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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Heizung Fahrplan für die energetische Sanierung
Um ein durchschnittliches Nachkriegshaus auf den aktuellen energetischen Standard zu modernisieren, müsse man schon mit Kosten von mindestens 70.000 Euro kalkulieren, hat der Verband privater Bauherren (VPB) ausgerechnet. Damit sich die Ausgaben schnell amortisieren, müssen Analyse, Planung und Umsetzung Hand in Hand gehen. Mit dem richtigen Fahrplan für die energetische Sanierung machen sich die Investitionen schneller bezahlt.
"Fenster, Dämmung und Heizung funktionieren wie ein Organismus", erklärt Ulrich Tschorn, Geschäftsführer des Verbandes Fenster + Fassade (VFF). "Deshalb muss das Zusammenspiel dieser Komponenten vor Beginn der Modernisierungsmaßnahmen genau geplant werden, um unnötige Folgekosten zu vermeiden." So lasse sich beispielsweise der Heizwärmebedarf des sanierten Gebäudes und damit die Dimensionierung der neuen Heizungsanlage erst dann zuverlässig kalkulieren, wenn die Planungen für Fassadendämmung und neue Fenster abgeschlossen sind.
Fundierte Analyse steht am Anfang jeder energetischen Sanierung
Doch eine gute Planung setzt schon viel früher an. Zuerst gilt es erst einmal, eine fachkundige Bestandsaufnahme durchzuführen. Dafür sollte man sich einen unabhängigen Energieberater suchen. Zwar haben mittlerweile auch viele Handwerksfirmen Mitarbeiter mit der Qualifikation zum geprüften Gebäudeenergieberater. Verbraucherschützer sehen hier aber die Gefahr von Interessenkonflikten. Ein zum Energieberater weiterqualifizierter Dachdecker beispielsweise hätte ein erhebliches Eigeninteresse, vor allem beim Dach Handlungsbedarf zu attestieren. Schließlich stünden die Chancen gut, dass er selbst den Auftrag zur Sanierung erhält.
In besseren Händen ist man oft bei einem unabhängigen Fachmann. Eine bequeme Suchfunktion stellt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) auf der Internetseite verbraucherzentrale-energieberatung.de bereit. "Der Sachverständige wird in erster Linie eine unabhängige Einschätzung des aktuellen energetischen Zustands eines Gebäudes geben und Empfehlungen aussprechen, welche Verbesserungsmaßnahmen sinnvoll und wirtschaftlich sind", erklärt Diplom-Ingeneur Jörg Nowitzki vom Bauherrenschutzbund den Ablauf.
Staatliche Förderung durch BAFA, KfW, Länder und Kommunen prüfen
Der Energieberater kennt sich auch im Dschungel aller möglichen staatlichen Förderprogramme aus. Vor allem aber das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) halten für Modernisierer lukrative Fördertöpfe bereit. Das BAFA zahlt Zuschüsse für bestimmte Maßnahmen, die KfW hingegen vergibt Kredite zu vergünstigten Zinssätzen.
"Sogar manche Kommunen geben Geld im Rahmen von Stadtentwicklungsprogrammen", weiß Frank. Ein guter Energieberater kennt sämtliche Fördertöpfe und kann hier qualifiziert und individuell beraten. Einen ersten Überblick können sich Hausbesitzer aber auch selbst über den Förderrechner auf der Webseite baufoerderer.de verschaffen, die ebenfalls vom vzbv betrieben wird.
Wirtschaftlichkeitsrechnung und Bauvorschriften bestimmen über Sanierungsmaßnahmen
Auf dieser Basis lassen sich dann die einzelnen Sanierungsmaßnahmen planen. Ausschlaggebend dabei ist für den Hausbesitzer vor allem die Wirtschaftlichkeitsberechnung, schließlich sollen sich die Modernisierungskosten schnellst möglich amortisieren. Was im Einzelfall sinnvoll ist, lässt sich kaum verallgemeinern. Alle Maßnahmen sollten auf Basis der individuellen Analyse des Energieberaters geplant werden. Wirtschaftlich sinnvoll ist es, energetische Sanierungsmaßnahmen mit ohnehin anfallenden Instandhaltungsarbeiten zu koppeln, die Fassade also beispielsweise dann zu dämmen, wenn das Haus für einen neuen Anstrich sowieso eingerüstet werden muss.
