Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Immer im Januar Gute Vorsätze – so halten Sie sie wirklich ein
Sie hatten gute Vorsätze und sind schon wieder kurz davor aufzugeben? Warum das so ist und wie Sie gemeinsam leichter und nachhaltiger Ihre Ziele verfolgen.
Vielleicht haben Sie es schon nach den ersten Stunden im neuen Jahr bemerkt: Es ist nicht leicht, die eigenen Ziele im Alltag zu verfolgen. Damit sind Sie nicht allein. Im Rückblick auf das Jahr 2021 zeigte eine repräsentative Umfrage: Es gelang nur der Hälfte aller Deutschen, die gesteckten Ziele aus 2020 länger als drei Monate durchzuhalten, weitere 21 Prozent hielten zumindest zwei bis drei Monate durch.
Gegenspieler "schlechtes Gewissen"
Ich hoffe, das entlastet Sie gleich schon mal. Denn einer der wichtigsten Gegenspieler zum erfolgreichen Verfolgen von Zielen ist das schlechte Gewissen, oft mit Selbstbeschuldigungen: "Wenn ich das nicht durchhalte, bin ich selbst schuld", "Du hast dich halt nicht im Griff".
Wenn wir mit solchen Gedanken und entsprechend negativen Gefühlen unsere Vorsätze verfolgen, zieht uns das mit der Zeit immer mehr runter und vergiftet quasi die Lust auf das, was wir doch gerade so gerne mehr in unser Leben integrieren würden. Wenn wir dagegen die Umsetzung mit Freude und unserer Natur entsprechend einrichten, wird es uns leichter fallen, Ziele zu verfolgen und dranzubleiben.
Welche guten Vorsätze die Deutschen haben
Schauen wir erst einmal, welche Ziele für uns am wichtigsten sind. Mit einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag der DAK-Gesundheit werden jedes Jahr die guten Vorsätze für das kommende Jahr und deren Umsetzung aus dem Vorjahr erfragt. Was sind die häufigsten guten Vorsätze der Deutschen für das neue Jahr?
Mehr Zeit für Familie und Freunde ist der wichtigste Vorsatz für 2024. Knapp zwei von drei Befragten gaben dies in der Umfrage an. So viele wie noch nie.
Auf den Plätzen zwei und drei liegen der Wunsch, Stress zu vermeiden oder abzubauen (62 Prozent) und sich mehr zu bewegen (57 Prozent). 53 Prozent wollen sich gesünder ernähren. Die knappe Hälfte von 49 Prozent gab an, sich mehr Zeit für sich selbst nehmen zu wollen. 36 Prozent der Befragten wollen sparsamer sein.
Das Wichtigste: Zeit für wichtige Menschen und weniger Stress
Als ich die Rangfolge studierte, habe ich ehrlich gesagt innerlich frohlockt. Denn unter den ersten Plätzen finden wir den Schlüssel zur Umsetzung von guten Vorsätzen mit Leichtigkeit und im Einklang mit unserer Natur – anstatt mit zusätzlichem Stress und Verbissenheit. Sie sind auch aus wissenschaftlicher Sicht für Gesundheit, ein langes Leben und Zufriedenheit enorm wichtige Faktoren – und sie bedingen sich gegenseitig.
Es gibt inzwischen eine überwältigende Menge an wissenschaftlichen Studien, die alle zu diesem Ergebnis kommen: Unsere Sozialkontakte sind die Nummer 1 für ein gesundes, langes Leben. Sie kommen noch VOR gesunder Ernährung, Bewegung, Nichtrauchen.
Gute soziale Beziehungen machen genau deshalb so gesund und zufrieden, weil sie den Stresslevel deutlich senken. Wir setzen also zwei Ziele gleichzeitig um, wenn wir mehr Zeit mit den Menschen verbringen, die uns am Herzen liegen.
Entspanntes Zusammensein mit Menschen wirkt positiv
Warum hat das soziale Miteinander eine so starke Wirkung? Unser Körper schüttet beim entspannten Zusammensein mit anderen Substanzen aus, die dazu beitragen, dass wir dadurch gut und gesund leben. Endorphine und Oxytocin sorgen für Glücksgefühle und senken den Stresslevel.
Wir sind nämlich biologisch darauf geeicht, sozial zu sein und uns in Gemeinschaft, mit vertrauten Menschen, normal und entspannt zu fühlen, ruhig, richtig und wertvoll, sicherer und weniger ängstlich. Es ist für uns evolutionär gesehen der Normalzustand.
