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Biontech-Aktie: 60 Prozent plus! So beflügelt die Delta-Variante Biontech


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Aktienkurs geht durch die Decke
So beflügelt die Delta-Variante Biontech


Aktualisiert am 26.07.2021Lesedauer: 7 Min.
Ein medizinischer Mitarbeiter zieht eine Impfung auf: Biontech steht kurz davor, als erster ausländischer mrna-Impfstoff in China Anwendung zu finden.Vergrößern des Bildes
Ein medizinischer Mitarbeiter zieht eine Impfung auf (Symbolbild): Biontech steht kurz davor, als erster ausländischer mRNA-Impfstoff in China Anwendung zu finden. (Quelle: Nora Tam/imago-images-bilder)

Die Aktie von Biontech scheint keine Grenzen zu kennen: Der Höhenflug des Papiers dauert bei weit über 200 Euro an. Das hat mehrere Gründe

Anlegern des Mainzer Impfherstellers Biontech dürften in den vergangenen Tagen das Lächeln nicht vergehen. Innerhalb der vergangenen zwei Wochen schoss der Kurs des Pharmaunternehmens nach längerer Ruhezeit schlagartig durch die Decke.

Stand der Kurs am 13. Juli noch bei 176 Euro, liegt er am Montag bei 241 Euro. Wer also erst vor Kurzem eingestiegen ist, kann bereits eine Rendite von fast 70 Euro pro Aktie vorweisen.

Und aktuell sprechen einige Gründe dafür, dass der Höhenflug so schnell nicht enden wird. t-online erklärt, warum die Aktie aktuell solche Luftsprünge macht und welche Aspekte für ein weiteres Kurswachstum sprechen könnten.

Delta-Variante

Die Delta-Variante wütet in vielen Ländern - auch in denen, die eine hohe Impfquote vorweisen können. Das löst Sorge aus und lässt die Rufe nach einer dritten Impfung lauter werden. Das bedeutet natürlich eine höhere Nachfrage nach Impfstoffen und damit einen gesteigerten Umsatz für die Impfhersteller. Da Biontech einen der zuverlässigsten und beliebtesten Impfstoffe herstellt, profitiert das Mainzer Unternehmen von solchen Spekulationen besonders.

"Für Biontech ist es entscheidend, wie häufig Booster-Impfungen in der westlichen Welt benötigt werden", sagt Dr. Markus Manns, selbst Mediziner und Fondsmanager bei Union Investment. Zuletzt hatte sich auch das Robert Koch-Institut (RKI) für eine dritte Impfung ausgesprochen. Es gibt aber auch viele Stimmen, die sich gegen eine Booster-Impfung positionieren.

Beschlossen ist daher noch nichts, aber allein die Vermutung weiterer notwendiger Impfungen dürfte viele Anleger optimistisch stimmen.

Weiterhin hoher Bedarf

Der Bedarf an Impfstoff bleibt vorhanden – obwohl viele Industrieländer bereits eine Vielzahl an Menschen geimpft haben. So kauften die USA weitere 200 Millionen Dosen des Corona-Impfstoffs der Hersteller Biontech und Pfizer. Hintergrund sei laut einer Sprecherin auch die Möglichkeit, dass eine dritte Impfung notwendig werden könnte. Zusätzlich hat die US-Regierung 500 Millionen Dosen bestellt, die an andere Länder abgegeben werden sollen.

Die Lieferungen erstrecken sich bis April 2022, Biontech hat sich somit weit ins kommende Jahr Aufträge gesichert. Zudem verkündetet das Unternehmen eine Partnerschaft mit einem Pharmaunternehmen in Afrika und platziert sich damit auch bei den Entwicklungsländern, die aktuell noch eine geringe Impfquote haben.

Nahende Quartalszahlen

Am 9. August legen die Mainzer ihre Zahlen für das zweite Quartal vor. Eine Kursrally ist vor vielen Quartalszahlen üblich, zumindest wenn die Anleger den Zahlen optimistisch entgegenblicken.

Da die Impfkampagnen im zweiten Quartal in den meisten Industrieländern erst an Fahrt gewonnen haben, dürfte Biontech erneut gute Zahlen präsentieren. Mit den Ergebnissen des ersten Quartals waren die Anleger sehr zufrieden, hier verzeichneten die Mainzer einen Milliardengewinn. Eine ähnliche Erwartungshaltung an das zweite Quartal 2021 könnte den Kurs bis Anfang August weiter antreiben.

Möglicher Durchbruch in China

Die chinesische Regierung hatte lange Zeit kaum warme Worte für den mRNA-Impfstoff aus Mainz übrig, doch nun könnte der Durchbruch für Biontech im Reich der Mitte kurz bevorstehen. Ein chinesisches Expertengremium hat die Prüfung des deutschen Impfstoffes nun abgeschlossen.