Zu berücksichtigen sind aber auch die Entwicklung der Bauvorschriften. Um seine Klimaschutzziele erreichen zu können, verschärft der Staat die energetischen Anforderungen an Neu- und Umbauten, aber auch die Modernisierungspflichten für Bestandsgebäude immer wieder. So tritt beispielsweise zum 1. Mai die novellierte Energieeinsparverordnung (EnEV) 2014 in Kraft, die unter anderem eine Austauschpflicht für viele alte Heizungen in Bestandgebäuden bis 2015 vorsieht. Für die Zukunft ist von weiteren Verschärfungen der energetischen Baustandards auszugehen.
Finanzierung der energetischen Sanierung sicher stellen und Fördermittel beantragen
Sobald geklärt ist, wie und wann genau saniert wird, muss man die Finanzierung sicher stellen. Lassen sich Einzelmaßnahmen meist noch aus eigenen Rücklagen bezahlen, verursacht eine Komplettsanierung oft so hohe Kosten, dass man sie über einen Kredit finanzieren muss. Das anhaltend niedrige Zinsniveau macht die Finanzierung aktuell besonders attraktiv. Hier finden Sie einen günstigen Baufinanzierer. Jetzt sollte man auch sämtliche Fördermittel beantragen, die für die gewünschten Sanierungsmaßnahmen infrage kommen.
Detailplanung für Dämmung und Fensteraustausch
Nun geht es an die Detailplanung für die praktische Umsetzung der einzelnen Maßnahmen. Bei der Auftragsvergabe sollte man sich nicht nur am günstigsten Preis orientieren. Dämmstoffe und Bauelemente können ihre energetischen Eigenschaften nämlich nur dann voll entfalten, wenn sie auch fachgerecht verarbeitet werden. Nicht zuletzt aufgrund übersteigerter Sparsamkeit von Bauherren und Modernisierern beobachten Experten hier eine besorgniserregende Tendenz. "Die Qualität am Bau wird schlechter", bringt es VPB-Chef Thomas Penningh auf den Punkt.
So käme es gerade bei der Dämmung immer wieder zu erheblichen Baumängeln. Die Folge sind dann oft Wärmebrücken und in der Folge Feuchte- und Schimmelschäden. Auch der VFF mahnt Modernisierer, ihre Aufträge nur an wirklich qualifizierte Fensterbetriebe zu wenden. Ortsansässige Fachbetrieben mit Tradition und einem guten Leumund sind in der Regel gute Ansprechpartner. Auch im Freundes- und Bekanntenkreis sollte man ruhig einmal nachfragen, ob irgendjemand schon Erfahrungen mit bestimmten Firmen hat. Nicht zuletzt kennen Bausachverständige, wie sie zum Beispiel der VPB oder der Bauherrenschutzbund vermitteln, den regionalen Markt sehr genau und haben vielfache Erfahrungen mit den unterschiedlichen Betrieben.
Energetische Sanierung mit komfort- und wohnwertsteigernden Maßnahmen koppeln
Zu überlegen ist jetzt auch, ob und in wie weit man die energetische Sanierung mit komfort- und wohnwertsteigernden Umbaumaßnahmen koppeln will. Denkbar ist beispielsweise, Schwellen von Haus- und Terrassentüren zu beseitigen, um das Haus barrierefrei zu machen oder spezielle Fenster mit VdS-Schutzklasse einzusetzen, die den Einbruchschutz des Hauses verbessern. Seit einiger Zeit boomt auch der Markt für vernetzte Heimtechnik. Unter dem Stichwort Hausautomation werden Fenster, Sonnenschutz, Heizung und Elektrogeräte miteinander vernetzt, so dass sich zum Beispiel die Heizung selbstständig abstellt, wenn man zum Lüften ein Fenster öffnet.
