Drei Segmente – drei Duelle Sind Chinas Autos wirklich besser als Mercedes und Opel?
Europa schießt zurück: Künftig wird es wohl Strafzölle für chinesische Autos geben, die Konkurrenz aus Asien wird deutlich teurer. Aber ist das wirklich die letzte Waffe, die noch feuert? Haben unsere Autohersteller nichts zu bieten? Drei Blitz-Duelle zeigen es.
Immer mehr Elektroautos aus China drängen auf den europäischen Markt. Sie bieten moderne Technik und umfangreiche Ausstattung – zu viel besseren Preisen als die von Opel und Mercedes. Doch obwohl sie in Europa günstiger sind als die Konkurrenz, zahlen die Käufer hier deutlich mehr als in China selbst.
Die Liste der Beispiele ist endlos. Etwa der BYD Atto 3: In China kostet das Modell rund 14.000 Euro, bei uns kostet es 37.990 Euro – fast 24.000 Euro mehr. Oder der Nio EL6 (in China ES6 genannt): In Deutschland liegt sein Preis bei 65.500 Euro, in China dagegen nur bei umgerechnet 43.500 Euro.
Trotz dieser gewaltigen Preisaufschläge sind chinesische Elektroautos immer noch viel billiger als die Konkurrenz aus Europa, heißt es oft. Deshalb haben die EU-Staaten den Weg für Strafzölle auf chinesische Elektroautos freigemacht. Aber stimmt das? Was steckt hinter Chinas Preispolitik? Und was bekommen die Kunden wirklich für ihr Geld?
China gegen Europa: Hier sind drei Blitz-Duelle.
EU-Strafzölle auf chinesische Elektroautos
Die Aufschläge sollen Wettbewerbsvorteile durch chinesische Subventionen ausgleichen. Je nach Hersteller sind Zölle von 17 bis 35 Prozent geplant, für andere sollen pauschal 21 Prozent gelten. Während Deutschland die Zölle ablehnt, befürworten andere EU-Länder die Maßnahme. Die Folgen wären Preissteigerungen für chinesische Elektroautos in Europa und mögliche Gegenmaßnahmen Chinas, wie Zölle auf EU-Produkte. Europäische Hersteller, die in China produzieren (etwa BMW, Mercedes und VW) wären ebenfalls betroffen.
Das Kompakt-Duell: MG4 gegen Opel Astra Electric
Der MG4 punktet mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis und auffälligem Look. Die Konfiguration ist unkompliziert, da lediglich die Farbe wählbar ist. In puncto Sicherheit erreichte das Vorgängermodell im Euro NCAP Crashtest die Höchstwertung von fünf Sternen.
Es gibt aber auch einige Schwachstellen: Das Auto hat kein Navi und bietet nur eine sehr einfache Ladeplanung. Die Ladezeiten sind im Vergleich zur Konkurrenz länger. Auch das Infotainmentsystem könnte besser sein.
Der Opel Astra Electric überzeugt mit den typischen Stärken eines Kompaktwagens. Er bietet eine hohe Alltagstauglichkeit und einen sparsamen Energieverbrauch. Seine Ausstattung ist gut, die Reichweite praxisgerecht.
Allerdings bewegt sich der Astra Electric in einem hart umkämpften Markt. Er trifft auf starke Konkurrenten wie das Tesla Model 3, den Hyundai Ioniq 6 und den VW ID.3. Schwachpunkte sind hier der relativ kleine Kofferraum und der vergleichsweise hohe Preis.
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Das Mittelklasse-Duell: Polestar 2 gegen BMW i4 Gran Coupé
Das Äußere des Polestar 2 kommt gut an, das Interieur ist hochwertig verarbeitet. Er kann schnell geladen werden und bietet eine gute Reichweite.
Die Nachteile: Manche Assistenzsysteme, die man in dieser Fahrzeugklasse erwarten würde, fehlen. Das Platzangebot ist recht beschränkt. Außerdem ist die Bedienung nicht sofort intuitiv und erfordert eine gewisse Eingewöhnung.
Der BMW i4 Gran Coupé erinnert äußerlich stark an den konventionellen 4er. Bemerkenswert für ein Elektroauto ist die Anhängelast von 1.600 kg. Allerdings wiegt das Auto selbst schon über 2 Tonnen, was vor allem an der großen Batterie im Unterboden liegt.
Die hohe Qualität des BMW hat ihren Preis. Das günstigste Modell, der i4 eDrive35 Gran Coupé mit 286 PS, kostet ab 57.500 Euro. Für die leistungsstärkere Version i4 M50 verlangt BMW mindestens 72.100 Euro.
