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Schalke 04 – Sascha Ritter im Interview: "Man weiß nie, wie die Zukunft aussieht"


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Schalkes Sascha Riether
"Es gilt, Lösungen zu finden und zuzuschlagen"

  • Dominik Sliskovic
InterviewVon Dominik Sliskovic

Aktualisiert am 08.01.2020Lesedauer: 6 Min.
Sascha Riether: Schalkes Koordinator Lizenzspieler zeigt sich zufrieden mit der Entwicklung der Mannschaft.Vergrößern des Bildes
Sascha Riether: Schalkes Koordinator Lizenzspieler zeigt sich zufrieden mit der Entwicklung der Mannschaft. (Quelle: RHR-Foto/imago-images-bilder)

Im Trainingslager im spanischen Fuente Alamo sprach Schalkes Lizenzspieler-Koordinator über die bisherige Saisonleistung, den Wandel beim S04 und über den aktuellen Kader.

Sascha Riether hat eine bemerkenswerte Karriere auf Schalke hingelegt: Im Sommer 2015 kam der Außenverteidiger als Ergänzungsspieler vom SC Freiburg nach Gelsenkirchen und unterschrieb zunächst nur einen Vertrag über ein Jahr. Doch die Verantwortlichen der Königsblauen erkannten, dass sie sich mit dem gebürtigen Breisgauer mehr als nur einen Fußballer ins Teams geholt hatten, der im Bedarfsfall in die Startelf rotieren konnte: In Riether gewann Schalke einen klugen Lautsprecher, der aktiv zum Zusammenhalt der Mannschaft beitrug. Riether erhielt in der Folge Anschlussvertrag nach Anschlussvertrag.

Im Sommer 2019 beendete er mit 36 Jahren seine Profi-Karriere auf Schalke – und erhielt dennoch einen neuen Vertrag bei den Königsblauen: Sportvorstand Jochen Schneider besetzte ihn in der neu geschaffenen Position des Koordinators Lizenzspielerabteilung.

Im Schalker Winter-Trainingslager in Fuente Alamo (Spanien) erklärt Riether im Interview mit t-online.de, welche Rolle er im aktuellen Schalker Wandel einnimmt, wie der Verein nach dem Abgang von Alexander Nübel Top-Talente langfristig an sich binden will und auf welcher Position im laufenden Transferfenster noch Verstärkung zu erwarten ist.

t-online.de: Herr Riether, inwiefern hat sich die Mannschaft verändert, seit Sie im Sommer die Stelle als Koordinator Lizenzspieler antraten?

Sascha Riether: Zunächst hat sich für mich der Blick auf die Mannschaft verändert. Vergangene Saison saß ich noch täglich mit in der Kabine, nun sitze ich einen Stock höher, mit einem neuen Job und eigenem Büro. Die Mannschaft an sich hat sich jedoch kaum verändert. Wir treten fast 1:1 mit denselben Spielern wie in der vergangenen Saison an. Was sich verändert hat ist, wie sich die Mannschaft präsentiert – und das ist sehr erfreulich. Wir sind aktuell sehr zufrieden, dürfen jedoch nicht nachlassen. Unser Ansporn ist es, auf die aktuelle Leistung noch einen draufzulegen.

Ist der Wandel des S04 nur mit zurückgekehrtem Selbstbewusstsein zu erklären?

Das ausschlaggebende Argument in dieser Diskussion ist David Wagner. Er hat viele intensive Gespräche mit den Spielern geführt und ihnen deutlich gemacht, dass sie unter ihm alle wieder bei Null anfangen – und die Jungs haben diesen Ansatz genutzt, um sich zu beweisen.

Wann wurde klar, dass Schalke auch Ihre berufliche Zukunft nach der aktiven Karriere heißen würde?

Im Fußball weiß man nie, wie die Zukunft aussieht. Früher hätte ich mir auch nie vorstellen können, dass ich in England lande – und plötzlich war ich Stammspieler bei Fulham in London. Nach meinem schönen Abschied auf Schalke habe ich jedoch schon recht schnell den Wunsch formuliert, weiter im Verein zu bleiben.

Im Sommer wurde viel über die Schalker Personalpolitik diskutiert. Mit Tomasz Hajto hatte sich eine S04-Legende beschwert, dass der Verein nicht auf ihn zukäme und angebotene Hilfe nicht annähme, Marcelo Bordon hatte bereits in der Vergangenheit bedauert, dass Schalke ihn nicht versucht habe, beruflich einzubinden. Inwiefern ist Kritik über mangelnde Einbindung verdienter Ehemaliger auf Schalke berechtigt?

Der ein oder andere ehemalige Spieler ist bereits auf Schalke in verschiedenen Positionen tätig, denken Sie nur an Gerald Asamoah und Mike Büskens; auch ich verstehe mich klar als ehemaliger Schalke-Spieler. Natürlich ist es etwas besonderes, wenn man als Vereinslegende auch nach der aktiven Karriere weiter im Klub tätig sein kann. Nichtsdestotrotz zählt auch bei diesen Personen zuerst die Qualität ihrer Arbeit.

Amine Harit ist das Paradebeispiel des Schalker Wandels. Inwiefern sind das auch die Früchte Ihrer täglichen Arbeit?

