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Naturschutzbund über exotische Hecken: "Wir wollen keine Verbote"


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Nabu-Gartenexpertin
"Wir wollen uns nicht für ein Verbot aussprechen"

InterviewVon Ron Schlesinger

Aktualisiert am 09.08.2020Lesedauer: 6 Min.
Kirschlorbeer (Prunus laurocerasus): Die winterfeste, immergrüne Heckenpflanze ist in Deutschland sehr beliebt.Vergrößern des Bildes
Kirschlorbeer (Prunus laurocerasus): Die winterfeste, immergrüne Heckenpflanze ist in Deutschland sehr beliebt. (Quelle: blickwinkel/imago-images-bilder)

Exotische, aber wenig nachhaltige Heckenarten wie Kirschlorbeer erobern die deutschen Gärten. Dabei gibt es ökologisch sinnvolle, heimische Alternativen, meint Marja Rottleb vom Naturschutzbund Deutschland.

Ob als grüne Grundstücksbegrenzung, praktischer Sichtschutz oder gestalterisches Element, um Gartenbereiche abzutrennen: Hecken sind bei den Deutschen beliebt. Doch Hitze und Trockenheit sowie Starkregen und zu milde Winter bereiten auch vielen Gehölzen zunehmend Probleme. Sie werfen Nadeln oder Blätter ab, vertrocknen oder werden von Schädlingen und Krankheiten befallen.

Zudem mangelt es in deutschen Gärten an einer Heckenvielfalt. Vorrangig werden exotische Gehölze wie Kirschlorbeer (Prunus laurocerasus) angepflanzt, weil sie pflegeleicht, anspruchslos und wuchsfreudig sind.

Wir haben Marja Rottleb vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) im Interview gefragt, weshalb diese Heckenarten als weniger nachhaltig gelten, welche heimischen Gehölze der Klimakrise trotzen und warum man die Heckenschere im Sommer ruhig im Schuppen lassen darf.

t-online.de: Frau Rottleb, Ihr Nabu-Kollege Sönke Hofmann sagt: "Wer Kirschlorbeerhecken pflanzt, begeht ein Verbrechen an der Natur." Selbst eine Betonmauer sei ökologisch wertvoller als die immergrüne Heckenpflanze. Sind Kirschlorbeerbesitzer also Verbrecher?

Marja Rottleb: Ja, mein Kollege ist ein Mann der klaren Worte. Aber er hat recht. Kirschlorbeer hat für die heimische Tier- und Pflanzenwelt wenig zu bieten. Nicht nur, dass seine Beeren für unsere Vögel nicht bekömmlich sind, für Menschen sind sie sogar giftig. Seine Blätter haben eine wachsartige Oberfläche, die eigentlich die Verdunstung regelt, weil der exotische Kirschlorbeer ursprünglich aus wärmeren Gegenden und Gebirgsregionen mit extremen Wetterlagen kommt. Das hat aber hierzulande den Nachteil, dass die Blätter keine Kühlung erzeugen, was andere heimische Laubbäume aber tun und im Sommer wie eine Klimaanlage wirken. Das einzig Positive ist, dass Kirschlorbeer wenigstens im offenen Boden steht. Eine Kirschlorbeerhecke ist also immer noch besser als ein Schottergarten.

Apropos Schottergärten: In Baden-Württemberg sind diese jetzt verboten. Würden Sie auch Verbote für bestimmte Gehölzarten in Deutschland unterstützen?

Bei Schottergärten finden wir ein Verbot inzwischen sinnvoll. Bei bestimmten Heckenarten wollen wir uns nicht für ein Verbot aussprechen. Wir setzen hier immer noch auf Information und wollen die Menschen damit erreichen. Viele sind offen dafür, was man tun kann, um Insekten und Vögel zu fördern. Andere merken, dass sich das Klima verändert, und wollen etwas dagegen tun. Insofern funktioniert das im Moment noch sehr gut.

Was macht denn eine richtig gute Hecke aus?

