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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Koalitionsvertrag steht Was Union und SPD für Rentner planen

Union und SPD haben sich auf einen Fahrplan für Deutschland verständigt. Der hat auch Folgen für Rentner. Diese Vorhaben will Schwarz-Rot umsetzen.
Immer mehr Rentner, immer weniger Einzahler – das deutsche Rentensystem steht mit dem Eintritt der Babyboomer in den Ruhestand vor einer Belastungsprobe. Die künftige Koalition aus CDU/CSU und SPD will daher mehrere Weichen stellen, um die Finanzierung der gesetzlichen Rente zu stärken. t-online zeigt, was in der neuen Legislaturperiode auf Rentner und Beitragszahler zukommen soll – und was liegen bleibt.
Renteneintrittsalter
Hier herrschte schon vor den Verhandlungen Einigkeit: Das gesetzliche Rentenalter, die sogenannte Regelaltersgrenze, wird unter Schwarz-Rot nicht angetastet. Es bleibt also dabei, dass das Renteneintrittsalter bis 2031 auf 67 Jahre steigt – aber eben nicht weiter. Lesen Sie hier, welche Regelaltersgrenze für Ihren Jahrgang gilt.
Geht es nach führenden Ökonomen, wäre es eine der wichtigsten Maßnahmen, das Renteneintrittsalter an die Entwicklung der Lebenserwartung zu koppeln. Nur so könne sichergestellt werden, dass jüngere Generationen, aber auch Unternehmen nicht zu stark mit hohen Rentenbeiträgen belastet würden.
Rente mit 63
Die gesetzliche Rentenversicherung kennt vor allem zwei Arten der vorgezogenen Altersrente: die Rente für langjährig Versicherte nach 35 Beitragsjahren und die Rente für besonders langjährig Versicherte nach 45 Beitragsjahren. Letztere ist umgangssprachlich unter dem Namen "Rente mit 63" bekannt. Allerdings steigt die Altersgrenze schrittweise an: Für alle Jahrgänge ab 1964 wird diese abschlagsfreie Frührente erst ab 65 Jahren möglich sein.
An dieser Regelung will die künftige Bundesregierung nicht rütteln. "Ein abschlagsfreier Renteneintritt nach 45 Beitragsjahren wird auch künftig möglich bleiben", stellen Union und SPD klar. Ökonomen halten die vorgezogene Altersrente allerdings für zu teuer und würden sie gerne abgeschafft und mindestens reformiert sehen. Zur Rente für langjährig Versicherte, die man mit Abschlägen bereits ab 63 Jahren beziehen kann, machen Union und SPD keine Angaben. Lesen Sie hier mehr dazu, wie die beiden vorgezogenen Altersrenten funktionieren.
Rentenniveau
Was nach den Sondierungen auf den ersten Blick wie geklärt aussah, entpuppte sich als einer der großen Knackpunkte in den Koalitionsverhandlungen: die Stabilisierung des Rentenniveaus. Jetzt ist klar: Es soll so gesichert werden, wie es sich die SPD vorstellt – per Gesetz bei 48 Prozent bis 2031. "Die Mehrausgaben, die sich daraus ergeben, gleichen wir mit Steuermitteln aus", heißt es dazu im Koalitionsvertrag, der t-online vorliegt.
Beim Rentenniveau handelt es sich um einen statistischen Wert, der beschreibt, wie hoch die Rente eines Durchschnittsrentners im Verhältnis zum Durchschnittseinkommen ist. Liegt das Rentenniveau bei 48 Prozent, bedeutet das: Nach 45 Beitragsjahren erhalten Rentner, die 45 Jahre zum Durchschnittsentgelt gearbeitet haben, 48 Prozent des Durchschnittsverdienstes, der dann aktuell herrscht (mehr dazu hier).
Die Idee, das Rentenniveau bei 48 Prozent festzuschreiben, war bereits Teil des Rentenpakets II, das die Ampelkoalition aber nicht mehr durchs Parlament bringen konnte. Die aktuelle Regelung läuft zum 1. Juli 2025 aus. Ohne eine solche Haltelinie sinkt das Rentenniveau, weil immer weniger Beitragszahler immer mehr Rentnern gegenüberstehen. Schreibt man das Rentenniveau hingegen gesetzlich fest, während sich der demografische Wandel fortsetzt, heißt das für Arbeitnehmer eigentlich höhere Rentenbeiträge. Dem soll offenbar mit den zusätzlichen Steuermitteln entgegengewirkt werden.
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Für Rentner wäre das feste Rentenniveau eine gute Nachricht. Denn ein festes Rentenniveau hebelt den sogenannten Nachhaltigkeitsfaktor aus, der bei der Berechnung der jährlichen Rentenanpassung eine Rolle spielt. Kippt das Verhältnis von Rentnern zu Beitragszahlern, sodass weniger Beitragszahler eine bestimmte Zahl Rentner finanzieren, fällt die Rentenerhöhung durch den Nachhaltigkeitsfaktor weniger stark aus, als es eigentlich aufgrund der Lohnentwicklung der Fall sein müsste.