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Das Oberklasse-Duell: Nio ET7 gegen Mercedes EQS 450+
Der Nio ET7 bietet ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und einen geräumigen Innenraum. Er hat etliche Assistenzsysteme und ein attraktives, aerodynamisches Design. Der Fahrkomfort ist hoch und es gibt viele Extras wie Massagefunktionen und sogar eine Duft-Funktion. Das große Infotainmentsystem erinnert an das von Tesla. Der ET7 hat Allradantrieb und eine 5-Jahres-Garantie.
Und das sind die Schwachpunkte: Wichtige Ausstattungsmerkmale wie ein digitaler Totwinkelwarner, ein Handschuhfach und ein vorderer Kofferraum (Frunk) fehlen. Die DC-Ladegeschwindigkeit ist vor allem bei niedrigen Temperaturen enttäuschend. Außerdem ist der Kofferraum sehr klein.
Mercedes EQS 450+
Der Mercedes EQS 450+ ist ein Koloss (5,20 Meter lang, 2,6 Tonnen schwer), der sich dank Allradlenkung dennoch wendig fahren lässt. Sein Innenraum ist geräumig, der Kofferraum fasst 610 Liter. Seine Touchscreens ermöglichen eine intuitive Bedienung durch Berührung, Gesten oder Sprache. Die Ladegeschwindigkeit ist beachtlich: In 34 Minuten ist die Batterie zu 80 Prozent aufgeladen, was einer Reichweite von rund 380 Kilometern entspricht.
Kritikpunkte sind der fehlende Stauraum vorne und die teilweise verwirrenden Lichtfunktionen der optionalen digitalen Scheinwerfer. Eine effizientere Wärmepumpe könnte die Reichweite im Winter verbessern.
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Eine sichere Nummer?
Drei Duelle, drei eindeutige Ergebnisse: Das chinesische Auto ist deutlich billiger, seine Reichweite reicht im Alltag locker aus. Doch wie steht es um die Sicherheit der Autos?
Auch da haben sich die Hersteller in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Während die ersten Modelle noch weit hinter den Sicherheitsstandards zurückblieben, markierte die Marke Qoros 2013 einen Wendepunkt. Ihr Modell Qoros 3 war das erste chinesische Auto, das im Euro-NCAP-Crashtest die Höchstwertung von fünf Sternen erhielt.
Seitdem haben chinesische Autos kontinuierlich gute Sicherheitsbewertungen erhalten. Im vergangenen Jahr beispielsweise erhielten alle getesteten chinesischen Modelle die Höchstnote.
Wie kommen die enormen Preisunterschiede zustande?
Einer der Schlüsselfaktoren ist die Batterieproduktion. China kontrolliert den Großteil der Rohstoffe und der Produktion, wodurch die Batterien dort deutlich günstiger sind. Diese Einsparungen schlagen sich direkt im Endpreis nieder.
Zudem profitieren die chinesischen Hersteller von erheblichen Subventionen ihrer Regierung, etwa durch günstige Grundstückspreise für neue Fabriken. Dadurch können sie die Produktionskosten weiter senken. Außerdem sind Arbeits- und Energiekosten in China niedriger.
Dafür wiederum kämpfen chinesische Autobauer auf ihrem Heimatmarkt mit harten Wettbewerbsbedingungen und bieten Fahrzeuge fast zum Selbstkostenpreis an. Umso wichtiger ist für sie der europäische Markt: Hier können sie höhere Margen erzielen und so Verluste im eigenen Land ausgleichen.
- zdf.de: Showdown in Brüssel: Poker um E-Auto-Zölle für China
- businessinsider.de: Bis zu 24.000 Euro Unterschied: Warum E-Autos in China so viel günstiger sind als in Europa
- adac.de: Unschlagbar günstig? Was dran ist an Billig-E-Autos aus China
- efahrer.chip.de: MG4 Standard im großen Test: Viel E-Auto zum fairen Preis und mit wenig Lücken
- efahrer.chip.de: Opel Astra im Test: Endlich ein normales E-Auto für normale Menschen
- efahrer.chip.de: Dieses Facelift war bitternötig: Polestar 2 spielt in der Mittelklasse vorn mit
- efahrer.chip.de: Test Mercedes EQS 450+: Reichweitenrekord trotz Winterschwäche
- adac.de: Chinesische Automarken: Welche Autos aus China man schon kaufen kann
- adac.de: Aiways U5: China-SUV überrascht im ADAC Test
- Eigene Recherche