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"Schwarzbuch": Das sind die größten Steuerverschwendungen


Bund der Steuerzahler zieht Bilanz
Hier wurden 2019 die meisten Steuern verschwendet

Von dpa, afp
Aktualisiert am 29.10.2019Lesedauer: 4 Min.
Ein Airbus A400M Atlas Transportflugzeug steht auf dem Vorfeld des Fliegerhorts Wunstorf: Aktuell liegen bei den Top-Projekten der Bundeswehr 90 Prozent der Beschaffungsmaßnahmen außerhalb der Planungen, etwa beim Transportflieger A400M, Kampfhubschrauber Tiger, Schützenpanzer Puma oder bei den Fregatten des Typs F125. Die Mehrkosten für die Steuerzahler summieren sich auf 13,5 Mrd. Euro – eine Kostenüberschreitung gegenüber der ersten parlamentarischen Befassung um 30 Prozent.Vergrößern des Bildes
Airbus A400M Atlas: Aktuell liegen bei den Top-Projekten der Bundeswehr 90 Prozent der Beschaffungsmaßnahmen außerhalb der Planungen. (Quelle: Christophe Gateau/dpa-bilder)

Der Bund der Steuerzahler hat sein jährliches Schwarzbuch über die Verschwendung öffentlicher Mittel vorgestellt. Der Verband listet darin auf, wo Bund, Länder oder Kommunen Steuern verschwenden.

In seinem aktuellen "Schwarzbuch" listet der Steuerzahlerbund rund 100 Beispiele für Verschwendung auf. Bund, Länder und Kommunen seien in zahlreichen Fällen sorglos mit dem Geld der Bürger umgegangen, kritisiert der Verband. Als Beispiele wurden verzögerte Bauprojekte des Bundes angeführt sowie Kostenexplosionen bei Rüstungsprojekten, neue Farben für Straßenschilder und Wahl-Stimmzettel, die wegen Rechtschreibfehlern neu gedruckt werden mussten.

Pkw-Maut als eine der größten Steuerverschwendungen 2019

Der Bund der Steuerzahler hat unter anderem die gescheiterte Pkw-Maut scharf kritisiert. Das Maut-Debakel sei nicht nur eine große politische Blamage, sondern vor allem bitter für die Steuerzahler, hieß es bei der Vorstellung des neuen "Schwarzbuchs". Neben Vorbereitungskosten von rund 83 Millionen Euro stünden Schadenersatzforderungen der gekündigten Auftragnehmer von mehreren Hundert Millionen Euro im Raum.

Ein unnutzbarer Radweg und ein gestohlenes Kunstwerk

Im sächsischen Vogtlandkreis wurde ab 2013 ein neues Stück Radweg von 1,7 Kilometern Länge gebaut. Dazu wurde den Angaben zufolge ein bereits vorhandener Weg verbreitert und asphaltiert sowie mit einer Brücke ergänzt, was geschätzt 275.000 Euro kostete. Allerdings verzichtete der Kreis auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung und ein Planfeststellungsverfahren.

Das Problem: Der Radweg führt durch ein Naturschutzgebiet. Deshalb reichte laut Steuerzahlerbund ein Umweltschutzverband bereits während des Baus Klage ein. Der Fall ging bis zum Bundesverwaltungsgericht – das die Radwegnutzung untersagte, so lange keine Genehmigung für das Bauwerk vorliege. Der Kreis versucht diese nun nachträglich zu bekommen. Doch womöglich muss der neue Radweg wieder entfernt werden.

Entfernt wurde auch ein teures Kunstwerk in einer Berliner Schule – von Einbrechern. Der Fall machte bundesweit Schlagzeilen: Die Grundschule im Stadtteil Biesdorf hatte eine Art Vogelnest aus Feingold in einer Vitrine ausgestellt. Für das Werk und die Sicherheitsvorkehrungen wurden laut Stadtverwaltung insgesamt 92.500 Euro gezahlt.

Schon kurz nach der Aufstellung der Vitrine mit dem Goldnest gab es einen ersten "Einbruchsversuch", ein zweiter folgte – der dritte hatte schließlich Erfolg. Bisher ist der Fall nicht aufgeklärt. "Der Senat gibt den Sanierungsstau an den Berliner Schulen mit insgesamt 3,9 Milliarden Euro an", kommentierte der Steuerzahlerbund. "Da werfen Ausgaben von 92.500 Euro für ein winziges Kunstwerk aus massivem Gold tatsächlich viele Fragen über den Wert von Bildung auf."

Sanierung des Hamburger Kongresszentrums CCH zu teuer

Der Bund der Steuerzahler hat aber auch die deutliche Kostensteigerung bei der Sanierung des Hamburger Kongresszentrums CCH als Verschwendung öffentlicher Gelder angeprangert. Dass die umfangreichen Arbeiten um gut 36 Millionen Euro teurer würden, sei auch darauf zurückzuführen, "dass die Stadt am falschen Ende, nämlich bei den Gutachten" vor Baubeginn gespart habe, heißt es im "Schwarzbuch" des Steuerzahlerbundes.

