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Chemiekonzern Lanxess droht Standort in Deutschland zu schließen


Kritik an hohen Strompreisen
Chemiekonzern droht Standort in Deutschland zu schließen

Von dpa-afx
Aktualisiert am 04.08.2023Lesedauer: 4 Min.
Chemiewerk von Lanxess in Krefeld-Uerdingen (Archivbild): Die dortige Hexan-Oxidation-Produktion soll bis 2026 geschlossen werden.Vergrößern des Bildes
Chemiewerk von Lanxess in Krefeld-Uerdingen (Archivbild): Die dortige Hexan-Oxidation-Produktion soll bis 2026 geschlossen werden. (Quelle: Malte Ossowski/SVEN SIMON/imago images)

Lanxess schließt eine seiner deutschen Produktionsstätten, eine weitere soll verkauft werden. Mit dem Sparprogramm reagiert der Konzern auf die schlechte Wirtschaftslage in der Branche.

Der Spezialchemiekonzern Lanxess stemmt sich mit einem Sparprogramm gegen die aktuelle Flaute der Chemiebranche. Dabei stehen Betriebe in Deutschland – und womöglich auch andernorts – auf der Streichliste. Zudem soll die Verwaltung verschlankt werden, wie das Unternehmen am Freitag bei der Vorlage der Zahlen für das zweite Quartal mitteilte. Wie viele Vertreter energieintensiver Branchen kritisiert Lanxess-Chef Matthias Zachert schon lange die im internationalen Vergleich hohen Strompreise in Deutschland.

Für die in den vergangenen Monaten schwer gebeutelten Aktien der Kölner ging es am Vormittag um 1,6 Prozent auf 28,70 Euro abwärts, während sich der Gesamtmarkt nach der jüngsten Schwäche stabilisierte. Mit einem Minus von rund 24 Prozent ist Lanxess 2023 das Schlusslicht im MDax, dem Index der mittelgroßen börsennotierten Konzerne. Der MDax bringt es hingegen auf ein Plus von elf Prozent und der europäische Chemiewerteindex Stoxx Europe 600 Chemicals auf plus fünf Prozent.

Durch einen europaweiten Einstellungsstopp, Kostenbewusstsein und geringere Investitionen sollen zunächst 2023 einmalig rund 100 Millionen Euro gespart werden. Hinzukommen sollen schrittweise tiefergreifende Maßnahmen wie eine schlanker aufgestellte Verwaltung und Betriebsschließungen, mit denen die jährlichen Kosten ab 2025 dauerhaft um rund 150 Millionen sinken sollen.

Dabei kalkuliert Zachert für 2024 mit Einsparungen von rund 90 Millionen Euro sowie mit zusätzlichen rund 60 Millionen im folgenden Jahr. Im Zusammenhang mit der Umsetzung sind einmalige Kosten von rund 100 Millionen Euro geplant, die zum Großteil noch im laufenden Jahr verbucht werden sollen.

"Standort Deutschland ist nicht international wettbewerbsfähig"

Zunächst steht der Standort Krefeld-Uerdingen im Fokus. Die dortige Hexan-Oxidation sei sehr energieintensiv und solle bis 2026 stillgelegt werden, hieß es weiter. Zudem soll der Betrieb für die Chromoxid-Produktion für die Bau- und Keramikbranche an diesem Standort verkauft werden. Sollte das nicht gelingen, drohe auch hier eine Schließung. Umgesetzt werden soll dies 2024. Laut einem Unternehmenssprecher sind in beiden Bereichen in Summe etwa 110 Mitarbeiter tätig.

Betroffen sind damit zwei von insgesamt 53 Betrieben in Deutschland. Stand heute soll an den verbleibenden 51 Betrieben festgehalten werden, sagte Zachert in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Sollten sich die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen aber weiter verschlechtern, könnten auch hier weitere auf den Prüfstand kommen.

"In der aktuellen konjunkturellen Schwächephase ist der Standort Deutschland international nicht wettbewerbsfähig", betonte Zachert in diesem Zusammenhang und forderte erneut neben Bürokratieabbau einen Industriestrompreis.

Gewinn könnte 2023 um ein Drittel sinken

Lanxess bekommt derzeit zudem – wie die gesamte Branche – die in vielen Regionen der Welt träge Konjunktur zu spüren. Vor allem eine schwache Nachfrage aus der Bau- und Elektronikindustrie hinterließ zuletzt tiefe Spuren. Bereits im Juni hatte das Management daher den Jahresausblick gesenkt.

Und noch gibt es offenbar kein Licht am Ende des Tunnels. Die Nachfrage in allen Endmärkten bleibe schwach, insbesondere in der Bau- und Elektroindustrie, hieß es am Freitag. Auch sei im wichtigen chinesischen Markt keine Erholung sichtbar. In dem Land würden daher aktuell auch keine Wachstumsinvestitionen geplant, so der Lanxess-Chef.

Für 2023 steht ein um Sondereffekte bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 600 bis 650 Millionen Euro im Plan, nachdem bis Mitte Juni 850 bis 950 Millionen avisiert worden waren. Damit würde der operative Gewinn 2023 im schlimmsten Fall um gut ein Drittel einknicken.

Bei einem Umsatzrückgang um elf Prozent auf 1,78 Milliarden Euro brach das operative Ergebnis im abgelaufenen zweiten Quartal um mehr als die Hälfte auf 107 Millionen Euro ein. Es lag damit etwas über den im Juni in Aussicht gestellten rund 100 Millionen Euro. Nach sechs Monaten ist in Summe knapp die Hälfte des unteren Endes des Jahresziels erreicht.

Lanxess stellt neuen Finanzchef vor

Unter dem Strich verdiente Lanxess im zweiten Quartal zwar fast 1,4 Milliarden Euro, nach 93 Millionen vor einem Jahr – das geht allerdings auf das Geld zurück, das vom Finanzinvestor Advent im Zusammenhang mit der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens floss. In dieses brachte Lanxess sein Geschäft mit Hochleistungskunststoffen ein und erhielt im Gegenzug eine Zahlung von rund 1,3 Milliarden Euro.

Das Unternehmen mit dem Namen Envalior führt das Geschäft mit Hochleistungskunststoffen für die Auto- und Elektroindustrie von Lanxess mit dem Kunststoffgeschäft Engineering Materials des niederländischen Konzerns Royal DSM zusammen. Die Kölner wollen so die Abhängigkeit von Konjunkturschwankungen senken, da das Geschäftsvolumen mit der Autoindustrie reduziert wird. Gemäß der ursprünglichen Planung kann Lanxess seinen Anteil von rund 40 Prozent frühestens nach drei Jahren an Advent weiterreichen.

Im fortgeführten Geschäft stand im zweiten Quartal derweil am Ende ein Verlust von 145 Millionen Euro, nach 48 Millionen Euro Gewinn vor einem Jahr.

Ebenfalls am Freitag gab Lanxess einen Wechsel an der Spitze des Finanzressorts bekannt. Der langjährige Finanzchef Michael Pontzen verlässt den Chemiekonzern Ende August und wechselt in gleicher Funktion zu einem Unternehmen außerhalb Deutschlands. Nachfolger wird Oliver Stratmann mit Wirkung zum 1. September. Stratmann arbeitet den Angaben zufolge seit 2004 bei den Kölnern und hatte verschiedene Führungspositionen in der Finanzorganisation inne. Seit 2015 leitet er die Abteilung Treasury & Investor Relations.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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