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Trump 2028? Wie der Präsident die Verfassung austricksen will


Trump 2028?
Der Albtraum der Demokraten wird greifbar


06.04.2025 - 16:56 UhrLesedauer: 6 Min.
US-Präsident Donald Trump im Oval Office des Weißen Hauses: Spiel mit der Verfassung.Vergrößern des Bildes
US-Präsident Donald Trump im Oval Office des Weißen Hauses: Spiel mit der Verfassung. (Quelle: IMAGO/Al Drago / Pool via CNP /MediaPunch)
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Schon lange spielt Trump mit der Idee einer dritten Amtszeit. Doch jetzt scheint er entschlossener denn je. Was steckt dahinter? Welche Schlupflöcher gibt es? Und was passiert, wenn er sich einfach über die Verfassung hinwegsetzt?

Bastian Brauns berichtet aus Washington

"Wir werden vier weitere Jahre gewinnen", rief Trump bei einer Kundgebung in der amerikanischen Stadt Oshkosh, im Bundesstaat Wisconsin, mitten im Wahlkampf gegen Joe Biden. Das war im August 2020. Seine Anhänger, viele von ihnen mit den bekannten, roten MAGA-Baseballkappen, jubelten. "Und danach werden wir weitere vier Jahre anstreben, weil sie mein Wahlkampfteam ausspioniert haben. Also sollten vier Jahre nachholen dürfen", so Trump.

Schon bevor er also gegen Joe Biden verlor, hatte Trump die Saat dafür ausgelegt, seine Präsidentschaft über die verfassungsmäßigen Grenzen von zwei Amtszeiten hinaus zu verlängern. Schon damals verzückten seine provokanten Andeutungen über eine dritte Amtszeit seine Anhänger, während seine Kritiker sich darüber stritten, ob Trump das ernst meinte oder scherzte.

Fünf Jahre später hat der mittlerweile zum zweiten Mal gewählte Präsident den vermeintlich humorvollen Ton abgelegt. In einem bemerkenswerten Interview der NBC-Sendung "Meet the Press" hat sich Trump so deutlich wie nie zuvor über eine dritte Amtszeit geäußert. Dort sagte er ganz entschieden und ohne Interpretationsspielraum: "Nein, nein, ich scherze nicht."

Trump ging noch weiter und deutete an, es gebe "Methoden, mit denen man das tun könnte". Im Klartext heißt das, dass er nach Wegen sucht, das verfassungsrechtliche Verbot einer dritten Präsidentschaft zu umgehen. Eine Idee, die Donald Trump dabei vorschwebt: Sein heutiger Vizepräsident J. D. Vance könnte 2028 kandidieren, er selbst hingegen würde als Vize antreten. Nach dem Wahlsieg könnte Vance zurücktreten und die Präsidentschaft an Trump übergeben. Das sei aber nur eine Möglichkeit, sagte Trump, und fügte hinzu: "Aber es gibt auch andere." Welche er damit meinte, wollte er nicht ausführen.

So kam es zur Amtszeitbegrenzung

Dabei erscheint die Sachlage eindeutig und Trumps Vorhaben abwegig. Im 22. Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung heißt es unmissverständlich: "Niemand darf mehr als zweimal in das Amt des Präsidenten gewählt werden und niemand, der länger als zwei Jahre der Amtszeit, für die ein anderer zum Präsidenten gewählt worden war, das Amt des Präsidenten innehatte oder dessen Geschäfte wahrnahm, darf mehr als einmal in das Amt des Präsidenten gewählt werden."

Doch diese Regel galt nicht immer. Der Zusatzartikel wurde erst im Jahr 1951 verabschiedet. Er war eine direkte Reaktion darauf, dass Franklin D. Roosevelt für vier Amtszeiten (von 1933 bis zu seinem Tod 1945) regierte. Grund dafür war unter anderem der Zweite Weltkrieg.

Während die Gründerväter beim Verfassungskonvent 1787 ausführlich über Amtszeitbegrenzungen für Präsidenten debattierten, entschieden sie sich letztlich dagegen, diese in das ursprüngliche Dokument aufzunehmen. George Washington schuf den Präzedenzfall für die Amtszeitbegrenzung, indem er nach zwei Amtszeiten freiwillig zurücktrat. Damit etablierte er eine wirkungsvolle Norm, die fast 150 Jahre hielt.