Wenn andere Menschen so existenziell wichtig für uns sind, können wir dann auch andere gute Vorsätze damit besser umsetzen? Ja! In der Wissenschaft wird die herausragend positive Kraft guter Sozialkontakte damit begründet, dass im sozialen Miteinander auch alles andere gefördert wird.
Wenn man nicht nur für sich kocht und das Essen mit anderen gemeinsam genießt, so fällt es uns leichter, uns gesund zu ernähren. Wenn man mit anderen Sport treibt, sich zum gemeinsamen Joggen verabredet, wird man sich eher dazu aufraffen. Denn von Natur aus sind wir keine Sportskanonen. Überall auf der Welt nehmen weniger als 5 Prozent der Menschen die Treppe, wenn daneben eine Rolltreppe ist.
Sport: aus evolutionärer Sicht abwegig
Evolutionspsychologen weisen nach, dass Menschen von Natur aus schon immer darauf ausgerichtet sind, Energie zu sparen. Seit es Menschen, gibt – seit sechs Millionen Jahren – wäre es völlig unsinnig gewesen, Energie mit Sport zu verschwenden. Jede Gelegenheit zum Energiesparen wurde genutzt. Man saß herum, ruhte, bis wieder Nahrung organisiert werden musste. Niemand in der Steinzeit lief eine Joggingrunde am Morgen. Gegen den rationalen Gedanken "Ich sollte Sport machen" stehen noch heute unsere Instinkte, die rufen: "Spare Energie!"
Es gibt jedoch eine Ausnahme: Schon immer haben Menschen sich bewegt, wenn sie dies gemeinsam taten, vor allem beim Tanzen, aber auch beim Spielen, zum Beispiel gibt es in vielen Kulturen Ballspiele. Auch hier finden wir also wieder den Schlüssel, um unsere Ziele umzusetzen: soziales Miteinander.
Verbinden Sie jeden guten Vorsatz mit sozialen Aspekten
Gemeinsam mit anderen fällt uns die Umsetzung leichter. Gutes Verhalten steckt an. Diese drei Ideen helfen Ihnen, Ihre Ziele langfristig zu verfolgen:
- Laden Sie andere öfter zum gesunden Essen ein: Gemeinsam zu kochen und zu essen ist eine besonders wirksame Möglichkeit für Stressabbau, außerdem hervorragend geeignet für die Beziehungspflege und schon in sich gesund. Wenn Sie dann noch auf gesunde Zutaten achten, haben Sie gleich noch einen weiteren Vorsatz umgesetzt: "gesünder ernähren". Überdies werden Sie in dieser Zeit nicht Ihre Geräte wie Handy, Computer, Internet nutzen und weniger fernsehen.
- Verabreden Sie sich zum gemeinsamen Sporttreiben – fast jede Sportart oder Tanzen kann man mit anderen machen. Sie werden motivierter sein, wiederum zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, weil Sie dabei Zeit mit Freunden oder der Familie verbringen und Sport und gemeinsam verbrachte Zeit wesentlich beim Stressabbau helfen.
- Überlegen Sie mit den Menschen in Ihrem Haushalt oder in der Nachbarschaft, wie Sie sich gemeinsam umwelt- und klimafreundlicher verhalten können. Mit Ihren Freunden oder Familie könnten Sie weniger oder gar kein Fleisch essen und statt Fernreisen lieber öfter mit anderen die Natur in der Umgebung erkunden. Mit Nachbarn könnten Sie Carsharing, Kleidertausch und gegenseitige Hilfe beim Reparieren statt Neukauf umsetzen und bei all dem auch noch viel Spaß haben und Kontakte pflegen.
Sie sehen: Wenn wir unsere guten Vorsätze nicht als Einzelvorhaben mit strengen Plänen und allein umsetzen, sondern als lockeres Zusammenspiel verstehen, bei dem wir mehrere Ziele miteinander verbinden und dies mit anderen gemeinsam tun, wird vieles leichter und fügt sich zu einem ganzheitlich erfüllteren, gesünderen und zufriedenen Leben.
Ulrike Scheuermann ist Diplom-Psychologin und Bestsellerautorin. Seit 25 Jahren hilft sie Menschen dabei, ihr Leben mit modernsten Methoden der Psychologie innerlich frei und ohne Blockaden besser und gesünder zu gestalten. Ihre Self-Care- und Coaching-Programme finden in ihrer Akademie in Berlin und online statt.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Ulrike Scheuermann
- DAK Gesundheit: Gute Vorsätze 2022: Besonders bei jungen Menschen beliebt
- Ulrike Scheuermann: Freunde machen gesund – Die Nummer 1 für ein langes Leben: deine Sozialkontakte (Knaur Balance, 2021)