"Umso ärgerlicher" sei dies, da die ursprünglich mit 194 Millionen veranschlagte CCH-Sanierung als Härtetest für das Konzept der Stadt zum kostenstabilen Bauen ausgerufen worden sei, mit dem nach den Erfahrungen beim Bau der Elbphilharmonie Kostenexplosionen verhindert werden sollten, moniert der Bund der Steuerzahler.

NordLB-Rettung soll gestoppt werden

Der Steuerzahlerbund hat außerdem dafür geworben, ein geplantes Rettungspaket für die angeschlagene Norddeutsche Landesbank (NordLB) zu stoppen. "Kein Geld und keine neuen Kredite für die NordLB", teilte der sachsen-anhaltische Landesverband mit. Die Pläne drohten zu einer teuren Angelegenheit zu werden.

Mit der Bankenrettung seien Risiken verbunden, die kein Steuerzahler eingehen wolle. Die Unterstützung oder Abwicklung anderer Landesbanken koste bereits 30 Milliarden Euro.

Einen Eintrag im "Schwarzbuch" bekam auch die Hochstufung der Bundesstraße 6 zur Autobahn 36 in Sachsen-Anhalt. Hier müssen nun auf rund 100 Kilometern Länge statt gelber Schilder blaue Exemplare aufgestellt werden. Kostenpunkt: knapp 2,85 Millionen Euro plus Planungs- und Verwaltungsaufwand.

"Für die Autofahrer ändert sich, abgesehen von den neuen Schildern, nichts", moniert der Steuerzahlerbund. Denn die Bundesstraße war bereits als vierspurige Straße autobahnähnlich ausgebaut. "Der Schilderaustausch bedeutet in erster Linie eine irrwitzige Geldverschwendung."

Negativpreis geht an Containerdorf in Dresden

Den Negativpreis "Schleudersachse" für die größte Steuerverschwendung in Sachsen vergibt der Steuerzahlerbund in diesem Jahr an Dresden. Den Angaben zufolge hat Sachsen rund 7,8 Millionen Euro für Aufbau, Bewachung und Kauf eines leerstehenden Containerdorfes in der Dresdner Innenstadt bezahlt. "Wegen falscher Bedarfsprognosen", so Vorstand Thomas Meyer.

Das als Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber geplante Dorf aus mehr als 500 Containern wurde den Angaben zufolge 2016 fertig gebaut und vom Freistaat gemietet – allerdings nie genutzt und nach drei Jahren Leerstand schließlich vom Land gekauft und abgebaut. Die Container sollen nun als Schulungsräume dienen, unter anderem für die Landesfeuerwehrschule.

Bürger konnten online über den "Schleudersachsen" abstimmen, mehr als die Hälfte (56,7 Prozent) votierten für das Containerdorf.

Besonders hohe Steuerverschwendung in Baden-Württemberg

Verschwendung von Steuermillionen bei der Digitalisierung von Schulen, ein sinnloser Kreisverkehr für Radfahrer – neun Fälle von "sorglosem Umgang mit dem Geld der Steuerzahler" prangert der Bund der Steuerzahler allein in Baden-Württemberg an. In seinem Schwarzbuch bezeichnet der Steuerzahlerbund die Bildungsplattform "Ella" sowie das Amtliche Schulverwaltungsprogramm (ASV) als Millionengräber. Die Kosten für die Entwicklung von ASV haben sich nach diesen Angaben von vier Millionen Euro auf rund 47 Millionen Euro fast verzwölffacht.

Ein weiterer Fall im "Schwarzbuch": In Stuttgart zahlte die Stadtverwaltung 93.000 Euro für eine Machbarkeitsstudie zu der Frage, ob auf dem Neckar eine künstliche Welle zum Surfen eingerichtet werden kann, wie es private Investoren vorhatten. Während des weiteren Verfahrens wies jedoch das Landesgesundheitsamt laut Steuerzahlerbund nach, "dass der Neckar dauerhaft mit Fäkalien und Krankheitserregern belastet ist". Die Baumaßnahmen für die künstliche Welle wurden deshalb nicht genehmigt. Aus Steuerzahlersicht stelle sich die Frage, "ob der Stadt die Wasserqualität des Neckars nicht bekannt war", erklärte der BdSt. "Denn dann hätte man schon frühzeitig erkennen können, dass dieses Projekt derzeit nicht genehmigungsfähig ist."

FDP fordert neues Steuersystem in Deutschland

Das "Schwarzbuch" zeige erneut, "dass der Staat jedes Jahr Steuergelder in Milliardenhöhe für die abwegigsten Projekte verschwendet, anstatt die Prioritäten richtig zu setzen", sagte FDP-Fraktionsvize Christian Dürr. "Deswegen brauchen wir mittelfristig dringend ein niedrigeres, einfacheres und gerechteres Steuersystem in Deutschland."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP
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