Der wichtigste Schritt war, dass Jochen Schneider dazukam und dem Verein in einigen Bereichen personell neu aufstellte. Er hat nicht nur David Wagner als neuen Trainer geholt, sondern auch Positionen geschaffen, die es vorher nicht gab; etwa meine als Koordinator Lizenzspieler. Mit Massimo Mariotti (kam im Sommer 2019 als Integrationsbeauftragter vom VfB Stuttgart zum S04, Anm. d. Red.) haben wir jetzt einen Mitarbeiter, der sich ausschließlich um unsere neuen und ausländischen Spieler und deren Familien kümmert. Denn es ist ganz einfach so: Fühlen sich die Familien wohl, sind auch die Spieler zufrieden. Personen wie Massimo Mariotti sind es, die unserem Verein die wenigen Extraprozente geben, dass wir jedem Mitarbeiter ein Top-Umfeld bieten können.

Schneider zeigt, wie wichtig externe Impulse einem Verein wie Schalke tun können.

Absolut. Er bringt enorme Erfahrung mit, hat beim VfB Stuttgart herausragende Arbeit geleistet, ist mit dem Klub Deutscher Meister geworden, in Leipzig hat er für grundlegende, moderne Strukturen gesorgt, die mitverantwortlich für den aktuellen Erfolg RBs sind. Dieser Input aus anderen Vereinen ist für uns goldwert.

Sie sagen, Schneider habe auf Schalke notwendige Struktur hereingebracht. Bedeutet das, dass Ihnen während Ihrer aktiven Zeit auf Schalke eine gewisse Struktur im Verein fehlte?

Es bringt uns nichts, zurückzublicken. Es ist wichtig, dass wir aus der aktuellen Situation das Beste machen. Nur weil wir jetzt gewisse Dinge anders oder neu angehen, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass vorher alles falsch lief.

David Wagner predigt Ruhe, seine Spieler träumen jedoch bereits von Champions-League-Nächten. Wie steuern Sie in Ihrer Position dagegen?

Ich finde es gut, wenn unsere Spieler Träume und Ziele haben, wir wollen da niemandem den Mund verbieten. Jeder einzelne Spieler muss sich jedoch bewusst sein, dass noch nichts gewonnen und unsere Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist. Wenn nur ein Spieler einen Schritt weniger als notwendig macht, kann es bereits wieder in die falsche Richtung gehen.

Für Unruhe sorgte in dieser Saison Alexander Nübel. Inwiefern sendet seine Entscheidung gegen Schalke auch ein Zeichen an den aktuellen Kader?

Die Hinrunde war sehr positiv und hat gezeigt, dass wir uns in der Rückrunde vor keiner Mannschaft verstecken müssen. Unsere Spieler haben in dieser Saison in jedem Spiel gezeigt, was es bedeutet für Schalke spielen zu dürfen und wie besonders dieser Verein ist. Und daran wird sich auch durch Alexander Nübels Wechsel nichts ändern.

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Wie wollen Sie junge Top-Spieler von Schalke als mittel- bis langfristige Karrierestation überzeugen, wenn der Kapitän lieber auf Binde und Stammplatz verzichtet, um in eine unsichere Zukunft beim FC Bayern zu wechseln?

Sie müssen nur einmal zu einem unserer Heimspiele kommen und diese unglaubliche Atmosphäre erleben. Ich weiß aus vielen Gesprächen, wie besonders es selbst für Gästespieler ist, auf Schalke aufzulaufen. Unsere Fans sorgen dafür, dass diese Emotionalität auch mit uns auf Reisen geht und sich Auswärtsspiele für uns nicht selten wie Heimspiele anfühlen.

Kommen wir zu einem Winter-Zugang. Sie haben Michael Gregoritsch verpflichtet. Was ist Ihr erster Eindruck von ihm? Seine klar formulierte Wechselabsicht weg von Augsburg wurde von vielen S04-Fans kritisch betrachtet.

Michael hat sich vorbildlich in die Mannschaft eingefügt, auch die ersten Trainingseindrücke sind überaus positiv. Er ist ein von Grund auf positiver Junge, der uns durch seine fußballerischen Qualitäten in der Rückrunde weiter nach vorne bringen wird.

Der Transfer Gregoritschs war auch nötig: Schalke fehlte in der Hinrunde ein echter Zielstürmer.

Wir haben mit Guido Burgstaller bereits einen exzellenten Stürmer, der die Bälle vorne festmachen kann. Aber wir haben dennoch Bedarf gesehen auf dieser Position und zugeschlagen, als sich die Möglichkeit bei Michael Gregoritsch ergeben hat. Uns geht es bei Transfers in erster Linie darum, die Mannschaft zu verbessern und nicht darum, Lücken zu stopfen. Wir sind ganz gut aufgestellt, aber natürlich haben wir den Markt weiterhin im Blick.

In welchen Bereichen muss die Mannschaft noch verbessert werden?

Wir werden im Winter auf die aktuelle Situation reagieren. Das bedeutet, dass wir uns noch Gedanken über die Innenverteidigung machen werden. Michael Reschke und Jochen Schneider sind da in einem stetigen Austausch mit David Wagner: Wie ist der Stand bei den Verletzten? Will noch ein Spieler den Verein verlassen? Und dann gilt es, Lösungen zu finden und zuzuschlagen.

Was erhoffen Sie sich ganz persönlich von der Saison?

Es soll für uns so weitergehen wie bisher. Wir waren eine der Überraschungen der Hinrunde und wollen diesen Schwung mit in die Rückrunde nehmen. Sollten wir tatsächlich den Sprung ins internationale Geschäft schaffen, wäre das sowohl finanziell als auch sportlich hervorragend für den Verein. Es würde uns sicher auch bei dem ein oder anderen Spieler in eine bessere Verhandlungssituation bringen. Aber bei all der Träumerei sollten wir die vergangene Saison nicht aus dem Auge verlieren und lieber etwas kleinere Brötchen backen, sonst kann es ganz schnell wieder in die falsche Richtung für uns gehen.

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