Zwar schreiben Union und SPD im Koalitionsvertrag, dass sie grundsätzlich am Nachhaltigkeitsfaktor festhalten. Doch dieser Mechanismus greift nicht mehr, sobald das Rentenniveau bei 48 Prozent festgeschrieben ist, aber aufgrund des demografischen Wandels unter diese Marke fällt. Die Renten müssten dann so weit erhöht werden, bis die 48 Prozent wieder erreicht sind. Für Rentner bedeutet das also: steigende Bezüge, auch wenn die gesellschaftliche Lage eigentlich dagegen spricht.
Mütterrente
Das Herzensthema der CSU hat es nicht nur ins Sondierungspapier, sondern auch in den Koalitionsvertrag geschafft. "Wir vollenden die Mütterrente mit drei Rentenpunkten für alle – unabhängig vom Geburtsjahr der Kinder –, um gleiche Wertschätzung und Anerkennung für alle Mütter zu gewährleisten", heißt es vonseiten der Koalitionäre. Bisher erhalten Menschen, die vor 1992 geborene Kinder erzogen haben, bis zu 2,5 Rentenpunkte pro Kind. Für seit 1992 geborene Kinder gibt es schon seit 1992 bis zu drei Rentenpunkte. Lesen Sie hier, was Rentenpunkte mit Ihrer späteren Rente zu tun haben.
Da ein Rentenpunkt ab 1. Juli 2025 40,79 Euro wert sein wird, würden 0,5 Rentenpunkte mehr die Rente um 20,40 Euro pro Monat und Kind erhöhen. Eine Mutter oder ein Vater mit zwei Kindern, die vor 1992 auf die Welt kamen, würde künftig knapp 41 Euro mehr Rente bekommen. Wer drei Kinder hat, könnte mit gut 61 Euro mehr Rente rechnen.
Gut zu wissen: Kindererziehungszeiten kann immer nur ein Elternteil zur selben Zeit in Anspruch nehmen. Erziehen Sie Ihr Kind gemeinsam, hat grundsätzlich die Mutter Anspruch auf die Kindererziehungszeit. Soll sie der Vater erhalten, benötigt die Rentenversicherung eine gemeinsame Erklärung. Lesen Sie hier, wie Sie die Mütterrente genau erhalten.
Auch die SPD hat bei der Mütterrente ihre Handschrift hinterlassen, indem sie sich bei der Art der Finanzierung durchgesetzt hat. Das Geld soll nämlich aus Steuermitteln statt aus den Rentenbeiträgen kommen, da es sich um eine gesamtgesellschaftliche Leistung handele.
Aktivrente
Statt auf ein höheres generelles Rentenalter setzen Union und SPD auf Anreize, damit ältere Beschäftigte freiwillig länger arbeiten. Ein Instrument dafür ist die Aktivrente, eine Idee der CDU. "Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, bekommt sein Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei", heißt es im Koalitionsvertrag. Der Steuerfreibetrag würde sich damit also in etwa verdoppeln.
Die Aktivrente soll eine doppelte Wirkung entfalten: Wer den Ruhestand hinauszögert, erhält nicht nur später Leistungen, sondern zahlt zugleich länger in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Dadurch stehen zusätzliche Mittel bereit, um die Ansprüche der wachsenden Rentnerzahl zu decken. Flankiert werden soll die Aktivrente mit der Aufhebung des sogenannten Vorbeschäftigungsverbots. Das erleichtert es Angestellten im Rentenalter, zu ihrem bisherigen Arbeitgeber zurückzukehren, da sie dort auch befristet weiterarbeiten können.
Schon heute gibt es finanzielle Anreize, um Menschen über das Rentenalter hinaus in Arbeit zu halten. Pro Monat, den Sie länger als Ihre Regelaltersgrenze beschäftigt bleiben, ohne Rente zu beziehen, erhöhen sich die Bezüge um 0,5 Prozent – zusätzlich zum Mehr an Rentenansprüchen, die Sie allein aufgrund der Weiterarbeit sammeln.
"Die Effekte kann man derzeit nicht seriös quantifizieren", sagte der Wirtschaftsweise Martin Werding der "Süddeutschen Zeitung". Die Folgen hingen davon ab, inwiefern sich das Verhalten der Ruheständler ändere, aber auch davon, inwiefern Menschen, die ohnehin im Rentenalter weiter arbeiteten, die Steuerfreiheit mitnähmen. Das käme dann einem Steuergeschenk gleich.
Kritiker bemängeln, dass es nicht nötig sei, die Bedingungen weiter zu verbessern. "Wir wissen genau, wem das hilft: Eher den gut verdienenden Akademikern als denen, die im Schichtbetrieb schuften. Kaum jemand will mit 75 noch die Nacht durcharbeiten", sagte die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, im Interview mit t-online.