Eine richtig gute Hecke nimmt sich vor allem ein Vorbild an der Natur, das heißt, sie sollte sich aus verschiedenen Gehölzen zusammensetzen. Also zum Beispiel eine Kornelkirsche neben einen Weißdorn, und einen Holunder neben eine Heckenrose pflanzen. Das kennt man auch von Windschutzhecken aus der Agrarlandschaft. Ein Vorteil ist, dass sich dabei die verschiedenen Gehölze gegenseitig schützen können, zum Beispiel vor Krankheiten.

Warum?

Weil es sich nicht nur um eine Art handelt: Wenn eine Heckenart erkrankt, kann eine andere, resistentere die Krankheit aufhalten oder wenigstens eindämmen. Oder wenn eine Hecke stark auf Dürre reagiert, kann eine trockenverträgliche Art die empfindliche mit ihren Blättern schützen, zum Beispiel vor Verdunstung. Vögel finden natürlich verschiedene Beeren vor. Und Insekten können verschiedene Blüten zum Bestäuben anfliegen und finden unterschiedliche Heckenstrukturen, die sie nutzen können. Zum Beispiel Dornen oder offeneres beziehungsweise dichteres Geäst. Wenn man dann noch darauf achtet, dass die eine Heckenart ihre Blätter früher im Herbst verliert, die andere später oder gar nicht, erhält man eine richtig gute Hecke.

Viele Garten- und Grundstücksbesitzer wollen vor allem eine immergrüne Hecke haben, die als Sichtschutz auch im Winter ihre Blätter oder Nadeln behält. Welche empfehlen Sie?

Man kann zum Beispiel die immergrüne Eibe pflanzen. Das ist eine heimische Art, die auch Beeren trägt. Man sollte aber bei Kindern aufpassen, weil nicht nur die Früchte, sondern auch die Nadeln giftig sind. Eine andere immergrüne Art ist der Buchsbaum. Allerdings ist auch er giftig.

Sollte man Buchsbaum überhaupt noch pflanzen, weil sich doch der Buchsbaumzünsler durch die Klimakrise stark vermehrt?

Noch überwiegen die Vorteile beim Buchsbaum. Er ist heimisch, immergrün, lässt sich gut in Form schneiden. Und die Buchsbaumzünsler werden ja auch von den Vögeln ein wenig in Schach gehalten. Wenn man ein engagierter Gärtner oder eine engagierte Gärtnerin ist und sich um den Befall kümmert, kann man den Buchsbaum noch pflanzen. Das heißt dann aber auch: absammeln, eindämmen und beobachten. Wir haben den Buchsbaumzünsler auch erst seit 15 Jahren. Wir müssen die Entwicklung abwarten und schauen, wie es weitergeht.

Sie geben der Buchsbaumhecke also noch eine Chance?

Ja. Wenn man einen Buchsbaum pflanzt, sollte man ihn beobachten. Man kann den Zünsler teilweise auch schon mit bloßem Auge erkennen, obwohl die Raupen gut getarnt und schwer zu finden sind. Es gibt da aber einen einfachen Trick, um zu wissen, ob und wie stark die eigene Hecke schon befallen ist. Die Raupen, die das Laub kahlfressen, scheiden Kot aus. Deshalb sollte man weißes Papier unter den Buchsbaum legen. Sammelt sich dort viel Raupenkot, hat sich der Buchsbaumzünsler schon stark vermehrt und man muss aktiv werden. Oder man setzt auf Nützlinge, die gegen den Schädling wirken, zum Beispiel die gallische Feldwespe, aber auch Meisen. Sie haben den Buchsbaumzünsler als Nahrungsquelle entdeckt.

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Welche heimischen, nachhaltigen Gehölzarten sind in Zeiten der Klimakrise noch zu empfehlen?

Zum Beispiel der schnellwüchsige Feldahorn. Er reagiert relativ gut auf Trockenheit. Man findet ihn immer mal wieder am Ackerrand. Er macht sich aber auch im Garten gut. Im Gegensatz dazu ist der Weißdorn sehr langsam wüchsig. Er gilt aber als die super Heckenpflanze. Die Blüten des Weißdorns sind für Insekten der absolute Renner. Und die Früchte schmecken sowohl den Vögeln als auch den Menschen. Deshalb ist Weißdorn auf jeden Fall eine gute Empfehlung. Man kann ihn in einer Hecke immer mal gern dazwischen pflanzen, warum nicht neben einem Feldahorn.

