"Nicht mehr zu tolerieren" Die Bundesliga reagiert auf den Fan-Skandal
Beim Bundesligaspiel in Hoffenheim sorgten Bayern-Fans beinahe für den Abbruch der Partie. Die Offiziellen beider Vereine waren nach dem Spiel erzürnt – und drohen nun mit Konsequenzen.
Beim 6:0-Auswärtssieg des FC Bayern bei der TSG Hoffenheim kam es zu einem bisher nie dagewesenen Vorfall. Nachdem Fans des Rekordmeisters Schmähplakate gegen Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp ausrollten, kam es zu einer zweifachen Spielunterbrechung – auch ein Spielabbruch schien denkbar.
Nach einer ca. 15 Minuten langen Unterbrechung pfiff Schiedsrichter Dingert die Partie wieder an, in den verbliebenen 13 Spielminuten schoben sich die Spieler auf dem Platz aber nur noch den Ball hin und her.
Nach der Partie verurteilten die Offiziellen beider Vereine das Verhalten der Bayern-Fans zutiefst. Aber auch Vertreter anderer Vereine äußerten sich.
Die Stimmen aus der Bundesliga zum Eklat von Sinsheim:
"Es geht hier um eine Person und einen Klub, es geht aber auch um Menschen. Wir müssen hier als Fußball-Deutschland ein Zeichen setzen. Denn wir haben eine Grenze überschritten", sagte beispielsweise Hoffenheims Geschäftsführer Peter Görlich. Zur Rolle des Publikums bei solchen Aktionen sagte er: "Wir können als Zuschauer sehr viel dazu beitragen, dass solche Aktionen im Keim erstickt werden."
Görlich lobte, wie die Bayern-Spieler und -Boss Karl-Heinz Rummenigge an der Seite von Hopp die Fans beruhigte. "Es war ein hervorragendes Zeichen der Spieler und Offiziellen sich so zu solidarisieren." Görlich weiter: "Ich finde es sehr traurig, dass diese zwei Personen in so einer Situation eingreifen müssen. Es macht mich traurig. Aber es freut mich, dass sie Solidarität gezeigt haben."
Rummenigge: "Das ist das hässliche Gesicht des Fußballs"
Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge bezeichnete die Reaktion der Spieler nach der Partie als "richtige Entscheidung". Er sagte: "Ich schäme mich zutiefst für diese Chaoten in der Bayern-Kurve. Das ist das hässliche Gesicht des Fußballs. Es gibt überhaupt keine Entschuldigung dafür." Die größten Verlierer des Skandals seien vor allem die Bayern-Fans, so Rummenigge: "Ich finde es gut, dass das Spiel so geendet ist. Es war eine absolute Watschen für die Fans des FC Bayern."
Der 64-Jährige nahm in der hitzigen Lage Hoffenheim-Boss Hopp in Schutz: "Dietmar Hopp hat für die Region in sportlicher Sicht Großes geleistet. Man müsste ihm eigentlich ein Denkmal bauen." Rummenigge versicherte, dass der Verein die Fan-Szenen mitgefilmt habe – und drohte nun mit harten Konsequenzen: "Es ist der Moment gekommen, wo die Bundesliga gemeinsam gegen solche Chaoten vorgehen muss. Wir werden mit aller Schärfe gegen die Verantwortlichen vorgehen. Wir haben viel zu lange die Augen zugemacht, was in vielen Kurven passiert."
Gladbachs Sportdirektor Eberl wünscht sich in Zukunft "ein sauberes Stadion"
Freiburgs Trainer Christian Streich, der gegen Borussia Dortmund mit 0:1 verlor, sagte nach dem Spiel, dass der Hass in der Fankurve ein "gesellschaftliches Problem unserer Zeit" sei und nahm auch Bezug auf die Anschläge in Hanau. "Es ist furchtbar, was in den letzten zehn Monaten in unserem Land passiert ist", blickt er zurück. "Es wurden Politiker erschossen, es wurden in Hanau Leute in einer Shisha-Bar umgebracht", zeigte er sich erschüttert und lobte die Reaktion der Schiedsrichter und Spieler in Hoffenheim: "So muss man reagieren".
Auch BVB-Sportdirektor Michael Zorc reagierte auf die Geschehnisse: "Bislang hat es die Bundesliga nicht in den Griff bekommen. Ich glaube, wir haben jetzt einen Punkt erreicht, der so nicht mehr zu tolerieren ist. Solche Schmähgesänge gegen eine Person sind unsäglich. Deshalb hat der Schiedsrichter richtig reagiert."
Gladbachs Sportdirektor Max Eberl sagte nach dem 3:2-Sieg gegen Augsburg: "Wir müssen versuchen, das Problem zu lösen. Das Problem liegt nicht bei uns, sondern außerhalb des Stadions", stellte er klar und unterstrich bei dem Problem die Rolle der Bundesliga-Gemeinschaft. Eberl sei bereit, gemeinsam dagegen anzugehen und sagte: "Ich würde mir wünschen, ein sauberes Stadion zu haben."
Gisdol: "Hopp ist ein sehr feinfühliger Mensch"
Auch Köln-Trainer Markus Gisdol, der Hopp noch aus gemeinsamen Zeiten in Hoffenheim kennt, äußerte sich: "Herr Hopp ist ein sehr feinfühliger Mensch. Dass solche Dinge immer wieder vorkommen, ist sehr schade. Einen großen Teil steckt er in soziale Projekte, in Schulen oder auch in die Krebsforschung. Vielleicht profitieren einmal Menschen davon, die jetzt nicht damit rechnen."
Bei der Partie zwischen dem 1. FC Köln und Schalke 04 (3:0) zeigten Kölner Fans während der Partie in der Domstadt ein offensichtlich gegen Hopp gerichtetes Banner. Kölns Spieler, Gisdol und Sportgeschäftsführer Horst Heldt schafften es durch ihr Eingreifen, dass das Banner entfernt wurde und das Spiel fortgesetzt werden konnte. "Der Schiedsrichter hat uns gesagt, dass er das Spiel sonst nicht wieder anpfeift", sagte Gisdol.
Jochen Schneider, Sportvorstand von Kölns Gegner Schalke 04 sagte vor der Niederlage der Schalker bei Sky: "Es muss jetzt ein Prozess bei den wahren Fußballfans einsetzen. Das kann ja nicht im Interesse von allen sein, die den Sport lieben."
- Eigene Beobachtung
- Äußerungen bei "Sky" nach den Spielen
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa