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USA und Russland: Kehrtwende bei Nord Stream 2?


Deutscher Ex-Spion involviert?
Kehrtwende bei Nord Stream 2 deutet sich an

Von t-online, FIN, cc

Aktualisiert am 03.03.2025 - 09:19 UhrLesedauer: 4 Min.
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Quelle: Artem Priakhin/imago-images-bilder
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Ein ehemaliger DDR-Spion könnte an der Wiederbelebung von Nord Stream 2 beteiligt sein. In den Neustart-Plänen spielt auch die Trump-Administration eine große Rolle.

Wohl kaum ein anderes Projekt steht so beispielhaft für den Abbruch der Beziehungen zwischen dem Westen und Russland wie Nord Stream 2. Die Gaspipeline war umstritten, mehrere US-Administrationen hatten das Projekt ins Visier genommen. Sowohl Donald Trump in seiner ersten Amtszeit als auch Joe Biden drängten auf dessen Aufkündigung. Erst die russische Invasion in der Ukraine hatte selbst die größten Befürworter der Pipeline, mit der der Kreml billiges russisches Gas nach Europa exportieren wollte, zum Verstummen gebracht.

Nun soll die spektakuläre Kehrtwende erfolgen. Wie die "Financial Times" berichtet, arbeitet ein Konsortium unter der Führung amerikanischer Unternehmen offenbar daran, das Projekt wiederzubeleben. Dabei versprechen sich die Beteiligten Unterstützung aus dem Weißen Haus, ausgerechnet von Donald Trump. Der hatte schon 2019 davor gewarnt, dass Nord Stream 2 Deutschland in "eine Geisel des Kreml" verwandeln könnte. Die Vorhersage sollte sich als hellsichtig erweisen. Erst drei Jahre später stieg Deutschland aus dem Abkommen zum Betrieb der Pipeline aus und suchte fortan händeringend um Ersatz für das billige russische Gas.

Dabei könnte erneut ein ehemaliger DDR-Spion an der Wiederbelebung von Nord Stream 2 beteiligt sein. Federführend mit den Gesprächen betraut soll laut "Financial Times" nämlich Matthias Warnig sein, ein früherer Stasi-Offizier. Warnig gilt als langjähriger Vertrauter des russischen Diktators Wladimir Putin. Die geschäftlichen (und privaten) Beziehungen der beiden reichen zurück bis in die 1980er-Jahre. Damals war Putin als KGB-Offizier in Dresden stationiert, der junge Warnig arbeitete für die Stasi.

Bis 2023 war Warnig Geschäftsführer der Nord Stream 2 AG, der Betreibergesellschaft des Pipeline-Projekts unter Kontrolle des russischen Energieriesen Gazprom. Mittels einer vom Bundesland Mecklenburg-Vorpommern gegründeten "Klimastiftung" sollte der Bau von Nord Stream 2 fertiggestellt werden. Am 28. Februar wurde die Arbeit der Stiftung unter dem Eindruck des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine eingestellt. Die zahlreichen Verbindungen des Projekts zum Kreml hat t-online-Investigativredakteur Jonas Müller-Töwe in den vergangenen Jahren recherchiert.

Warnig soll sich derzeit bemühen, die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den USA und Russland zu intensivieren, parallel zu den Friedensgesprächen zum Ukraine-Krieg. Angeblich sind auch enge Vertraute von US-Präsident Trump in die Gespräche involviert, so zitiert die "Financial Times" anonyme Quellen.

Was steckt hinter den Plänen?

Der Kern der Idee ist dem Bericht zufolge eine Rolle der USA als Zwischenhändler für russisches Gas nach Europa. Die US-Regierung wäre zwar offiziell nicht direkt in den Deal eingebunden, dennoch könnten US-Investoren finanziell profitieren und gleichzeitig regulatorischen Einfluss auf den Gasfluss nach Europa erhalten.

Mehrere mit den Verhandlungen vertraute Personen berichten, dass ein US-geführtes Konsortium bereits einen Vorschlag für ein Geschäft mit Gazprom in der Zeit nach den Sanktionen gegen Russland entwickelt hat. Die Identität der beteiligten Investoren bleibt unklar. In der Europäischen Union lösen die Berichte Besorgnis aus – mehrere Regierungen diskutieren angeblich bereits über die potenziellen Folgen eines Deals, der Europa erneut in eine Abhängigkeit von russischem Gas führen würde.

Ein Plan mit vielen Fragezeichen

Fraglich ist, ob der Plan wirklich umsetzbar wäre. Zunächst müssten die USA ihre derzeitigen Sanktionen gegen Russland und russische Unternehmen aufheben. Gleichzeitig müsste Russland sich wieder bereit erklären, Gas nach Europa und Deutschland zu liefern. Auch die Bundesregierung müsste sich auf ein Abkommen einlassen, das sowohl eine Abhängigkeit von den USA als auch von Russland mit sich bringen würde.

Das Projekt war vor allem aus der SPD stark vorangetrieben worden. Sowohl der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder, der als Verwaltungsratspräsident der Betreiberfirma Nord Stream 2 AG lange für seinen Freund Putin lobbyierte, als auch die SPD-Ministerpräsidenten Erwin Sellering und Manuela Schwesig, die trotz massiver Kritik an dem Bau der Pipeline festhielten, forcierten das Projekt. Im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern ist derzeit ein Untersuchungsausschuss mit den zum Teil dubiosen Vorgängen rund um Nord Stream 2 beschäftigt.

Äußerungen des russischen Präsidenten Putin aus der jüngsten Vergangenheit deuten jedoch darauf hin, dass er einem möglichen Gasabkommen offen gegenüberstehen könnte. Er betonte mehrfach, dass die USA von einem Frieden in der Ukraine wirtschaftlich profitieren könnten, und deutete an, dass bereits "einige Unternehmen" entsprechende Gespräche führten. Auch der US-Präsident hatte Interesse an einer Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Staaten bekundet.

Auf Anfrage der "Financial Times" bestritt Matthias Warnig, der seit 2022 auf der US-Sanktionsliste steht, jegliche Beteiligung an Gesprächen mit US-Politikern oder Geschäftsleuten. Auch Kremlsprecher Dmitri Peskow dementierte entsprechende Berichte. Gazprom lehnte eine Stellungnahme ab.

Entscheidung im Kanton Zug

Die Zukunft des möglichen Nord-Stream-Deals könnte sich nun vor einem Kantonsgericht in der Schweiz entscheiden. Der in der Schweiz ansässige Betreiber von Nord Stream ist insolvent, da seit Jahren kein Gas mehr durch die Pipeline fließt. Das zuständige Insolvenzgericht im Kanton Zug hat potenziellen Investoren daher eine Frist bis zum 9. Mai gesetzt.

Ursprünglich hätte die Entscheidung bereits im Januar fallen sollen, doch aufgrund der komplexen geopolitischen Lage sowie der Amtsübernahme von Donald Trump gewährte das Gericht einen Aufschub. Während seiner ersten Amtszeit stand Trump Nord Stream 2 äußerst kritisch gegenüber und nutzte die Pipeline als Symbol für Deutschlands – und damit Europas – Abhängigkeit von russischem Gas, das indirekt zur Finanzierung des russischen Militärs beigetragen habe. Nun sehen jedoch einige Mitglieder seines Teams Nord Stream 2 als strategisches Druckmittel, das in den Ukraine-Friedensgesprächen eingesetzt werden könnte, berichtete ein Regierungsvertreter der "Financial Times".

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