Und wie schlägt sich die heimische Kornelkirsche?

Sie braucht viel Wasser. Sonst bildet sie keine Früchte und lässt die Blätter hängen. Staunässe verträgt die Kornelkirsche aber auch nicht so gut. Feuchter Boden ist okay. Wenn die Region häufig von Starkregen betroffen und dadurch der Gartenboden regelmäßig aufgeschwämmt ist, würde ich eher Kupferfelsenbirne, Eberesche oder Pfaffenhütchen empfehlen.

Im Gegensatz zu diesen insekten- und vogelfreundlichen Gehölzarten gilt auch die Thuja als Hecke ohne größeren ökologischen Wert. Das Zypressengewächs leidet besonders stark unter der Klimakrise. Wie viele Jahre geben Sie der Thuja noch?

Das ist schwierig zu sagen. Wir als Nabu empfehlen die Thuja ohnehin nicht mehr für den Garten, weil sie einfach keinen Wert für die Artenvielfalt hat. Wer eine Thujahecke besitzt, sollte diese peu à peu, wenn eine Pflanze ausfällt, mit einer anderen, heimischen Heckenpflanze ersetzen. Bislang gesunde Thujen sollte man im Garten stehenlassen. So können sie noch ihre Dienste als Windschutz leisten.

Stimmt es, dass Hecken im Garten – wenn sie optimal gesetzt sind – die Verdunstung senken und die Bodenfeuchte erhöhen können?

Hecken können die Feuchtigkeit im Erdboden, aber auch in der Luft erhöhen oder länger halten, wenn sie in der Hauptwindrichtung gepflanzt sind. Dadurch wird ein Großteil des Windstroms gedrosselt. Er kann nicht mehr so viel Luftfeuchtigkeit und Bodenfeuchte wegtransportieren. Das tut den Pflanzen im Garten gut, die nicht so trockenverträglich sind.

Welche Jahreszeit ist denn in Zeiten der Klimakrise optimal fürs Hecke pflanzen? Sind es immer noch die Monate März und April sowie Oktober und November?

Ja, im Grunde stimmt das noch. Trotzdem sollten Gehölze eher im Herbst, in der frostfreien Zeit gepflanzt werden. Dann ist noch die meiste Feuchtigkeit im Boden vorhanden. Denn die Frühjahre werden immer trockener, ganz zu schweigen von den Sommern. Da leiden die Pflanzen am meisten unter Stress. Im Herbst und Winter können sie dagegen Feinwurzeln ausbilden und sich am Standort etablieren, sodass sie gut im Frühjahr starten können.

Deutsche Gartenbesitzer gelten ja zumeist als Heckenfetischisten, die oft und gern die Schere zücken. Ist hier weniger oft mehr?

Im Bundesnaturschutzgesetz ist festgelegt, dass man Hecken vom 1. März bis zum 30. September nicht schneiden darf. Leichte Pflegeschnitte sind allerdings erlaubt. Wir vom Nabu empfehlen, dass man Hecken in dieser Zeit gar nicht anrühren, also auch nicht pflegen sollte. Denn auch außerhalb der Brutsaison im Frühjahr befinden sich dort Insekten, Vögel und andere Kleinsäuger. Wenn man sie schützen möchte, dann lässt man die Hecke in der Zeit einfach in Ruhe und wartet bis nach dem September mit dem Schneiden.

Aber was macht man, wenn zu breit und zu hoch gewachsene Hecken neben Fußwegen das Ordnungsamt oder den Gartenverein auf den Plan rufen?

Ja, Verkehrssicherheit geht vor. Aber dort, wo es möglich ist, zum Beispiel wenn man einen Garten hat, in dem eine Hecke einen Feldweg begrenzt und dort niemanden stört, sollte man die Hecke auf jeden Fall wachsen lassen und möglichst wenig schneiden.

Gibt man der Hecke ein bisschen mehr Zeit, um zu wachsen, und bietet den Vögeln und Insekten einen Rückzugsraum, ist für die Artenvielfalt schon viel getan.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Rottleb.

Verwendete Quellen
  • Telefon-Interview vom 4. August 2020
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