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Deutsche Bahn setzt wohl auf 30 Jahre alte Technik – Konzern dementiert


"Bewährte Technik" von vor 30 Jahren?
Bahn dementiert Bericht über "alarmierende" Pläne

Von t-online
Aktualisiert am 06.09.2024Lesedauer: 3 Min.
Ein ICE fährt über einen Bahnübergang: Wie geht es mit der Bahn-Infrastruktur weiter?Vergrößern des BildesEin ICE fährt über einen Bahnübergang: Wie geht es mit der Bahn-Infrastruktur weiter? (Quelle: Julian Stratenschulte)

Moderne digitale Technik – oder "Bewährtes" von vor 30 Jahren? Nach SWR-Recherchen hat sich die Bahn nun für Letzteres entschieden. Die Bahn dementiert den Bericht jedoch.

Die Deutsche Bahn hat einen Medienbericht, wonach sie aus Kostengründen die Digitalisierung von Zugstrecken stoppen wolle, rundweg zurückgewiesen. Der Bericht des SWR "ist falsch", teilte der Konzern am Freitag mit. "Richtig ist: Die Deutsche Bahn hält an der Digitalisierung von Bahnstrecken fest."

Mit der Digitalisierung des Bahnknotens Stuttgart laufe derzeit das größte Digitalisierungsprojekt der Schiene in Europa, betonte die Deutsche Bahn (DB). "Auch am aktuellen Vergabeverfahren für die serienmäßige Ausrüstung digitaler Stellwerke lässt sich erkennen, dass die DB die Digitalisierung vorantreibt."

SWR: Minister bestätigen Echtheit der Pläne

Der SWR hatte am Freitagmorgen berichtet, die Deutsche Bahn plane, den Ausbau der digitalen Stellwerkstechnik und der digitalen Schieneninfrastruktur erheblich zu reduzieren. Das gehe aus internen Plänen hervor, die dem SWR vorliegen sollen. Insider, darunter die Verkehrsminister der Länder Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein, hätten die Existenz dieser Pläne bestätigt. Statt der ursprünglich geplanten digitalen Stellwerke sollen veraltete und marode Stellwerke nun durch herkömmliche elektronische Technik ersetzt werden – die "bewährte Technik der 1990er-Jahre", zitiert der SWR einen Insider.

Neben den Stellwerken sei auch der Ausbau des European Train Control Systems (ETCS), das als ein wesentlicher Bestandteil für die Modernisierung der Bahn gilt, von den Kürzungen betroffen. Der geplante Rückbau dieses Systems könnte weitreichende Folgen haben. Fachleute warnen, dass die Bahn ohne die neuen Technologien weniger leistungsfähig und pünktlich bleiben könnte. Ursprünglich sollte durch den Einsatz digitaler Stellwerke und ETCS mehr Zugverkehr ermöglicht und die Pünktlichkeit gesteigert werden.

Insider: "Das war es mit der Digitalisierung"

Die geplanten Einsparungen sollen Bahnstrecken in ganz Deutschland betreffen, insbesondere in Regionen, die noch nicht digitalisiert sind. Die Frage, ob milliardenschwere Investitionen, wie in die S21-Neubaustrecke Stuttgart-Ulm und den Bahnknoten Stuttgart, noch gerechtfertigt sind, steht im Raum. Denn vor allem diese Projekte wurden unter dem Vorzeichen der Digitalisierung initiiert.

Am Donnerstag versicherte die Deutsche Bahn, dass die Digitalisierung des Schienennetzes weiter vorangetrieben werde, ließ jedoch offen, ob dies im ursprünglich geplanten Zeitrahmen geschehen wird. "In den kommenden Jahren rüsten wir unsere Strecken und Knoten Stück für Stück von den bestehenden nationalen Zugsteuerungssystemen auf ETCS um", erklärte ein Bahnsprecher dem SWR.

Die Verhandlungen mit dem Bundesverkehrsministerium über eine Finanzierung der Digitalisierungsprojekte, insbesondere des Digitalen Knotens Stuttgart, liefen weiter. Ein ranghoher Bahnmitarbeiter, der anonym bleiben wollte, erklärte dagegen: "Das war es mit der Digitalisierung der Bahn in Deutschland."

Geld für Digitalisierung fehlt

Ein wesentlicher Grund für die Anpassung der Pläne ist laut einem Bahn-Insider die finanzielle Situation der Bahn. So sollen weniger Mittel in die Digitalisierung fließen, um mehr Gelder für die dringend notwendige Sanierung des Schienennetzes zur Verfügung zu haben. Die DB InfraGO, die für die Modernisierung der Infrastruktur verantwortlich ist, habe festgestellt, dass die digitale Stellwerktechnik zu teuer sei und der Ausbau zu viel Personal binde.

Die Pläne der Bahn stoßen bei Verkehrspolitikern auf deutliche Ablehnung. Der Verkehrsminister von Schleswig-Holstein, Claus Ruhe Madsen (CDU), kritisierte, dass diese Entscheidung ein "falsches Signal" für die Zukunftsfähigkeit des Schienennetzes sende. Auch Winfried Hermann (Grüne), Verkehrsminister von Baden-Württemberg, zeigte sich alarmiert und betonte, dass der Verzicht auf die Digitalisierung die Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit der Bahn weiter gefährde. Er nannte die Pläne "alarmierend".

Personelle Konsequenzen bei der Bahn

Besonders betroffen von den neuen Plänen könnte der Digitale Bahnknoten Stuttgart sein, der als Vorreiterprojekt für die Digitalisierung des gesamten Schienennetzes in Deutschland gilt. Das Projekt ist eng mit dem Großprojekt Stuttgart 21 verknüpft, bei dem auf der Neubaustrecke Stuttgart-Ulm bereits die neue ETCS-Technik eingesetzt wird. Die Verzögerungen bei der Umsetzung von ETCS könnten die Bedeutung des Digitalen Knotens Stuttgart erheblich schmälern.

Der Bahnexperte Hans Leister sieht darin ein Problem: "Stuttgart würde dann ein digitales Inselprojekt mitten in Deutschland sein, während alles drum herum mit Technik aus den 90er-Jahren modernisiert wird."

Laut SWR-Informationen hat die Neuausrichtung der Digitalisierungsstrategie bereits personelle Konsequenzen innerhalb der Deutschen Bahn. Mehrere Mitarbeitende hätten das Projekt "Digitale Schiene Deutschland" verlassen. Auch der Vorstandsbeauftragte der Bahn für die Digitalisierung, Volker Hentschel, soll seinen Posten im Februar 2025 räumen.

Transparenzhinweis
Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagentur AFP
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