Nachdem Roosevelt dieses ungeschriebene Gesetz in Kriegszeiten missachtet hatte, befürchteten viele, dass künftige Präsidenten ihre Amtszeit ähnlich verlängern könnten. Das Schreckgespenst aus den Gründungsjahren der USA drohte plötzlich, real zu werden: eine "Wahlmonarchie".

Seitdem der 22. Zusatzartikel der Verfassung besteht, betonen Rechtsexperten stets mehrheitlich, dass er keinen Raum für Interpretationen lässt – auch nicht, wenn argumentiert wird, er würde nur auf direkt aneinander anschließende Amtszeiten zutreffen. Ein Präsident oder eine Präsidentin kann nur zweimal gewählt werden. Ob die Amtszeiten direkt aufeinanderfolgen oder nicht, spielt dabei keine Rolle.

Diese Sorge treibt Trump um

Warum also bringt Trump die Diskussion trotzdem wiederholt in Gang – und gäbe es für ihn wirklich einen Weg, sich über die aktuelle Amtszeit hinaus an der Macht zu halten?

Ein wichtiger Grund für Trumps Äußerungen könnte darin liegen, dass ihm in seiner zweiten Amtszeit der Status als "lame duck", also als lahme Ente droht. Amerikanische Präsidenten verlieren in ihrer zweiten Amtszeit typischerweise nach den Zwischenwahlen zunehmend an politischem Einfluss, weil sich die Aufmerksamkeit längst auf mögliche Nachfolger richtet und ihre politischen Vorhaben im Kongress, bei möglicherweise ohnehin fehlenden Mehrheiten, weniger Unterstützung finden.

Trump hat wie kaum ein Präsident in der US-Geschichte seine politische Identität darauf aufgebaut, stark und dominant zu wirken. Die Aussicht auf schwindenden Einfluss läuft seinem propagierten Bild und wohl auch seinem Selbstbild zuwider. Trump signalisiert mit seinen Ambitionen sowohl dem Kongress als auch seinen Anhängern, dass er beabsichtigt, auch nach 2028 die zentrale politische Kraft zu bleiben und keinesfalls zur "lahmen Ente" zu werden.

Doch nicht nur Trump hat ein Problem, sondern auch die gesamte republikanische Partei, die inzwischen ganz und gar auf ihren Anführer ausgerichtet ist. Die sogenannte MAGA-Bewegung hat schon jetzt ein ganz konkretes Nachfolgeproblem. Denn auch eine dritte Amtszeit könnte Trumps natürlichen Alterungsprozess nicht aufhalten. Seine politische Anziehungskraft und der Erfolg seiner Bewegung hängen eng mit Trumps einzigartiger Persönlichkeit, seinem Kommunikationsstil und Charisma zusammen.

Dies sind Eigenschaften, die potenzielle Erben zumindest bislang nicht erfolgreich kopieren konnten. Allerdings war Trump auch noch nie vollständig von der Bildfläche verschwunden. Obwohl sich etwa Floridas Gouverneur Ron DeSantis bei den Vorwahlen 2024 früh positionierte, konnte er nicht annähernd die gleiche Begeisterung entfalten wie Trump bei seiner Basis. Trumps Äußerungen könnten also nicht nur dazu dienen, sein Schicksal als lahme Ente abzuwenden, sondern auch dazu, die Nachfolgefrage innerhalb der Republikanischen Partei zu verzögern.

Ein Plan, um die Verfassung zu unterlaufen?

Überraschend wirkt das nicht. Im Gegenteil: Es scheint generalstabsmäßig geplant. Schon ein Jahr vor Trumps jüngstem "Meet the Press"-Interview hatte der rechtskonservative Autor Peter Tonguette einen Essay mit dem Titel "Trump 2028" veröffentlicht. Darin argumentiert er, Trump würde ja nicht zwei aufeinanderfolgende Amtszeiten absolvieren. Tonguette ist der Ansicht, der 22. Zusatzartikel würde "Präsidenten, die nicht aufeinanderfolgende Amtszeiten dienen – und die Demokratie selbst – willkürlich einschränken".

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Tonguettes letztlich abwegiges Hauptargument aber ist: Es sei inhärent ungerecht, den amerikanischen Wählern das Recht zu verweigern, einen Präsidenten wiederzuwählen, von dem sie glauben, dass er gute Arbeit leistet. Insbesondere dann, wenn seine Amtszeit bereits (vermeintlich unrechtmäßig) unterbrochen wurde. Während der Aufsatz 2024 von einer breiten Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet blieb, gärte die Idee bei der radikalen MAGA-Basis immer weiter – ein Strategiepapier zur Freude Donald Trumps.