Obwohl eine endgültige Zulassung noch aussteht, ist Biontechs chinesischer Kooperationspartner Fosun Pharma laut chinesischen Medien optimistisch, bereits im August mit der heimischen Produktion beginnen zu können. Eine Entwicklung, die lange Zeit nicht abzusehen war.

Die Kooperation zwischen dem chinesischen Unternehmen Fosun Pharmaceuticals und Biontech besteht bereits seit März 2020, seit Mai bildeten beide Unternehmen sogar ein Joint Venture – doch bis vor wenigen Wochen führte China eine regelrechte Verleumdungskampagne gegen den mRNA-Impfstoff. Meist nannten die Medien in ihren Kritiken nur den Namen von Biontechs US-amerikanischem Partner Pfizer.

Das könnte System gehabt haben: Aufgrund des Handelskrieges zwischen den USA und China ist das Vertrauen gegenüber amerikanischen Produkten bei den Chinesen ohnehin gesunken. Eine Verbindung des Impfstoffes mit den USA dürfte bei vielen Chinesen auf Misstrauen gestoßen sein.

Von der Negativkampagne zur "chinesischen K.o.-Entwicklung"

Die chinesischen Medien stürzten sich dabei auf Nebenwirkungen und Todesfälle des Biontech/Pfizer-Vakzins und betonten die Überlegenheit der chinesischen Impfstoffe des teilstaatlichen Unternehmens Sinopharm und des chinesischen Pharmaunternehmens Sinovac . "Es war sehr auffällig, dass China eine nationale Impfstoffkampagne gefahren hat", erklärt Dr. Markus Manns, selbst Mediziner und Fondsmanager bei Union Investment.

Doch der Ton hat sich schlagartig geändert – zumindest in einigen staatsnahen Medien wie der "Global Times". Noch im Mai zweifelte die chinesische Zeitung die Wirksamkeit des Biontech/Pfizer-Impfstoffes an und legte mit einem chinesischen Experten dar, warum die chinesischen Vakzine den westlichen Impfstoffen überlegen seien.

Ganz anders im Juni: Obwohl der Biontech-Impfstoff in Israel erste Schwächen gegenüber der Delta-Variante zeigte, nutzte die staatsnahe Zeitung den Vorfall nicht, um die Wirksamkeit der Biontech-Vakzine erneut anzuzweifeln. Im Gegenteil: Vielmehr betonte der Chefredakteur des chinesischen Mediums, dass der Biontech-Impfstoff Schlimmeres verhindert habe, und rief seine Leser dazu auf, sich weiterhin impfen zu lassen – ohne einen expliziten Verweis auf den nationalen Impfstoff.

Aktienmarkt wird von Hoffnung beflügelt

Dieser Stimmungswandel lässt die Zulassung in greifbare Nähe rücken, die Hoffnungen schlagen sich auch am Aktienmarkt nieder: Die Biontech-Aktie legte in den vergangenen fünf Tagen um 22 Prozent zu, die Aktie des chinesischen Partners Fosun Pharma steigerte ihren Wert sogar um 28 Prozent. Am Mittwoch erreichte sie zwischenzeitlich mit einem Kurs von 8,40 Euro pro Papier ein neues Allzeithoch.

Hierbei dürfte auch ein wichtiger Vertrag mit Taiwan eine Rolle spielen. Lange Zeit herrschte Streit zwischen Biontech, Fosun und Taiwan, das China für sich beansprucht. Taiwan wollte die Impfdosen nicht über den chinesischen Partner Fosun kaufen, sondern direkt über Biontech. Vergangene Woche gewann China die Oberhand. Taiwan kaufte zehn Millionen Biontech-Impfdosen über Fosun Pharma.

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Dennoch warnt Branchenexperte Manns vor zu schnellem Optimismus. "Es ist eine Sache, einen Impfstoff zuzulassen, eine andere aber, ihn auch anzuwenden", sagt er. Zudem arbeitet eine andere chinesische Firma selbst an einem eigenen mRNA-Impfstoff, der laut chinesischen Medien ab dem dritten Quartal 2021 produziert werden könnte.

Viele Gründe sprechen für einen Fokus auf Biontech

Aber die Produktionskapazität beim chinesischen mRNA-Impfstoff ist gering. Hunderte Millionen Dosen könnte das chinesische Unternehmen pro Jahr produzieren, heißt es. Fosun dagegen hat eine Kapazität von einer Milliarde Impfdosen jährlich angegeben. Zudem ist die Lagerung beim chinesischen mRNA-Impfstoff noch deutlich aufwendiger als beim Biontech-Vakzin.

Neben dem Mangel an ausreichend eigenem mRNA-Impfstoff gibt es weitere Gründe dafür, dass China tatsächlich primär auf den renommierten Biontech-Impfstoff setzen könnte. "Biontech hat das Produktionswissen an Fosun abgegeben, sodass die Chinesen mehr als nur ein Vertriebspartner sind. Das könnte ein wichtiger Faktor sein", sagt Manns.

Langfristig könnte das für das Mainzer Unternehmen aber ein Nachteil sein. "Es ist davon auszugehen, dass die Chinesen das Wissen weiterverwerten werden. So könnte langfristig eine Bedrohungslage entstehen."

China inszeniert Biontech als eigenen Impfstoff

Auffällig ist: Neben einer deutlich positiveren Berichterstattung über den Biontech/Pfizer-Impfstoff hat sich auch die Formulierung verändert. Während Medien bei kritischen Nachrichten häufiger die Bezeichnung Pfizer verwendeten, die vor allem im amerikanischen Raum für den Impfstoff genutzt wird, spricht die chinesische Nachrichtenagentur Caixin von einer Ko-Entwicklung des Impfstoffes zwischen Fosun und Biontech – dabei produziert Fosun lediglich den erprobten mRNA-Impfstoff in China.

Zudem wird Fosun den Impfstoff wohl weder unter dem deutschen noch unter dem amerikanischen Namen vertreiben. Vielmehr hat sich der Partner laut nationalen Medien einen chinesischen Namen erdacht, unter dem er diesen auf dem Festland, in Taiwan und Macau vertreiben möchte: "Fu Bi Tai".

Doch woher kommt der plötzliche Kurswechsel der Chinesen? Die Regierung steht vor einem schwierigen Balanceakt: Die Delta-Variante setzt die Regierung unter Druck bei ihrer bisherigen Impfstrategie.

Delta zwingt zum Umdenken

Denn großflächige Corona-Ausbrüche in Ländern, die zum größten Teil den chinesischen Impfstoff erhalten haben, zeigen ein niederschmetterndes Ergebnis. Obwohl die Impfquote hoch war, konnte das chinesische Vakzin der Delta-Variante nur wenig entgegenhalten.

Auch bei Biontech gibt es Zweifel, ob das Vakzin gegen die Delta-Variante so zuverlässig schützt wie gegen die vorherigen Corona-Varianten. Experten legen nahe, dass der mRNA-Impfstoff zumindest vor schweren Verläufen schütze, während die WHO dem chinesischen Vakzin schon vor dem Auftreten der Delta-Variante nur eine Wirksamkeit von 51 Prozent attestierte.

Gegen diese Berichte hat sich China – vor allem gegenüber der eigenen Bevölkerung – immer wieder zur Wehr gesetzt und für die nationale Strategie geworben. "China nutzt den Impfstoff als geopolitische Waffe. Deswegen werden sie sich hüten einzugestehen, dass der Impfstoff nicht genauso gut wie das Biontech-Vakzin ist", sagt Experte Manns. Der Mediziner spielt dabei auf die Impfstofflieferungen an eine Vielzahl von Entwicklungsländern an, mit denen China seinen Einfluss in der Geopolitik verstärkt.

Das Misstrauen gegen mRNA-Impfstoffe sitzt tief

Laut chinesischen Berichten soll der Biontech-Impfstoff nun die chinesische Strategie ergänzen. So soll er als Booster-Impfung für alle Chinesen angeboten werden, die bereits zwei Dosen des chinesischen Impfstoffes erhalten haben. Auch Kreuzimpfungen sind weiteren nationalen Medienberichten zufolge eine Überlegung.

Fosun kann pro Jahr knapp eine Milliarde Impfdosen herstellen, bei voller Kapazität könnte daher die gesamte chinesische Bevölkerung innerhalb von rund anderthalb Jahren ihre Booster-Impfung mit einem mRNA-Vakzin erhalten – wenn die Chinesen sich denn impfen lassen wollen. Denn: Die monatelange Negativkampagne hat Spuren hinterlassen.

So bietet Singapur etwa kostenlose Impfungen mit Moderna und Biontech an – aber viele Chinesen, die im angrenzenden Staat leben, sind misstrauisch gegenüber dem mRNA-Impfstoff und fordern das chinesische Produkt, obwohl es einen Aufpreis kostet.

Zulassung wäre positives Signal für den Aktienmarkt

Für Biontech und seine Anleger könnte sich der Aufwärtstrend am Aktienmarkt fortsetzen: "Wichtig ist, wie sich die chinesische Regierung positioniert. Für Biontech ist es aber deutlich entscheidender, wie häufig Booster-Impfungen in der westlichen Welt benötigt werden."

Auch andere positive Nachrichten dürften den Kurs bewegt haben. So hat Biontech nun auch eine Partnerschaft in Afrika geschlossen und verstärkt seinen Fokus auf die Krebsforschung. "Eine Zulassung in China ist für Biontech wichtig, aber nicht der große kommerzielle Durchbruch", ist Manns überzeugt.

Im Hinblick auf den chinesischen Kooperationspartner Fosun gibt es aber durchaus Potenzial, sollten die Chinesen tatsächlich auf den deutschen Impfstoff setzen. Allein in China könnten 1,4 Milliarden Menschen geimpft werden, zudem hat China über 80 Länder mit seinem Vakzin beliefert. Bisher hat Fosun aber nur die Vertriebsrechte für China, Taiwan und Macau.

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