Neue Hinzuverdienstregeln
Union und SPD haben noch weitere Ideen, um ältere Menschen länger im Arbeitsleben zu halten. So sollen die Hinzuverdienstmöglichkeiten bei der Hinterbliebenenrente verbessert werden. Das dürfte bedeuten, dass die bisher geltenden Freibeträge für eigenes Einkommen erhöht werden. Das Gleiche werde auch für Rentner in der Grundsicherung geprüft. Die Witwen- oder Witwerrente beziehungsweise die Grundsicherung im Alter würde dann weniger stark gekürzt. Lesen Sie hier, wie die Einkommensanrechnung bei der Witwenrente funktioniert.
Frühstart-Rente
Das Konzept einer Aktienrente, wie es die FDP in der Ampelkoalition noch versucht hatte voranzubringen, sucht man bei Union und SPD vergebens. Dafür hat sich die CDU mit ihrer Frühstart-Rente bei der privaten Altersvorsorge durchgesetzt. Vorgesehen ist, dass der Staat ab dem 1. Januar 2026 jedem Kind vom 6. bis zum 18. Lebensjahr 10 Euro im Monat spendiert und dieses Geld in ein Altersvorsorgedepot einzahlt – also in Aktien, ETFs oder andere Wertpapiere investiert.
"Der in dieser Zeit angesparte Betrag kann anschließend ab dem 18. Lebensjahr bis zum Renteneintritt durch private Einzahlungen bis zu einem jährlichen Höchstbetrag weiter bespart werden", heißt es. Die Erträge aus dem Depot sollen bis zum
Renteneintritt steuerfrei sein. Der Staat soll auf das Guthaben nicht zugreifen können und zahlt es erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze aus.
Angenommen, die monatlichen 10 Euro werden in einen ETF-Sparplan auf den Aktienindex MSCI World angelegt, kämen bei einer geschätzten Rendite von durchschnittlich 6 Prozent pro Jahr bis zum 18. Geburtstag immerhin rund 2.330 Euro zusammen – eingezahlt wurden aber nur 1.560 Euro. Lässt man den Sparplan in derselben Höhe bis zum Rentenalter von 67 Jahren weiterlaufen, kommt man 54 Jahre später bei einem Endkapital von gut 70.000 Euro heraus – knapp 63.000 Euro beruhen dabei allein auf der Rendite.
ETFs sind börsengehandelte Indexfonds, die einen Index wie zum Beispiel den MSCI World abbilden. Dieser Index umfasst Aktien von rund 1.500 Unternehmen aus 23 Industrieländern weltweit und bietet so eine breite Streuung über verschiedene Sektoren und Märkte. Lesen Sie hier, wie Sie auch jetzt schon selbst einen ETF-Sparplan aufsetzen.
Riester-Rente
Die Altersvorsorge in Deutschland fußt auf drei Säulen: der gesetzlichen Rentenversicherung, der betrieblichen Altersversorgung und der staatlich geförderten privaten Vorsorge. Für Letztere war einst die Riester-Rente erfunden worden, doch inzwischen ist klar: Sie ist weitestgehend gescheitert. Nur ganz bestimmte Gruppen profitieren wirklich von dem System aus Zulagen und Steuervorteilen – etwa Alleinerziehende mit mehreren Kindern. Vorausgesetzt, sie haben überhaupt Geld zum Sparen übrig.
Schon die Ampelkoalition hatte daher eine Reform auf den Weg gebracht – diese nach ihrem Bruch aber nicht mehr über die Ziellinie bringen können. Union und SPD wollen den Faden wieder aufnehmen, bleiben in ihrer Formulierung jedoch schwammig.
So heißt es: "Wir werden die bisherige Riester-Rente in ein neues Vorsorgeprodukt überführen, von bürokratischen Hemmnissen befreien und mit dem Verzicht auf zwingende Garantien sowie der Reduzierung der Verwaltungs-, Produkt- und Abschlusskosten reformieren." Das könnte in Form eines Altersvorsorgedepots geschehen, wie es vor allem die FDP vorangetrieben hatte – muss aber nicht. Lesen Sie hier, wie das Altersvorsorgedepot funktioniert hätte.
Was sonst noch geplant ist
Die Koalition möchte Selbstständige besser absichern. Dafür sollen alle neuen Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen müssen, sofern sie nicht bereits anderweitig obligatorisch fürs Alter abgesichert sind. "Andere Formen der Altersvorsorge, die eine verlässliche Absicherung für Selbstständige im Alter gewährleisten, bleiben weiterhin möglich", heißt es. Damit könnte etwa die Rürup-Rente gemeint sein.
- Eigene Recherche
- Koalitionsvertrag von Union und SPD
- Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung 2024
- sueddeutsche.de: "Berlin gönnt sich Wahlgeschenke – und der Steuerzahler zahlt" (kostenpflichtig)
- finanztip.de: "Sparplanrechner"