Auch wer darauf heute noch keinen Wert legt, sollte gut überlegen, ob er nicht zumindest schon einmal die Voraussetzungen für eine zukünftige Nachrüstung schafft. "Zur späteren Automation ist es sinnvoll, während der Modernisierung des Eigenheims zum Beispiel unter der Dämmung elektrische Zuleitungen oder Leerrohre in jede Maueröffnung zu bringen", rät der VFF. "Dann kann auch noch Jahre später ohne großen Aufwand zum Beispiel ein automatisch gesteuerter Sonnenschutz oder ähnliches angebracht werden. Das sichert die Zukunftsfähigkeit der eigenen vier Wände."
Laufende Baukontrolle während der Umsetzung
Wie beim Neubau ist auch bei größeren Umbau- und Sanierungsmaßnahmen die laufende Baukontrolle sehr wichtig. Viele Mängel können während der Bauphase noch unkompliziert und vergleichsweise kostengünstig behoben werden. Sind alle Hauswände erst wieder verputzt, fallen die Mängel erst dann auf, wenn sie zu größeren Folgeschäden geführt haben. Dann ist es mitunter schwer, noch Gewährleistungsansprüche durchzusetzen. Allerdings sind Laien mit der Mängelerkennung während der Bauphase oft überfordert. Wer sich nicht selbst sehr gut auskennt, sollte auch hierfür die Dienste eines Bausachverständigen in Anspruch nehmen, um sicher zu stellen, dass alle Arbeiten ordnungsgemäß ausgeführt werden und sich die Sanierungsmaßnahmen am Ende auch tatsächlich so effektiv auswirken wie in der Rentabilitätsrechnung vorgesehen.
Heizung modernisieren
Erst wenn feststeht, wie effektiv die neue Außenhaut des Gebäudes dämmt, lässt sich der neue Heizenergiebedarf bestimmen. "Eventuell ist es sogar möglich, die alte Anlage zu behalten und mit neuer Technik oder einer besseren Dämmung der Rohre für die nächsten Jahre fit zu machen", sagt VFF-Geschäftsführer Tschorn. Auch bei der Heizungsmodernisierung ist fachkundiger Rat unverzichtbar.
Manchmal ist es ratsam, die bestehende Heizungsanlage einfach um eine Solarthermie-Anlage zu ergänzen. Bei Heizungen, die älter als 30 Jahre sind, empfiehlt sich hingegen schon aufgrund der in der EnEV 2014 formulierten Austauschpflicht meist ein komplettes Umrüsten. Ob dann eine Öl-, Gas- oder Pelletheizung eingebaut wird, oder man am besten auf eine Wärmepumpe umsteigt, hängt stark von den individuellen Gegebenheiten ab. Auch hier kann der Energieberater weiterhelfen und errechnen, was im jeweiligen Einzelfall wirtschaftlich am sinnvollsten ist.
Darauf sollten Sie beim Kauf achten
Auch beim Kauf einer Nachkriegsimmobilie sollten Sie bereits auf entsprechende Tücken des Hauses achten, um später hohe Kosten bei der Dämmung und Sanierung zu vermeiden:
- Feuchtigkeit: Eine weit verbreitete Ursache für Feuchtigkeit im Haus ist die Konstruktion des Kellers. Nicht jeder ist gegen aufsteigende Feuchtigkeit aus dem Erdreich geschützt, Schimmelbefall droht. Auch die Außenwände können betroffen sein. Das Dach, besonders das damals weit verbreitete Flachdach, ist auch ein Problem - hier ist auf schadhafte Dachbahnen und Wassereinläufe zu achten.
- Schadstoffe: Zwar wurden in den Nachkriegsjahren noch traditionelle Baustoffe wie Ziegel oder Tonsteine verwendet.
- Wärmedämmung: Die erste Wärmeschutzverordnung trat 1977 in Kraft. Bis dahin wurden Häuser ohne spezielle Wärmedämmung gebaut, viele von ihnen wurden auch im Nachhinein nicht damit ausgestattet.
- Haustechnik: Die Heizung wurde in den meisten Fällen im Laufe der Jahre erneuert. Oft sind aber Heizungsrohre, Wasser- und Elektroleitungen noch Teil der Erstausstattung.
- Grundriss: Die Aufteilung der Wohnräume sollte auch als Entscheidung für oder gegen einen Kauf hergenommen werden. Denn es kann gut sein, dass der Umbau nicht möglich ist.