Nach Pleite gegen Hertha Machen die Bayern die Saison doch noch spannend?
Der Rekordmeister strauchelt ungewohnt deutlich. Die erste Saisonniederlage des FC Bayern könnte auch ein Zeichen sein – für eine überraschende Wendung in der Saison.
Niko Kovac ging mit seinen Verlierern überraschend sanft um. Nach seiner ersten Niederlage als Bayern-Coach wollte er die miese Stimmung im Lager des deutschen Branchenführers nicht noch zusätzlich trüben. "Ich habe keine negativen Gedanken", erklärte der neue Münchner Trainer am Freitagabend in Berlin.
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"Wenn man 0:2 mit Bayern in Berlin verliert, glaubt einem keiner, dass ich mit der Leistung zufrieden bin. Was fehlt, sind die Tore, dass wir die Vielzahl der Chancen nicht nutzen. Das ist das Einzige, was ich zu bemängeln habe", sagte der ehemalige Hertha-Profi unaufgeregt. "Ich sehe es ganz entspannt."
Dabei war im Olympiastadion fast Historisches passiert: Es war die erste Pleite des Rekordmeisters in der Hauptstadt nach fast zehn Jahren – und könnte endgültig ein Zeichen an die Bundesliga-Konkurrenz sein: Der FC Bayern 2018/19 ist schlagbar. Innerhalb von nur einer Woche hat der Meister viel Kredit und fünf Punkte verspielt. Ein Punkt aus zwei Spielen – das gab es zuletzt im November 2016.
"Es fühlt sich surreal an"
Denn Berlin hatte "nicht nur gewonnen, sondern verdient gewonnen", wie nicht nur Hertha-Trainer Pal Dardai und Manager Michael Preetz nach einem sehenswerten Spiel festhielten. Die Gastgeber entzauberten Franck Ribéry und Co. mit Konsequenz und guter Organisation in der Defensive, aber auch mit Spielwitz in der Offensive, den das Publikum eigentlich vorrangig von den Gästen erwartet hatte.
Nach dem 1:1 am Dienstag zuhause in München gegen Augsburg die nächste Enttäuschung für die Bayern. Der Unterschied zum Spiel gegen die Schwaben allerdings: In Berlin erspielte sich der Rekordmeister nur wenige Chancen, zeigte einen weitgehend uninspirierten Auftritt. "Wir sind auch mit dem 2:0 ganz zufrieden", bemerkte Preetz mit einem Schmunzeln. "Es fühlt sich ein bisschen surreal an", bemerkte der Berliner Routinier Per Skjelbred.
Zu Saisonbeginn zerlegten die Bayern die Konkurrenz noch
Kovac stemmte sich nach dem eher bescheidenen Auftritt der Bayern in seiner Geburtsstadt aber gegen jede Schwarzmalerei. "Klar, dass man die letzten beiden Spiele sieht", sagte der Münchner Trainer. "Ich sehe alle neun. Und nach neun Spielen die erste Niederlage ist gar nicht so schlecht, auch wenn wir andere Ansprüche haben."
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Dabei waren die Bayern zu Saisonbeginn noch durch die Konkurrenz gepflügt: 3:1 zum Auftakt gegen Hoffenheim, 3:1 am dritten Spieltag gegen Leverkusen, 2:0 vor einer Woche auf Schalke. Mühelos, meist ungefährdet – es sah alles wieder nach einem erneuten Bayern-Durchmarsch zur dann siebten Meisterschaft in Folge aus.
Doch schon die schweren Verletzungen mehrerer Spieler legte sich ein Schatten auf den Saisonstart. Kingsley Coman zog sich gleich am ersten Spieltag einen Syndesmosebandriss zu, fehlt noch bis Dezember. Gegen Leverkusen erlitt Corentin Tolisso einen Kreuzbandriss, Rafinha einen Innenbandriss im Sprunggelenk. Beide werden noch länger fehlen. Mit Augsburg aber begann auch spielerisch die Mini-Krise des Rekordmeisters – wird diese Bundesliga-Saison doch spannender als erwartet?
Kimmich: "Dann wird's schwierig"
Bei den Münchnern schrillen zumindest bereits die Alarmglocken. Nationalspieler Joshua Kimmich ging mit dem grauen Auftritt in Berlin weitaus kritischer um als sein Trainer – und sprach Klartext: "Wir haben die Qualität, um jedes Spiel zu gewinnen. Aber wenn du hinten immer wieder solche Dinge drin hast, wird's schwierig", sagte der Rechtsverteidiger.
Denn bei den Bayern schleichen sich vermehrt Fehler ein. Diesmal war es Jérôme Boateng, der mit einem unnötigen Einsteigen gegen Salomon Kalou den Berlinern einen Elfmeter und damit die – zu diesem Zeitpunkt bereits nicht unverdiente – Führung schenkte. Auch die Verwertung der – in Berlin wenigen – Chancen war mangelhaft. "Es ist ein Faktor, dass wir die Chancen nicht genutzt haben," sagte David Alaba nach der Partie. "Dann bekommst du zwei Tore, und dann wird es schwierig."
Zumindest in dieser Beziehung ließ auch Kovac Kritik an seinen Profis anklingen: "Wenn du Chancen bekommst, musst du das Quäntchen mehr Konzentration haben, musst die Mitspieler besser anspielen, musst auch mal auf das Tor schießen." Nächste Gelegenheit dazu hat das Münchner Starensemble am Dienstag in der Champions League bei Ajax Amsterdam.
Zumindest die Unschlagbar-Diskussion über die Bayern ist nun erstmal vorbei. "Ja, das ist doch schon mal gut", meinte Kimmich lachend: "Für die Liga ist es schon mal gut." Die Konkurrenz wird genau hingeschaut haben.
- Mit Material der dpa