerbetrieb auch mehr Sprit. Daher sind Plug-ins nur dann ansatzweise sauber, wenn sie entsprechend gefahren werden – nämlich mit geladenem Akku und ohne Bleifuß.
- auto-motor-und-sport.de: "Das unheimliche Comeback der Plug-in-Hybride" (kostenpflichtig)
- autobild.de: "Zugabe für den Plug-in-Hybrid! Oder doch nur Gastauftritt?"
- focus.de: "Es ist nicht der Diesel - diese Verbrenner-Technik feiert ein Comeback"
- hvo100.team: "Fahrzeugzulassungen Jahresvergleich 2024 vs. 2023: Hybride wachsen, Elektroautos verlieren"
- isi.fraunhofer.de: "Elektroauto-Verkäufe 2024: China im Vormarsch, Stagnation in Europa"
- Mit Material der Nachrichtenagentur SP-X
- automobilwoche.de: "BYD bringt mehr Plug-in-Hybride nach Europa"
- Archivmaterial