Untermauert wurde dieser Plan dann schon drei Tage nach Trumps Amtseinführung am 20. Januar 2025. Der republikanische Abgeordnete Andy Ogles aus Tennessee brachte im Kongress eine eigentlich aussichtslose Resolution ein, um die Verfassung zu ändern und eine dritte Amtszeit für Trump zu ermöglichen. Er argumentierte in seinem Vorschlag, dass "Trump sich als die einzige Persönlichkeit in der modernen Geschichte erwiesen hat, die den Verfall unserer Nation umkehren kann." Das Vorhaben scheiterte, aber das Thema köchelte weiter.

Der Ausweg in eine weitere Sackgasse

Was einst wie eine eher randständige akademische Übung in einem juristischen Fachseminar für Verfassungsinterpretation wirkte, hat nun mit Trumps deutlich geäußertem Anspruch auf eine dritte Amtszeit eine breite Öffentlichkeit erreicht.

Dabei ist der überwältigende Konsens unter Verfassungsrechtsexperten eindeutig: Der 22. Zusatzartikel verbietet Trump, eine dritte Amtszeit anzustreben. Um die Verfassung formal zu ändern, bräuchte man wie 1951 einen außerordentlichen politischen Konsens – eine Zweidrittelmehrheit sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat, gefolgt von der Ratifizierung durch drei Viertel der US-Bundesstaaten. In der heutigen polarisierten politischen Landschaft erscheint eine solch überwältigende Unterstützung unerreichbar. Derzeit regieren die Republikaner in 27, die Demokraten in 23 Bundesstaaten.

Bleibt also das Schlupfloch mit dem Vizepräsidenten, das Trump auch im NBC-Interview erwähnte. Die Theorie dahinter stützt sich auf die spezifische Verwendung des Wortes "gewählt" im 22. Zusatzartikel. Demnach wird eben nur ausgeschlossen, dass eine Person mehr als zweimal zum Präsidenten gewählt werden kann, nicht aber, dass sie das Amt auf andere Weise erhält, etwa durch den Rücktritt eines Präsidenten J. D. Vance.

An dieser Stelle kommt allerdings mit dem 12. Zusatzartikel eine weitere Hürde der Verfassung ins Spiel. Dieser Artikel besagt, dass "keine Person, die verfassungsrechtlich nicht für das Amt des Präsidenten infrage kommt, für das des Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten infrage kommen soll". Da Trump faktisch nicht erneut zum Präsidenten gewählt werden kann, würde diese Klausel ihn auch von einem künftigen Vizepräsidentenamt ausschließen.

Demokratie am Abgrund: Die Folgen

Die Diskussion um eine dritte Amtszeit zeigt einmal mehr, wie zerbrechlich verfassungsrechtliche Normen werden, wenn sie auf Trumps entschlossenen politischen Willen treffen. Eine bange Frage wird in Washington inzwischen immer offener gestellt: Was, wenn Trump der Verfassung einfach nicht folgen will?

Der Präsident und die Mitglieder seiner Regierung haben sich bereits jetzt Gerichtsentscheidungen widersetzt. Was sie von Richtern halten, die sich gegen Trumps Entscheidungen stellen, machen Personen wie Trumps Chefstratege Steven Miller oder Elon Musk beinahe täglich klar: Im Zweifel sollen Richter aus dem Amt geworfen werden.

Die Wahrheit ist: Wenn die Regierung die Urteile der Gerichte einfach ignoriert, gibt es im Grunde keine Handhabe dagegen. Eine handfeste Verfassungskrise würde drohen, mit vollkommen offenem Ausgang.

Solche Szenarien waren bislang lediglich Stoff für die Handlung von Büchern und Filmen. Mitten im Wahlkampf 2024 erschien in den USA etwa der Blockbuster "Civil War". Zwar war die Handlung fiktiv: Es gab keinen Donald Trump im Weißen Haus. Doch der Film zeigt ein Amerika, in dem ein Präsident sich schlicht weigert, das Amt zu verlassen und damit landesweite Konflikte und schließlich einen verheerenden Bürgerkrieg auslöst. Was damals noch wie dystopische Fiktion wirkte, ähnelt heute zunehmend dem politischen Diskurs in Washington – jeden Tag ein wenig mehr.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • theamericanconservative.com: Trump 2028 (englisch)

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